Totale Überwachung: Orwell wird von der Realität überholt
Sind wir international auf dem Weg zu Polizei- und Überwachungsstaaten? Ob seltsame Gesetze in den USA, welche die Festname und unbegrenzte Inhaftierung von Menschen erlauben, ohne dass diese je einen Anwalt sehen dürfen, Kameras in London, oder Internet-Gesetze in der EU - all das ist nur der Anfang. In den USA ist zumindest die totale digitale Überwachung im nächsten Jahr fast Realität. Und in der EU werden vielleicht kleine Flugroboter mit Kameras durch die Straßen der Großstädte fliegen und die Gesichter von Passanten mit Datenbanken vergleichen. Unvorstellbar? Aber leider wahr.
Totale Überwachung in den USA
Laut einem Bericht von Wired.com wird die US-amerikanische NSA 2013 mit dem "Utah Data Center" den letzten Schritt für ein Überwachungsnetz getan haben, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. Zehn Jahre lang hat die NSA/DARPA nun an ihrem Programm gearbeitet, das unter dem Namen "total information awareness"-Programm begann, dessen offizielles Logo (siehe oben links) Kennern von Geheimbünden das Blut in den Adern gefrieren lassen sollte. Inzwischen werden die einzelnen Projekte des Programms unter anderen Namen weitergeführt.
Ab September 2012 wird die NSA laut den Informationen eines Insiders die gesamte Kommunikation in den USA abfangen, speichern, entschlüsseln und analysieren. Sei es über Satelliten, Überseekabel oder zentrale US-Switches der großen Telekomanbieter - ab nächstem Jahr hört der große Bruder alles mit. Aber mehr als das. Sämtliche private Emails, Handy-Telefonate, Google-Abfragen sowie alle persönlichen Datenspuren wie Online-Käufe und -Zahlungen, werden gespeichert und können jederzeit nach Stichworten, Personen oder Ähnlichem abgefragt werden. Zwar werde sich das Programm auf all jene Kommunikation konzentrieren, die verschlüsselt übertragen wird, gespeichert wird aber erstmal alles.
Die NSA dementierte den Bericht mit einer ausweichenden und indirekten Stellungnahme.
Fliegende Kameras in Europa
In der EU verfolgt das Programm INDECT ähnlich schauerliche Ziele: Überwachungskameras, unbemannte Drohnen und automatische Scanner im Internet sollen künftig alles erfassen, was die EU-Bürger tun.
Besonders gruselig ist die Vision der Video-Drohnen: Kleine Flugroboter sollen durch die Städte fliegen und alles filmen, was sich bewegt. Per Funk können Daten an eine Gesichtserkennungs-Software übertragen werden, die zu jedem Gesicht den passenden Namen findet - biometrische Pässe machen es möglich. Über den Namen kann dann festgestellt werden, mit wem die Person zuletzt telefoniert oder gemailt hat, und was.
INDECT ist ein 2009 gestartetes Forschungsprojekt der Europäischen Union und steht für "INtelligent information system supporting observation, searching and DEteCTion for security of citizens in urban environment" ("Intelligentes Informationssystem, das die Überwachung, Suche und Entdeckung für die Sicherheit von Bürgern in einer städtischen Umgebung unterstützt"). Wie in Amerika soll auch INDECT 2013 beendet sein.
INDECT ist das umfassendste Überwachungsprogramm, das je installiert werden sollte. Was wie wirre Science Fiction klingt, könnte ab 2013 schwer zu begreifende Wirklichkeit werden. INDECT soll alle vorhandenen und neuen Daten verknüpfen, es verbindet die Daten aus Foren, Social Networks (z.B. Facebook), den Suchmaschinen des Internets mit staatlichen Datenbanken wie den biometrischen Daten, Kommunikationsdaten wie Handy-Ortung und Vorratsdatenspeicherung und Kamerabeobachtungen auf der Straße.
Abnormes Verhalten...
INDECT soll 2012 bei der Fußball-EM in Polen und der Ukraine getestet werden und dort verschiedene Formen von "abnormen Verhalten" überwachen. Abnormes verhalten ist zum Beispiel: Bewegung in die "falsche" Richtung, "Herumlungern", Treffen von mehr als X Personen, Laufen, Gepäck vergessen, Herumsitzen (länger als die Dauer X), Schreien, Fluchen.
Allein die Wortwahl dürfte bei manchen Menschen Beklemmungen auslösen. Übrigens auch beim deutschen BKA: Das lehnte eine Beteiligung an INDECT „aufgrund des umfassenden Überwachungsgedankens des Projektes" ab. Deutsche Firmen und Universitäten jedoch beteiligen sich gerne. http://www.sein.de/gesellschaft/politik/2012/...litaet-ueberholt.html |