Während es sich bei der vermuteten Manipulation des Future-Marktes um reine Papier-Trades ohne Auslieferung handelt, wird bei der Goldleihe tatsächlich physisches Edelmetall bewegt. Zentralbanken wie die Federal Reserve der USA und die Bank of England, halten bedeutende Goldmengen für die Zentralbanken anderer Länder. Bei der Goldleihe wird nun ein Teil dieses verwahrten Goldes an Bullionbanken "verliehen", die es dann dem physischen Markt in London zur Verfügung stellen. An den Besitzansprüchen der Staaten, die den Service der Einlagerung nutzen, ändert sich dadurch formal nichts. Allerdings ist der Goldanspruch nicht mehr zur Gänze durch echtes Edelmetall gedeckt. Zugleich entsteht am physischen Markt ein Angebot, das ohne das "geliehene" Gold nicht existieren würde. In ganz ähnlicher Weise "leihen" sich auch die großen Bullionbanken Gold bei Kunden, für die sie das Edelmetall einlagern. Die Goldleihe ist kein neues Phänomen. Sie reicht Jahrhunderte zurück und wurde erstmals von Goldschmieden durchgeführt, die Gold für Kunden verwahrten. Die Praxis der Goldleihe beruht auf der der Erkenntnis, dass die Wahrscheinlichkeit der Auslieferung größerer Mengen Goldes zum selben Zeitpunkt äußerst unwahrscheinlich ist. So können auch heute noch mehr Ansprüche auf Gold existieren, als tatsächlich Gold vorhanden ist. Allerdings lässt sich dieses Verhältnis von realem Gold zu Ansprüchen auf Gold nicht ins Unendliche ausdehnen. Der kritische Punkt ist erreicht, wenn physische Lieferungen nicht mehr erfüllt werden können. Zwei wichtige Aspekte sprechen dafür, dass dieser kritische Punkt nahe ist, nämlich einerseits die starke Goldnachfrage in Asien und andererseits die Rückholungsaktionen von Gold aus New York und London durch eine Reihe von Staaten. |