bertel, zu Deiner Frage, was denn die Gründe sein könnten, nachfolgend meine 50c dazu. Zusammengefasst: das Geschäftsmodell bzw. die Branche kommt im Moment einfach nicht gut an der Börse an. Von „Käuferstreik“ will ich nicht reden, aber die inst. Anleger da draußen fassen die Aktie scheinbar ungern an. Ein inst. Anleger (bzw. jeder Anleger) hat die Möglichkeit in Tausende von Aktien da draußen zu investieren, also warum sollte er sich gerade die Aktie von einem immer noch „asset heavy“ Touristik-Konglomerat ins Depot legen, zumal die letzten zehn Jahre mE gezeigt haben, dass diese Branche mehr Risiken für die Anleger aufwirft als andere Industrien/Aktien. Dazu zähle ich zB:
Pandemie(n) Waldbrände Sonstige Extrem-Wettereignisse Vulkanausbrüche Terroranschläge Probleme mit Flugzeugen (737 Max bzw. jetzt erneute Boeing Verzögerungen) Kriege (Russland) und politische Unruhen (Huthis zwingen den Abbruch von Kreuzfahrten) Streiks (Fluglinien, Bodenpersonal) CO2 Bepreisung/Flugscham (wobei letzteres kaum noch vorhanden scheint) Regulatorische Änderungen (Anzahlungen)
Mir ist klar, dass die meisten Longies bei der Bewertung auf die Royal Carribeans, Norwegians oder sogar Bookings dieser Welt schauen (wollen), aber mE müsste man andere Wettbewerber berücksichtigen, insbesondere Jet2, die vom Geschäftsmodell am besten vergleichbar sind. Eine Jet2 hat ein KGV von 8, TUI eines von ca. 7 und eine Lufthansa von 5, was mir zeigt, dass die Börse generell solchen Geschäftsmodellen in Dtl./UK (leider) keine höhere Bewertung momentan zubilligt.
Um das mal mit Beispielen zu unterfüttern: eine Apple wurde zwischen 2011-16 mit einem 10er KGV bewertet, die letzten fünf Jahre eher mal um die 25 (https://www.macrotrends.net/stocks/charts/AAPL/apple/pe-ratio). Bei der deutschen Auto-Industrie bin ich aufgewachsen mit 8er KGVs, eine Volkswagen bekomme ich mitterweile mit einem 3er KGV. Es versteht sich von selbst, dass ein Vergleich zwischen TUI, Apple, VW völlig hirnrissig wäre – ich will nur verdeutlichen, dass sich Branchenbewertungen und Investoreneinschätzungen im Zeitablauf ändern (können).
Letzter Gedanke dazu: in den Jahren vor der Pandemie hatte TUI grob ein Durchschnitts-KGV von 11x, aktuell stehen wir bei den ca. 7x. Ob dieser 4x Abschlag beim KGV ggü früheren Jahren gerechtfertigt ist, weiß ich nicht. Dass aber ein Abschlag vertretbar/sinnvoll ist, ist für mich nachvollziehbar, wenn ich 2024 mit 2015-19 vergleiche.
2015-19 // 2024 4 Mrd. EK // 1,5 Mrd. EK Kein Issue // 14% Aktionär auf der EU Sanktionsliste Kfr Zinsniveau bei 0% // kfr Zinsniveau bei 4% Keine KfW Linie // KfW Linie Ordentliche Dividendenrendite // keine Dividende
Dazu kannst Du Teile der obigen Risikofaktoren nehmen, die erst in den letzten Jahren so richtig transparent geworden sind, die Ölpreisentwicklung, die CO2 Bepreisung, FFF, Fachkräftemangel, etc.
Ich selber habe im letzten Jahr auch mit einer Bewertungs-Ausweitung gerechnet, als ich davon ausging, dass nach dem größten Teil der Bilanzreparatur das KGV wieder langsam in alte Höhen gehen sollte. Bin dann leider eines Besserung belehrt worden, lag hier teilweise deutlich im Minus und habe bei Kursen über 7 Euro mit einer Mini-Rendite mittlerweile mehr als die Hälfte wieder veräußert. Woanders gibt/gab es mehr zu verdienen und zu glauben, dass ich es besser als der Markt weiß, habe ich aufgegeben. Dann lieber Teile des Geldes woanders investieren, wo die Chancen besser stehen – womit ich zum Ausgangspunkt zurückkomme, dass es da draußen tausende von Anlagemöglichkeiten gibt. |