Italien 1934: Azzurri-Sieg - Deutsches Debüt Deutschlands Trainer Otto Nerz (mit Mütze) beobachtet von der Bank aus das Geschehen.Hamburg (dpa) - Bei der Europa-Premiere der Weltmeisterschaft vom 27. Mai bis 10. Juni 1934 in Italien feierte auch der deutsche Fußball seinen WM-Einstand. Der Titelverteidiger Uruguay aber fehlte. Es sollte die Revanche dafür sein, dass die «Tifosi» vier Jahre zuvor nicht nach Südamerika gekommen waren. Auch das Mutterland des Fußballs, England, war wieder nicht dabei; Brasilien und Argentinien entsandten nur die zweite Garnitur. So hatte Italien als Gastgeber und Profiteur manch zweifelhafter Schiedsrichter-Entscheidung leichtes Spiel, den Titel ins vom Nationalsozialismus gezeichnete Europa zu holen. Für die Faschisten um den «Duce» Mussolini diente der sportliche Triumph als willkommene Propaganda, so wie es zwei Jahre später die Olympischen Spiele in Berlin für Hitlers Nazi-Deutschland waren. Trotz der zunehmenden politischen Einflussnahme der braunen Machthaber konnten Reichstrainer Otto Nerz und sein Assistent Sepp Herberger in der Vorbereitung auf die gegen Luxemburg locker erledigte Qualifikation noch unbelästigt experimentieren und eine Nationalmannschaft formieren, die mit einem Altersdurchschnitt von 23 Jahren eine der jüngten überhaupt war. Es war die Zeit, in der Edmund Conen (Saarbrücken) und Ernst Lehner (Augsburg) entdeckt wurden, Hans Jakob (Regensburg) und Paul Janes (Düsseldorf) den Durchbruch schafften. Star der Mannschaft war der semmelblonde Schalker Fritz Szepan, der wegen eines Streits mit Nerz ursprünglich nicht mit nach Italien fahren wollte. Der Mittelfeldstratege aus dem Kohlenpott hatte seine eigene Auffassung vom Spiel und geriet deshalb immer wieder mit dem Reichstrainer aneinander. Doch in kleinen Schritten und klärenden Gesprächen fanden beide einen Weg zueinander - und der Schalker übernahm als Kapitän die ihm zugedachte Position als Mittelläufer. Für Sportjournalist Vittorio Pozzo war die Aufgabe als Chefcoach der Azzuri nicht weniger knifflig. Doch es gelang ihm, aus einem Haufen Individualisten ein Team zu schweißen, das auf dem Feld keine Gnade kannte und sich der zweifelhaften Unterstützung der Schiedsrichter sicher sein konnte. Den schlechten Ruf der allerdings brillanten «Squadra Azzurra» prägte ein Spieler: Luis Fernando Monti. Er hatte Argentinien nach dem verlorenen WM-Finale 1930 verlassen und die Staatsbürgerschaft seiner italienischen Eltern angenommen. Monti war zum eisenharten Stopper umgeschult worden. Als er im Halbfinale gegen Österreichs «Wunderteam» (1:0) den genialen Matthias Sindelar krankenhausreif trat, schrien die Fußballfans empört auf. Doch dem schwedischen Schiedsrichter Ivan Eklind, der später das Finale pfeifen durfte, fehlte der Mut zum Platzverweis. Der Referee hatte schon beim Tor der Italiener beide Augen zugedrückt, als Österreichs Keeper Peter Platzer nach einem Schuss von Enrique Guaita von Giuseppe Meazza über die Linie geschubst worden war. Ein Eklat hatte schon das Viertelfinale zwischen Italien und Spanien überschattet. Der Schweizer Referee Rene Mercet hatte im Wiederholungsspiel, das nach einem 1:1 in der Verlängerung notwendig geworden war, einen irregulären Treffer Meazzas anerkannt, dem nach Meinung neutraler Beobachter korrekten Ausgleich der Spanier aber die Anerkennung versagt. Dass Mercet lebenslang gesperrt werden sollte, nutzte den ohne sieben Verletzte zum zweiten Viertelfinale angetretenen Iberern nichts. Italien wurde durch ein 2:1 nach Verlängerung gegen die Tschechoslowakei Weltmeister. gruß Maxp. |