Solar sieht den Rotstift – Politik schickt eine Branche zurück ins Tal von Cindy Bach
Liebe Leserin, lieber Leser,
das ist doch alles nicht mehr richtig. Ich will mich ja nicht als allwissend aufspielen, aber mittlerweile ist das Gebaren unserer Bundesregierung in Sachen Energiepolitikwende kaum noch nachzuvollziehen. Da beschließt ein Land den Atomausstieg, will stattdessen Erneuerbare Energien vorantreiben und dann das: Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Wirtschaftsminister Philipp Rösler verkünden Mitte dieser Woche: Die Solarsubventionen in Deutschland werden um bis zu 30% gekürzt!
Das bedeutet für all jene, die mit dem Gedanken einer Solaranlage auf dem Dach geliebäugelt haben: Ab April werden wohl 20% weniger Einspeisevergütung gezahlt werden. Für kleine Anlagen wird die Vergütung nämlich "nur" um 20% gesenkt. Die "Spitzenkürzung" von 30% gilt insbesondere für große Freiflächenanlagen (z. B. auf Brachen). Zusätzlich gibt es auch noch eine Fördergrenze für Freiflächen. Dachanlagen auf Scheunen sollen sogar überhaupt nicht mehr gefördert werden.
Betroffen von der überraschend schnellen und hohen Reduzierung der PV-Einspeisevergütung sind alle Photovoltaik-Anlagen, die ab dem 1. April ans Netz gehen. Ursprünglich war die Kürzung erst für Juni 2012 geplant. "Das sind schon drastische Einschnitte", mahnt auch Solarexperte
Alfred Maydorn in einem Interview mit dem
Deutschen Anleger Fernsehen. "Die Solarbranche bekommt weniger Geld und es werden künftig auch weniger Anlagen installiert."
Solaraktien im freien Fall - Der Aktionär rät "Finger weg" Kein Wunder, dass sich Solar-Aktien wie
Solarworld, Q-Cells und
Conergy seit dieser Meldung mal wieder im freien Fall befinden. Die Aktie von
Solarworld beispielsweise hat allein in den letzten beiden Handelstagen knapp 18% abgeben müssen,
Centrosolar büßen rund 30% ein,
SMA Solar knapp 15% und
Conergy verlieren sogar knapp 28%. Die Aktien des angeschlagenen Hamburger Solaranlagen-Produzent hatten zuletzt eine kleine, aber feine Rally-Party gefeiert, welche den Penny-Stock binnen zwei Monaten mal eben von 0,25 Euro auf mehr als 0,65 Euro hatte in die Höhe schnellen lassen. Manch Trader-Auge dürfte von Freudentränen gefüllt gewesen sein, sofern man rechtzeitig den Absprung schaffte. Doch auch die Nachrichtenlage um Conergy schien sich endlich aufzuhellen, nachdem ein Großauftrag aus Spanien vermeldet werden konnte. Und nun das.
Die Enttäuschung der Branche schlägt verständlicherweise Wellen. In zahlreichen Werken von Solarunternehmen wie Centrosolar und SMA Solar stehen die Maschinen dieser Tage still. Man will zeigen, dass man kein Verständnis für das Vorgehen der Politik hat. Eine Branche, die einst von der Politik als eine der größten der Zukunft gelobt wurde, für die staatliche Fördermittel in rauen Mengen in Solarwerke in Bitterfeld und Frankfurt/Oder geschossen wurde. Eine Branche, die nun von der Konkurrenz aus Billig-China "kaputt gepreist" wird, diese bekommt nun auch noch von den Landesvätern eine drauf.
Auch in Branchenverbänden und in Internetforen regt sich der Unmut. Auf dem Branchenportal
Photon ist zu lesen:
"Just in dem Moment, wo die Stromkunden von viel billigem Solarstrom profitieren könnten, will das Duo Rösler-Röttgen genau das verhindern. Diese Maßnahme dient ausschließlich dem Schutz der Gewinne der großen Stromkonzerne, die aufgrund der preissenkenden Wirkung der Photovoltaik an der Strombörse immer weniger Geld verdienen." Und genau diese sind es auch, die an der Börse in diesen Tagen zulegen können: E.ON konnte beispielsweise binnen einer Woche gut 6,25% hinzu gewinnen.
Wie aber geht es weiter für die deutschen Solar-Aktien? Bescheiden wirds, meint zumindest
Florian Söllner von
Der Aktionär. Er meint:
"In den nächsten Tagen dürften viele Analysten ihre Gewinnschätzungen nach unten anpassen. Denn den Solarfirmen fällt das Ausweichen auf andere europäische Märkte schwer - schließlich wurden jüngst auch in Spanien und Italien die Förderungen gekürzt. Der Aktionär bleibt daher bei der Empfehlung, sich derzeit insbesondere von deutschen Solaraktien fernzuhalten. So hat sich bei SMA Solar die Lage weiter eingetrübt. Solange Solarworld unter der 4-Euro-Marke notiert, bleibt auch dieses Papier ein klarer Verkauf. Q-Cells sollte ohnehin strikt gemieden werden. Zumal diese Firma zuletzt mit der Projektierung großer Solarparks geglänzt hatte - ein Bereich, der nun besonders unter Druck kommen könnte."Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende.
Ihre
Cindy Bach |