Dann gibt es zunächst einen Schreckabsacker, der aber wieder aufgekauft werden dürfte, weil 2022 der nächste Fall (Fairholme) vor Scotus verhandelt wird.
Außerdem darf die US-Regierung seit 2019 den Net-Worth-Sweep (jene 20 Mrd. $ Gewinn pro Jahr) nicht mehr in die eigenen Tasche stecken. Das Geld wird jetzt dazu verwendet, um das Eigenkapital (EK) von Fannie und Freddie auf den Sollwert zu bringen.
Wie hoch dieser EK-Sollwert ist, ist strittig. Der aktuelle Zwangsverwalter Mark Calabria, der als liberärer Rechter ein Freund der US-Privatbanken ist und FnF feindlich gegenübersteht (mit ihm hat Trump den "Bock zum Gärnter" gemacht, denn Calabria will das Geschäftsvolumen von FnF reduzieren, damit seine Privatbanken mehr vom Hypo-Kuchen erhalten), legt für EK-Anforderungen von FnF die strengen Basel III-Kriterien zugrunde. Calabria verlangt 240 Mrd. EK.
Andere Insider, z. B. der ex-Finanzchef von Fannie, Tim Howard, hält 150 Mrd. EK für völlig ausreichend, weil FnF ja Finanzdienstleister sind (siehe # 50, vierter Absatz) und keine Banken.
Aktuell liegt das kombinierte EK von FnF bei 40 Mrd. $. Wegen Streichung des NWS steigt es ab jetzt um jährlich 20 Mrd.
Würde man 240 Mrd. EK gemäß von Calabria veranschlagen, würde es noch 10 Jahre dauern, bis FnF aus eigener Kraft das nötige EK erwirtschaftet haben. Dann könnten sie ohne fremde Hilfe aus der Zwangsverwaltung entlassen werden.
Gemäß der Howard-Regel von 150 Mrd. würden ca. 7,5 Jahre ins Land gehen.
Diese Szenarien werden als langsame Rekapitalierung (slow recap) bezeichnet.
Die US-Regierung hat vom Verschleppen der Zwangsverwaltung aber keine konkreten finanziellen Vorteile mehr, weil die 20 Mrd. ja nun nicht mehr in die Staatskasse fließen, sondern in den EK-Aufbau. Zudem droht ihr ein "Arschtritt" durch Scotus.
Weiterhin ist im Prinzip Eile beim Recap geboten, weil wegen der Corona-Pandemie viele Hypotheken faul werden können. Bislang hat die Regierung Moratorien für säumige Schuldner erlassen, die aber irgendwann nicht mehr verlängert werden.
Daher besteht seitens der US-Regierung ein gesteigertes Interesse, die EK-Decke von FnF möglichst bald auf den Sollwert zu bringen, sonst muss sie selber (bzw. "der Steuerzahler") die Zeche für die erneut faul werdenden Hypotheken von FnF zahlen.
Die Alternative zum slow recap ist der "fast recap". Damit sind FnF schneller für etwaige kommende Immo-Krisen gewappnet.
Fast recap bedeutet im Klartext: Kapitalerhöhung (KE) mit Investoren von außen, die junge Aktien zeichnen. Für die Altaktionäre ist das nachtteilig, weil eine KE zur (womöglich starken) Kursverwässerung führt. Ein slow recap wäre zwar nicht verwässernd, aber dann dauert es noch zig Jahre bis zur Freilassung...
Eine solche KE ist in der 4. Vereinbarung vom 14. Januar 2021, die der scheidende Trump-Finanzminister Mnuchin und Calabria formulierten, bereits angeführt und wird mit 2 x 70 Mrd. $ beziffert.
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Eine Kapitalerhöhung ist rechtlich aber nur möglich, wenn zuvor oder gleichzeitig die "Freilassung" aus der Zwangsverwaltung vollzogen wird. Hinzu kommt, dass kein Investor, der noch bei Sinnen ist, junge Aktien von Firmen zeichnen würde, bei denen noch ein "feindlich" eingestellter Zwangsverwalter (Calabria) "den Daumen drauf hat".
Die SCOTUS-Klage der Collins-Kläger zielt übrigens auch darauf ab, dass der FHFA-Direktor künftig ohne schwerwiegenden Grund entlassen werden kann, wie es bislang der Fall ist. Biden könnte Calabria dann durch einen kooperativeren Demokraten ersetzen.
So wie ich die Sache sehe, ist "Freilassung, baldige KE + fast recap" das bevorzugte Szenario der Biden-Administration. Darauf deuten auch viele Publikation aus der letzten Zeit hin.
Scotus würde bei einem Sieg der Kläger zusätzlich die Weichen in Richtung Freilassung stellen. Denn wenn der Regierungskredit (SPS) aus 2008 als komplett abgezahlt derklariert wird, gibt es keinen vernünftigen Grund (außer dem EK-Mangel) mehr, FnF weiterhin unter Zwangsverwaltung zu halten. |