Anfang des Jahres gab es objektiv betrachtet noch Gründe, warum der CHF gegen den EUR aufwertet. Das Wirtschaftswachstum in der Schweiz war höher als in der EU und in der EU gab es eine Menge offener Baustellen im Euro-Raum.
Nachdem nun der griechischen Regierung zumindest mal der Zahn gezogen ist, dass sie die Euro-Statten erpressen kann, sind immer noch viele Baustellen offen. Allerdings wurden auch einige abgearbeitet: In Italien wurden erste Reformen erfolgreich lanciert. In Spanien greifen die Wirtschaftsreformen, welche für die Bevölkerung schmerzhaft genug waren. Bleibt zu hoffen, dass nun auch langsam der Arbeitsmarkt in Spanien folgt. Und: in der Euro-Zone scheint es zu einem stabilen Wirtschaftswachstum zu kommen - in jedem Fall um einiges höher als in der Schweiz. Dabei gibt es noch immer genug Baustellen: allen voran Griechenland, dann die Frage, wie die EU zukünftig aufgestellt sein wird (politisch), denn dass D derart viel Einfluss hat, wird auf Dauer eher schaden, als helfen. In Italien müssen weitere Reformen umgesetzt werden. In Österreich wäre es hilfreich, wenn überhaupt einmal Reformen angegangen würden. Meiner Meinung nach das größte Sorgenkind ist derzeit Frankreich, das offenbar ähnlich wie Griechenland Null Reformwillen hat, obwohl es offensichtlich nicht so weitergeht wie bisher. Auf EU Ebene kann meiner Meinung nach nur eine von zwei Konsequenzen gezogen werden: entweder man sieht das Projekt als gescheitert an und rudert zu den Nationalstaaten zurück (halte ich für extrem unwahrscheinlich wie zum Glück die meisten in Europa), oder man installiert das Projekt Europa konsequenter, also mit einer deutlich tieferen Integration der Wirtschafts- Fiskal- und (WICHTIG!) Sozialpolitik.
Wenn man sich die Schweizer Wirtschaft derzeit anschaut, dann sieht man, dass seit Jahresbeginn einige neue Baustellen aufgegangen sind, bzw. andere nicht gelöst wurden. Die Verträge mit der EU stehen immer noch zur Diskussion, nachdem ja der freie Personenverkehr in Frage gestellt ist. Auch wenn immer wieder betont wird, dass der starke Franken "kein so großes Problem ist" - die Wirtschaftsdaten sprechen eine andere Sprache. Derweil die Arbeitslosigkeit im Euro-Raum langsam sinkt, steigt sie in der Schweiz langsam. Insbesondere kommen erst jetzt einige Auswirkungen zu tragen, welche vorher aufgrund von Buchungen vor der Frankenfreigabe noch übertüncht waren - vor allem im Maschinenbau und in der Tourismus Branche, aber sogar in der Pharmaindustrie hinterlässt das ganze aktuell eine Bremsspur. Das Wirtschaftswachstum ist deutlich hinter den Euro-Raum zurückgefallen.
Objektiv betrachtet steht der Euro-Raum aktuell wirtschaftlich also viel besser da und wenn der Markt halbwegs objektiv reagiert, dann müsste demnach der Franken im Wert gegen den Euro fallen.
Für mich kann es nur zwei Gründe haben, warum hier im Forum einige so gebetsmühlenartig einen starken Franken herbei schreiben: entweder sie sind selbst investiert (siehe hierzu auch den Beitrag von Globalloser vorher). Dann klingt das ganze für mich wie das Gebet eines Roulett-Spielers, dass doch irgendwann rot kommen müsse, damit die eigenen Verluste minimiert werden. Oder aber es ist ein für mich nicht nachvollziehbarer Wunsch, der für mich jedoch gleichbedeutend ist mit dem Wunsch, dass die Börsen objektive Daten einfach ignorieren. Das wäre für mich der Wunsch nach einer reinen Spekulantenbörse. Eine solche gehört meiner Meinung nach unterbunden und würde in meinen Augen dringend reglementiert gehören. |