APPELL AN DIE BUNDESREGIERUNG Top-Manager fordern drastische Maßnahmen gegen die Krise Das Urteil ist vernichtend: Die Bundesregierung tut nicht genug gegen die Rezession - das ist die einhellige Meinung der Top-Manager von acht großen deutschen Konzernen. Laut einer SPIEGEL-Umfrage verlangen sie ein stärkeres Eingreifen gegen die Finanzkrise und eine bessere Kreditversorgung von Seiten der Banken.
Hamburg - Der Appell ist so dringend wie deutlich: "Wir müssen auf jeden Fall verhindern, dass die Krise zum verheerenden Flächenbrand eskaliert", sagte VW-Chef Martin Winterkorn in einem Statement für den SPIEGEL. Man erlebe "eine absolute Ausnahmesituation - mit den herkömmlichen politischen und wirtschaftlichen Instrumenten kommen wir da nicht weiter".
Winterkorn ist nicht der einzige Top-Manager, der sich ein beherzteres Krisenmanagement der Bundesregierung wünscht. Die Führungskräfte von acht großen deutschen Konzernen, darunter die Vorstandsvorsitzenden von Volkswagen , BASF , Adidas und Bosch, fordern nach SPIEGEL-Informationen von der Bundesregierung ein stärkeres Eingreifen gegen die Finanzkrise und von den Banken eine bessere Kreditversorgung.
So fordert Adidas-Chef Herbert Hainer, die Bundesregierung "sollte die Steuern so senken, dass der Konsum angekurbelt wird - zum Beispiel durch die zeitlich befristete Absenkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 16 Prozent". BASF-Chef Jürgen Hambrecht setzt darauf, dass "kleinere und mittlere Einkommen durch Steuersenkungen entlastet werden". Investitionen in die Infrastruktur sollten "beschleunigt und ausgeweitet" werden. "Schnelligkeit ist dabei der entscheidende Faktor", so Hambrecht.
Denn tatsächlich spüren die Manager schon heute die Auswirkungen der Krise: "Die Nachfrage bricht auf breiter Front ein", sagt Holger Härter, Vizechef von Porsche . Die Reaktion darauf müsste "in Deutschland deutlich stärker ausfallen". Geld müsse der Staat auf jeden Fall ausgeben. "Wenn er es jetzt nicht für ein Konjunkturprogramm investiert", so Härter, "dann muss er später umso mehr Geld ausgeben, um die sozialen Folgen der Krise abzumildern."
Kritik an den Banken
Bestes Beispiel ist hier die schon heute kriselnde Autoindustrie - und die betroffenen Zulieferer. Franz Fehrenbach, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, plädiert "zur Stabilisierung der Autoindustrie für gezielte Maßnahmen zur Absatzförderung". Werner Wenning, Vorstandsvorsitzender von Bayer , fordert, "Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten steuerlich stärker zu fördern".
Kritisiert werden auch die Banken. Gleich mehrere Top-Manager beklagen die zögernde Kreditvergabe durch die Geldinstitute. Hans-Georg Härter, Vorstandschef von ZF Friedrichshafen, bemängelt, die Banken "lassen sich mit Steuermitteln sanieren, anstatt ihrer Aufgabe nachzukommen, Kunden Geld in Form von Krediten zukommen zu lassen".
Der Chef der Heidelberger Druckmaschinen , Bernhard Schreier, fordert, die Bundesregierung müsse auch kontrollieren, wie die Banken, die sie unterstützt hat, mit dem Kapital umgehen. "In vielen Fällen wünsche ich mir, die Banken zeigten jetzt die gleiche Risikobereitschaft, wie sie es lange bei Finanzprodukten getan haben." Bosch-Chef Fehrenbach sagt: "Es ist unverantwortlich, wenn im Kern gesunde Unternehmen in den Ruin getrieben werden, weil sie sich nicht mehr refinanzieren können." |