Börsengeflüster, du liegst mit deinen Schätzungen in etwa bei den durchschnittlichen Analystenerwartungen. Die erwarten für 2010 einen Umsatz von 1,22 Mrd. €, ein EBIT von 128 Mio. € (EBIT-Marge von 10,5%) und einen Gewinn je Aktie von 0,66 €. Dabei ist aber die Gewinnspanneprognosen schon sehr groß, denn sie liegt zwischen 0,22 und 1,02 € Gewinn pro Aktie. Schon alleine diese Spannweite zeigt auf, wie schwer es derzeit ist um Solarwerte einschätzen zu können. Die Gründe dafür liegen eigentlich klar auf der Hand, denn die Solarbranche befindet sich einem sehr scharfen Marktbereingigungsprozess mit all den dazugehörigen negativen Begleiterscheinungen. Dazu gehört der Kampf um Marktanteile, die dazu führen, dass enorme Überkapazitäten aufgebaut werden, die dann trotz des PV-Booms zu fallende Modulpreise führen. Dann kommen noch dazu, dass der Vertrieb sehr breit international aufgestellt werden muss und es wird auch zwangsläufig zu einem Kampf von Wirkungsgraden kommen, was natürlich zu steigenden Entwicklungskosten führen wird. Das alles kostet recht viel Geld und wird die Margen drücken.
Mal zu den Bewertungsniveaus von Solarworld. Das 2010er KGV nach den durchschnittlichen Analysteneinschätzungen liegt bei 16,,7 (2011er KGV bei einem EPS von 0,80 €: 13,8). Das 2011er KGV von rd. 14 scheint aufgrund der guten Cash Flows, der eigentlich geringen Nettoverschuldung (beträgt nicht einmal in 2011 den Faktor 2 vom EBITA), der sehr soliden Bilanzstruktur mit einer Eigenkapitalquote von 39% und dem Zukunftsmarkt PV, nicht allzu hoch zu sein. Jedoch eine Prognose für das kommende Jahr zu stellen, ist dann schon mit sehr sehr vielen Unsicherheiten behaftet, vor allem in Bezug auf die Preisentwicklung und der weiteren Entwicklung des PV-Marktes. Ich bin überzeugt, dass es im kommenden Jahr ganz sicher nicht mehr zu einem rasanten PV-Wachstum in Deutschland kommen wird, denn ab Anfang 2011 dürften die Einspeisegarantien nach den Kürzungen ab Juli (16%) und ab Januar 2011 (ab einem Zubau von 3.5 GW soll ja pro 0,5 GW um 2% zusätzlich neben der eh schon geplanten Kürzungen die Einspeisegarantien verringert werden - damit dürfte es zu einer Kürzung von 14 bis 18% Anfang 2011 kommen) nur noch so bei 0,26/0,28 € kW/h liegen. Deshalb gehe ich in Deutschland im kommenden Jahr eher von rückläufigen PV-Zubauzahlen in Deutschland aus. Zumal Deutschland sich mittlerweile auf einem extrem hohen Niveau befindet. Sollte es wie von mir erwartet zu rückläufigen PV-Zubauten im nächsten Jahr in Deutschland kommen (ich gehe schon ab der 2.Jahreshälfte 2009 von rückläufigen Zubauten in Deutschland aus), immerhin der mit Abstand größte PV-Einzelmarkt (50% aller PV-Module werden in Deutschland verbaut), dann müssen andere Regionen für Deutschland in die Bresche springen um ein Jahreswachstum von 20 bis 30% in 2011 realisieren zu können. Das dürfte aber ganz sicher nicht so einfach sein (Italien und Spanien haben den PV-Zubau gedeckelt). Wenn es ganz dumm läuft, dann könnte das globale Wachstum im kommenden Jahr recht gering sein, aber die Fertigungskapazitäten werden gerade bei den Chinesen massiv ausgebaut.
Insgesamt sieht man aber schon mehr als deutlich an der aktuellen Situation in Deutschland mit dem Run auf PV wegen der Kürzungen der Einspeisegarantien (Subventionskürzungen sind das ja nicht, da im Endeffekt die Subventionen in der Gesamtheit 2010 trotzdem höher sein werden wie in 2009 und vor allem wie in 2008 - das sollte man immer bedenken wenn man von den ach so bösen Politiker redet !!), dass PV sehr stark am Tropf der Politik hängt. Das wird sich auch in den nächsten Jahre nicht ändern. Die PV-Branche hängt schon sehr sehr stark am weltweiten Subventionstropf. Deshalb finde ich es immer lustig wenn man bei PV von einer baldigen Grid Party bei einem Preis von 0,21/0,23 €/kWh redet. Hier will die Solarlobby gerne Ablenken von den leidigen Subventionsdiskussionen, denn PV hätte bei einem Preis von 0,23 €/kWh die Grid-Party natürlich längst noch nicht erreicht. Zwar liegt unser aktuelle Strompreis derzeit bei rd. 0,20 €/kWh, aber darin sind Netzendgelde und Steuern enthalten. Dazu kommt noch, dass der Begriff Grid Party nicht nur den Preis beinhaltet, denn erst wenn die PV-Energie ob Nacht oder Tag, ob Winter oder Sommer uns mit genügend Energie versorgen kann, dann kann man erst von einer Grid Partay reden. Da bei uns in Deutschland das wohl nie so sein wird, wird es Deutschland auch keine Grid Party von PV geben. Alles andere wäre Augenwischerei.
Ich rechne im 1.Halbjahr in Deutschland mit einem PV-Zubau zwischen 2,5 bis 3 GW und für das Gesamtjahr von 4 bis 4,5 GW. Jedoch rechne ich nicht mit einem Engpaß bei den Modulen in Q2, sondern der Flaschenhals werden die Wechselrichter wie auch die Handwerkerkapazitäten sein.
Alles in Allem ist die Bewertungskombination der Solarworld-Aktie mit einem 2010er KGV von 16,7 und ein EV/EBIT von 12,4 (EBIT 128 Mio. €/Nettoverschuldung von 360 Mio. €) schon relativ hoch und deshalb wird die Luft für die Aktie jenseits der 11 €-Marke immer dünner. Wenn ich den Gesamtmarkt bei der Solarworld-Bewertung mit einbeziehe, dann dürfte Solarworld schon noch bis 12 € laufen können, aber sollte der Gesamtmarkt mal korrigieren (eine große Überraschung wäre doch eine Korrektur des Gesamtmarktes um die 10% sicherlich nicht), dann wird es auch Solarworld ganz sicher erwischen und so bei einem Kurs um die 9 € (2010er KGV von 13,6 und Multiple EV/EBIT von 10.7) könnte man dann schon versuchen so langsam die eine oder andere Solarworld-Aktie einzusammeln. Zumal der Buchwert der Solarworld-Aktie Ende 2010 so bei 8,40 € liegen sollte und der Buchwert sollte den Solarworldkurs dann bei diesem Niveau schon stützen können.
Der sehr wichtige Zukunftsschlüssel für Solarworld wird sein, ob das Unternehmen auch außerhalb Deutschlands seine Premiumpreise durchzusetzen kann. Da habe ich dann aber schon meine berechtigte Zweifel. Solange der deutsche PV-Markt immer noch die mit Abstand größte Weltlokomotive für PV ist (wird sich aber nach meiner Ansicht ab Mitte dieses Jahr ändern), dürfte Solarworld nicht allzu viel passieren, weil der deutsche Kunde anscheinend noch bereit ist für die Premiummarke Solarwolrd einen Zuschlag von 10 bis 15% zu bezahlen (Mehrpreise für eine normale Solarworld-Dachanlage von rd. 1000 € fallen dabei schon an und bei stark fallenden Einspeisgarantien werden die Käufer preissensibler werden). Da Solarworld in 2009 70% seines Umsatzes in Deutschland generiert hat, steht ganz sicher hinter der Solarworld-Preisstrategie ein großes Fragezeichen dahinter. Wenn man bedenkt, dass Solarworld in den USA eine der größten Fabriken dort besitzt, aber dort am PV-Wachstum überhaupt nicht partizipieren konnte und sogar in den USA Marktanteile verloren hat, dann stimmt das schon recht nachdenklich. Man sollte vor allem ab Q3 sehr genau auf die Margen von Solarworld schauen, denn da dürfte dann schon recht gut zu erkennen sein, in wie weit Solarworld wirklich ihre Premiumstrategie außerhalb Deutschlands durchdrücken kann. Interessant wird es bei Solarworld ab der 2.Jahreshälfte allemal. |