Guten Morgen !
Es geht mir auch nicht darum, sämtliche Entscheidungen, die vom bisherigen Vorstand (sicher auch unter Mitwirkung des verstorbenen Herrn Lübbe) getroffen worden sind, zu verteidigen oder gar zu loben.
Wenn man sich meine Beiträge hier und anderswo mit Verstand durchliest wird man sicher ohne Weiteres erkennen, dass ich sowohl oolipo als auch Daedalic von Anfang an eher skeptisch gegenüberstand und für mich gibt es bisher, insbesondere bei oolipo, auch keinen Grund von dieser Meinung abzurücken. Dass die Ankündigungen zu den Aussichten von oolipo bei weitem zu vollmundig waren, kann sicher niemand bestreiten und auch nicht, dass man zuletzt (vielleicht aus gutem Grund) so gut wie nix mehr dazu hört auch nicht.
Es ging und geht mir bei meiner Kritik hier ausschließlich darum, dass Aussagen wie "selbstbedienerischen Mauscheleien und Bilanzfrisierspielchen" sowie "kein Funken Seriösität" aus meiner Sicht viel zu sehr auf die Person des Herrn Schierack abzielen und nichts mit (nötiger und berechtigter) Kritik in der Sache zu tun haben.
Was die Bilanzschwierigkeiten angeht, bleibe ich dabei, dass diese im Wesentlichen von KPMG verursacht worden sind, denn die haben zunächst ihr Plazet zu dem gewählten "Verkaufsmodell" und den daraus resultierenden Höherbewertungen der verbliebenen Anteile gegeben und erst kurz vor der Prüfung durch die DPR ihre Bedenken entdeckt und ein Vorstand muss sich bei der Gestaltung von Rechtsgeschäften mMn schon auf seine Berater verlassen können - alles kann der Mann ja auch nicht alleine wissen, können und machen. Aber die Diskussion hatten wir hier ja schon zur Genüge.
Mir kommt es darauf an, jetzt hier nicht "schmutzige Wäsche" auf der persönlichen Ebene zu waschen - ich persönlich finde sowas "billig" und "zu einfach". Der gleiche Vorstand, der hier jetzt als "unfähig" bis "kriminell" (Stichwort "Selbstbedienung") dargestellt wird, hat den Verlag mindestens vor dem Börsengang gut geführt und auch erfreuliche Ergebnisse erzielt- so ganz ahnungslos kann Herr Schierack also nicht sein. Und dass auch ein "guter Mann" Fehler machen kann, sollte jeder wissen, der selber irgendwo tätig ist.
Zusammengefasst: Kritik in der Sache: Ja! Kritik, die unter die persönliche Gürtellinie zielt: Nein!
Das ist jedenfalls meine Meinung.
Zurück zur Sache:
In der Süddeutschen Zeitung wurde gestern in einem sehr kurzen Bericht über die Trennung von Herrn Schierack dargestellt, dass er "die Ziele im Bereich "Digital" nicht erreicht hat"!
Damit ist dann ja offenbar oolipo gemeint (und möglicherweise auch Daedalic - ich würde es nicht für absolut ausgeschlossen halten, dass das Spiel "Säulen der Erde" nicht ansatzweise so erfolgreich war, wie erhofft - furchtbar viel hörte man jedenfalls zuletzt nicht davon).
Sollte das so sein, würden sich für mich daraus natürlich ein paar Fragen ergeben:
1.) Was passiert nun mit Daedalic und oolipo ?
Soweit ich das richtig erinnere, steht Bastei Lübbe bilanziell bei oolipo nicht so sehr im Feuer (ich meine der Bilanzansatz wäre relativ niedrig, allerdings entfallen gut 3 Mio Euro bei den immateriellen Wirtschaftsgütern auf Entwicklungskosten bei oolipo) aber bei Daedalic sieht das meines Wissens nach schon anders aus. Haben die beiden Beteiligungen denn einen Wert?
Bei oolipo wäre ich mir da nicht so sicher. Der Wert dieser Plattform besteht ja letztendlich nur aus dem "tool" selber - Inhalte, Markenname etc. dürften ja nicht vorhanden sein. Ich fand die Idee , Lesen für das Handy "neu zu erfinden", weil man auf einem Handy eben keinen 1000 Seiten Wälzer lesen möchte bzw. kann, zwar nicht verkehrt aber mMn wäre es klüger gewesen, das vielleicht nicht alles in Eigenregie entwickeln zu wollen sondern sich von Anfang an mit irgendwelchen Partnern zusammenzutun, die vielleicht in diesem Bereich mehr Expertise haben. Das wäre für BL billiger gewesen und das Projekt wäre möglicherweise von Anfang an realistischer geplant und schneller umgesetzt worden. Nutzt aber jetzt nix! Die aus meiner Sicht optimalste Lösung wäre, entweder einen (vielleicht asiatischen) Investor zu finden, der die Plattform als solche übernimmt, weil er irgendwelche Potentiale in der Idee sieht. Zweitbeste Lösung wäre aus meiner Sicht der Verkauf von Anteilen an der Plattform, so dass BL nur noch Minderheitsgesellschafter wäre. Dann würde BL wenigstens einen (möglichst großen) Bruchteil der investierten Mittel wiederbekommen. Ob das realistisch ist weiß ich nicht, ich halte die Idee der Plattform als solche aber nicht für vollkommen "meschugge"!
Daedalic ist dagegen ja eigentlich eine gut eingeführte und bekannte Spieleschmiede in Deutschland. Ganz wertlos kann das Unternehmen also nicht sein. Ob man aber einen Käufer finden würde, der dafür sorgt, dass BL ohne größere Verluste aus der Sache wieder rauskommt, weiß ich nicht - dafür kenne ich den Spielemarkt auch nicht gut genug. Jedenfalls hat BL bei Daedalic bilanziell deutlich mehr zu verlieren als bei oolipo. Alleine der Firmenwert (knapp 5 Mio Euro) und die als immaterielle WG bilanzierten Computerspiele (etwas über 9 Mio Euro) sind schon "ordentlich". Daneben meine ich mich auch noch an ein Darlehen an Daedalic zu erinnern (aber ohne Gewähr).
Auch hier wieder: Ich fand die Idee, eigene Stoffe zu Spielen zu verarbeiten gar nicht so verkehrt - mir war und ist aber nicht einleuchtend, warum ich dafür gleich eine Spielefirma kaufen muss. Meiner Meinung nach hätte es auch eine Kooperation getan. Man hätte Daedalic ja die Stoffe auch anbieten können, ohne gleich die Firma zu 51% zu übernehmen. Das Risiko wäre ungleich geringer gewesen und man hätte seine Stoffe trotzdem zu Spielen verarbeiten lassen können. Auf jeden Fall hätte man einiges an Geld sparen können.
Aber auch hier ist ja nix mehr zu ändern und man muss zusehen, dass man einigermaßen unbeschadet aus der Sache herauskommt.
Wie gesagt: Daedalic hat sicher einen Wert im Markt aber wie hoch ist der? Würde man den Bilanzansatz für Firmenwert und Spiele wieder herausbekommen, wenn man den 51% Anteil an einen fremden Dritten veräußern würde oder müsste man Sonderabschreibungen auf den nicht durch einen Verkauf gedeckten Teilbetrag vornehmen?
Aus meiner höchstpersönlichen Sicht wäre es in jedem Fall nicht wirklich verkehrt, oolipo und Daedalic wieder abzustoßen und zu versuchen, möglichst viel von dem dort investierten Geld wieder hereinzuholen.
Aber das wird nicht einfach. Und wenn es dumm läuft, verhageln die außerordentlichen Aufwendungen und Abschreibungen, die man zur bilanziellen Bereinigung dieser Engagements aufwenden muss, wie schon gesagt, erneut das Jahresergebnis, zum dann dritten Mal in Folge.
Dennoch: Durch den (Teil)Verkauf dieser beiden Beteiligungen würde man unterm Strich natürlich schon wieder Cash generieren (auch wenn man gleichzeitig den Gewinn wieder "schrottet") und mit diesem Cash könnte man dann in andere Bereiche investieren, die möglicherweise vielversprechender wären als Spiele und oolipo. Das wäre dann aber gleichzeitig ein Abschied von der von den Herren Schierack und Stefan Lübbe forcierten Digitalstrategie. Die Frage ist: Will man das?
Oder ist es alles doch ganz anders und Daedalic läuft vergleichsweise gut (die Zahlen zum ersten Quartel des laufenden Jahres deuten ja darauf hin, dass Daedalic derzeit positive Zahlen zum Ergebnis beiträgt)? Leider wird ja in der Meldung über das Ausscheiden von Herrn Schierack nichts konkretes erwähnt. Vielleicht will man ja nur nicht mehr so viel Geld wie geplant bei Daedalic investieren? Man darf ja nicht vergessen, dass sich nach der bisherigen Planung Daedalic ja zukünftig verstärkt auf die Entwicklung von "Blockbusterspielen" konzentrieren soll, die aber eben hohe (Vorab) Investitionen zum Erwerb der entsprechenden Markenrechte erfordern! Und wenn das so wäre, dass man diese Investitionen seitens des AR verweigert, wie sinnvoll ist es denn dann, überhaupt noch eine Beteiligung an Daedalic zu behalten?
Und damit komme ich zu der zweiten wichtigen Frage in dem Zusammenhang:
2.) Wie soll der Verlag denn zukünftig ausgerichtet werden? Will man sich überhaupt von oolipo und Daedalic trennen (weil nicht erfolgreich) oder will man zukünftig sogar noch verstärkt in diese Richtung marschieren?
Will man nun doch (möglicherweise mit dem Geld, das man bei einem Verkauf von oolipo und Daedalic erlösen könnte) wieder eher in den klassischen Buchbereich investieren (der Kauf von LYX war da ja durchaus ein Erfolg - jedenfalls ein viel größerer als die ungleich größeren Investitionen in oolipo und Daedalic) und ich persönlich würde auch Buchpartner (und der dahinter steckenden Überlegung, dass der klassische Buchhandel kaum noch Wachstumsraten aufweisen dürfte, der Verkauf von Bestsellern im Supermarkt z.B. aber auch grade angesichts der Tatsache, dass es zukünftig eher weniger als mehr klassische Buchhandlungen geben dürfte, durchaus noch Potential hat) als durchaus sinnvolle Investition ansehen, auch wenn man dort erst einmal die Strukturen ändern muss (weg vom Verkauf von Restposten hin zum eher "klassischen" Buchverkauf von Bestsellern und anderen "Schnelldrehern") und das Geld kostet. Ich würde alles in allem erst einmal abwarten, bis sich Bastei Lübbe da klar positioniert. Bisher hört man ja nur, dass es Differenzen hinsichtlich der strategischen Ausrichtung mit Herrn Schierack gegeben hat. Aber wer nun was wollte, wird natürlich nicht gesagt. Dazu wird man wohl erst etwas hören, wenn der neue Vorstandsvorsitzende an Bord ist und klar gesagt hat, wohin er mit Bastei Lübbe will, wenn es also eine neue Strategie gibt, die mit dem AR (und wahrscheinlich der Ankeraktionärin Frau Lübbe bzw. deren Beratern) abgestimmt ist.
Wegen dieser Unsicherheiten drängt sich mMn ein Investment in BL jedenfalls DERZEIT nicht auf. Sobald die Ausrichtung geklärt ist und man weiß, wer zukünftig denn die Geschicke in Köln bestimmen wird, sieht das möglicherweise anders aus.
Ich persönlich habe mich in den letzten Tagen von einem nicht unwesentlichen Teil meiner Anteile getrennt. Nicht weil ich die Perspektiven des Verlags generell in Zweifel ziehe oder mir eine Umsteuerung weg von einer (zu) starken Betonung des "Dgitalen" nicht gefallen würde (im Gegenteil!) sondern weil für mich derzeit einfach zu viele Fragen offen sind und für mich nicht wirklich absehbar ist, wie sich mögliche Strategieänderungen und die Konsequenzen daraus (Abschreibungsbdarf bei oolipo und/oder Daedalic ???) auf die Kursentwicklung auswirken werden.
Das ist aber wie immer alles nur meine persönliche Einschätzung und keine Empfehlung für andere Marktteilnehmer.
Ein schönes Wochenende allerseits. |