Die CDU unterliegt bei der Abstimmung zur Migration. Die unwürdige Blockade der Linken zeigt ihre Angst vor dem Verlust der Deutungshoheit
SPD und Grüne haben das Migrationsgesetz der CDU verhindert. Ein Pyrrhussieg, denn profitiert hat davon kaum jemand, ausser womöglich die AfD.
Heute hat sich gezeigt, dass die Sozialdemokraten und die Grünen alles unternehmen, um ihre Macht so lange wie möglich zu behalten. Sie schrecken weder davor zurück, ein wichtiges Gesetz nicht zu verabschieden, noch davor, vollkommen unangemessene Vergleiche mit der deutschen Vergangenheit zu ziehen, noch davor, im Parlament polemisch zu werden, noch davor, den Willen einer starken Mehrheit im Volk zu ignorieren.
Konkret haben SPD und Grüne dafür gesorgt, dass ein von der CDU, der FDP und auch der AfD befürwortetes Gesetz, das Zustrombegrenzungsgesetz, nicht verabschiedet wurde. Unterstützt wurden die beiden linken Parteien dabei von zahlreichen Abweichlern bei der FDP und einigen bei der CDU, wie auch von Angela Merkel, die mittlerweile als wichtigste Wahlkämpferin des linken Lagers gelten darf. Die Ex-Kanzlerin hatte ihrem Nachfolger, dem CDU-Kandidaten Friedrich Merz, Stunden vor der Abstimmung öffentlich das Vertrauen entzogen.
Während der Debatte im Bundestag hatten der SPD-Kanzler Scholz und der grüne Minister Robert Habeck Merkels vor ein paar Wochen erschienene Autobiografie zwischen sich platziert. (Immerhin: Damit stieg die verkaufte Menge des Ladenhüters womöglich um wenige Exemplare.)
Das Gesetz, das die Migration eindämmen und Abschiebungen vereinfachen sollte, wurde von der Mehrheit der Deutschen befürwortet. Ins Parlament eingebracht wurde es von der CDU – nach dem Mord an einem 2-jährigen Kind und einem 41-jährigen Mann durch einen ausreisepflichtigen Afghanen.
Mehrere Chancen vergeben
Wenig an dem Vorhaben war inhaltlich kontrovers. Die SPD und selbst Teile der Grünen sind davon überzeugt, dass die Massnahmen grundsätzlich richtig sind; dass die Migration sinken und die Anzahl der Abschiebungen steigen muss.
Deshalb wäre es sinnvoll gewesen, das Gesetz mit den Parteien der demokratischen Mitte, also CDU und FDP, zu beschliessen. Diese Chance hatte sich tagsüber mehrfach ergeben.
Doch SPD und Grüne zogen es vor, die CDU zunächst in der Sache mit der AfD alleinzulassen, und sie dann für die – von der CDU unerwünschte – Unterstützung zu kritisieren.
Dabei lehnten die gesamte CDU und ihr Parteichef Friedrich Merz zu jedem Zeitpunkt die Hilfe der AfD sehr klar ab. «Diese Partei untergräbt die Demokratie», sagte Merz. «Die AfD will die CDU vernichten», warnte er. «Ich werde alles tun, damit die AfD bald wieder eine Randerscheinung wird», versprach er. Als der AfD-Mann Bernd Baumann sprach, spielte Merz demonstrativ auf dem Handy. Und auch der Versuch am Mittag, doch noch Mehrheiten mit Grünen oder SPD zu finden, ist ein deutliches Zeichen für Merz’ offensive Abneigung gegen die Rechtsaussenpartei.
Gesten eines Milieus, das um seine Deutungshoheit fürchtet
Doch SPD und Grüne spielten taktische Spiele. Rolf Mützenich, der Fraktionschef der SPD, verlangte von Merz Demutsgesten, unter anderem eine öffentliche Entschuldigung für eine Abstimmung am vergangenen Mittwoch, bei der die AfD – abermals gegen Merz’ erklärten Willen – mit der CDU gestimmt hatte. Wer derlei vom politischen Gegner verlangt, der zeigt, dass ihm an einer Auseinandersetzung in der Sache nicht gelegen ist.
Es sind Gesten eines Milieus, das fürchtet, seine Deutungshoheit und die Hegemonie in Deutschland zu verlieren. In Anbetracht der Umfragewerte für CDU und AfD und der Politikwechsel in zahlreichen westlichen Staaten ist diese Furcht berechtigt.
Dabei hat man es sich doch so gemütlich gemacht in einem Land, das von Angela Merkel unter falscher Flagge, nämlich konservativer, immer weiter nach links geführt worden war.
Gemütlich gemacht in einer Welt, in der Identitätspolitik Argumente ersetzt: Noch in der Debatte heute blaffte Aussenministerin Annalena Baerbock ohne jede Hemmung den CDU-Politiker Thorsten Frei an, «Männer» würden eben regelmässig «lügen». Legt man ihre Massstäbe an, war die Ministerin sexistisch, aber natürlich können in ihrer Wahrnehmung «sexistisch» nur die anderen sein.
Je grösser die Sorge, desto radikaler der Widerstand
Manche Abwehrhaltung der Linken ist banal mit Geld und Karriere zu begründen. Was machen Tausende Mitarbeiter der Nichtregierungsorganisationen, die Identitätspolitiker in den Bundestagsbüros, die Spezialisten für «feministische Aussenpolitik», die von Baerbock üppig bezahlt werden, was machen die Klima-NGO-Mitarbeiter, wenn die Steuern nicht mehr zuverlässig in ihre Richtung fliessen?
Und natürlich ahnt die SPD, dass ihr darüber hinaus der Absturz in die völlige Bedeutungslosigkeit droht. Die kurze Kanzlerschaft von Olaf Scholz war ein Unfall, begünstigt durch einen versagenden CDU-Kandidaten im Jahr 2021. Tatsächlich ist die SPD seit Jahren auf dem absteigenden Ast und Scholz einer der unbeliebtesten Kanzler seit 1945.
Je grösser die Sorge, desto radikaler der Widerstand. Die «Lebensader der Demokratie» sei «beschädigt», fauchte der SPD-Fraktionschef Mützenich, Merz habe «das Tor zur Hölle» geöffnet. Nur über eines sprach Mützenich kaum: über das Gesetz, um das es ging, über die Herausforderungen der Migration und darüber, wie seine Partei ihnen begegnen will. Sein Schweigen in der Sache steht für sich.
Am Ende steht Merz nicht unbeschädigt da, wegen der Abweichler in seiner Partei und weil sein Vorhaben scheiterte. Gemessen an dem massiven Gegenwind – Künstler, die sich öffentlich gegen ihn aussprechen, ein «Spiegel»-Titel («SchMerz»), die Blutgrätsche seiner Vorgängerin Merkel, Demos in der halben Republik – war der Gegenwind aus seinen Reihen aber überschaubar. Das grössere Problem war die FDP, die sich als unzuverlässig erwiesen hat. Christian Lindner und Wolfgang Kubicki hatten ihre Partei nicht unter Kontrolle.
Gleichzeitig hat Merz in einer starken Rede gezeigt, dass ihm die Sache der Migration wichtig ist und er bereit ist, sie über Wahlkampftaktik zu stellen. SPD und Grüne haben sich dagegen als Taktierer entblösst, vor allem die Sozialdemokraten werden die Quittung dafür bekommen. Ihre Sorge ums Land ist unglaubwürdig, denn sie hätten die AfD in der Bedeutungslosigkeit versinken lassen können, wenn sie sich ernsthaft um das Thema Migration gekümmert hätten. Unzählige deutsche Arbeiter, ehemals die Wählerklientel der SPD, sind besorgt über die massenhafte Einwanderung. Lachende Dritte könnte – leider – die AfD sein. Die Radikalen konnten sich ausgiebig präsentieren. ------------------------------ Vollständig da er oft etwas später hinter der Bezahlschranke verschwindet. https://www.nzz.ch/meinung/...e-blocke-der-linken-parteien-ld.1869104 |