AnalystCorner: MorphoSys-Aufnahme in TecDAX möglich
Erst vor gut zwei Wochen hat MorphoSys mit überzeugenden Halbjahreszahlen und einer erhöhten Umsatzprognose für das Gesamtjahr 2004 auf sich aufmerksam gemacht, nun kündigte das Biotechnologieunternehmen Anfang der Woche ein weiteres Forschungsprogramm mit Boehringer Ingelheim an.
MIDAS RESEARCH Analyst: Kamini Rambausek 17. August 2004
clear clearMorphosys WKN 663200 Branche Biotechnologie Land Deutschland Bisherige Empfehlung Langfristig Kaufen Aktuelle Empfehlung Kaufen Kurs bei Besprechung 21,81 Euro Datum 17.08.2004
clear clearBörsenkennzahlen Unternehmen Morphosys 52 Wochen Hoch 26,91 Euro 52 Wochen Tief 8,30 Euro Marktkapitalisierung 99,35 Mio. Euro
Erwähnte Unternehmen Name WKN Kauf Verk. News Morphosys 663200 Während einige Wettbewerber den Markt zuletzt mit den vorgelegten Geschäftszahlen eher enttäuscht bzw. mit umfangreichen Kapitalaufnahmen geschockt haben, scheint bei der auf die Generierung von Antikörpern spezialisierte MorphoSys AG schont seit Monaten „der Knoten geplatzt“ zu sein. AnalystCorner sprach mit der Biotechnologie-Expertin Kamini Rambausek von MIDAS Research über Hintergründe und weitere Perspektiven.
AC: Frau Rambausek, in letzter Zeit haben sich die Ankündigungen über neue oder vertiefte Partnerschaften bei MorphoSys deutlich gehäuft. Wie erklären Sie sich das?
Rambausek: Um das zu verstehen, müssen wir einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen. Die MorphoSys Technologie galt u.E. schon seit längerem als der fortschrittlichste Ansatz bei der Entwicklung von Antikörpern. Langwierige Streitigkeiten mit Konkurrenten über die patentrechtliche Situation haben jedoch potenzielle Kunden von einer Beauftragung des Unternehmens abgehalten. Diese Probleme wurden bereits vor geraumer Zeit umfassend gelöst und der Patentrechtschutz der als „HuCal“ bezeichneten Technologie inzwischen substanziell ausgeweitet. Jetzt kann der „Auftragsstau“ endlich abgearbeitet werden.
AC: Was ist denn das Besondere an der „HuCal“-Technologie?
Rambausek: Erstens sind die geschaffenen Antikörper zu 100% human – Wettbewerber schaffen diese Reinheit nicht. Zusätzlich kann MorphoSys die Antikörper systematisch optimieren, um den jeweiligen medizinischen Erfordernissen und den Kundenanforderungen gerecht zu werden. Damit sind die Erfolgschancen in der späteren klinischen Erforschung deutlich höher.
AC: Und drittens?
Rambausek: Drittens erlaubt die Herstellungstechnik quasi einen industriellen Maßstab, d.h. einen hohen Durchsatz an möglichen Antikörperkandidaten. Dies reduziert den Zeitbedarf, bis der zu einem vorgegebenen Zielmolekül passende Antikörper gefunden ist, erheblich. Und Zeit ist in der Pharmabranche bekanntlich Geld!
AC: Wie verdient MorphoSys denn damit sein Geld?
Rambausek: Das Geschäftsmodell von MorphoSys steht auf zwei Beinen: Zum einen erhält das Unternehmen für seine Forschungs- und Entwicklungsleistung eine Servicevergütung bzw. eine Nutzungsgebühr für die Zurverfügungstellung der Technologie von den Kunden. Zweitens ist MorphoSys aber auch langfristig beteiligt, denn wenn der Kunde auf Basis des für ihn generierten Antikörpers später einmal mit dem fertigen Medikament Umsätze erzielt, fallen Tantiemen an MorphoSys an.
AC: Je mehr Kundenaufträge MorphoSys abwickelt, desto größer also die Chance auf spätere Lizenzeinnahmen und Tantiemen?
Rambausek: Vollkommen richtig. Mit jedem Kundenauftrag erweitert das Unternehmen seine Basis an möglichen künftigen Lizenzerträgen und Tantiemen.
AC: Welchen Wert messen Sie denn derzeit diesem Produktportfolio bei?
Rambausek: Aktuell ermitteln wir den fairen Wert mittels der Discounted-Cashflow-Methode mit 35,94 Euro je MorphoSys-Aktie; allerdings ist dieser Wert überwiegend auf die künftigen Service-Umsätze und die diesen zugrunde liegenden vereinbarten Budgets gestützt. Die Lizenzeinnahmen aus den für Kunden entwickelten sowie den eigenen Antikörperprogrammen gehen konservativ nur mit einer geringen Wahrscheinlichkeit gewichtet in diese Zahl ein. Die Werthaltigkeit des Produktportfolios könnte unter Umständen also auch deutlich höher liegen.
AC: Novartis, Pfizer, Bayer, Roche - um nur einige zu nennen - sind alle bereits Kunden von MorphoSys und tragen zu der aktuell sehr positiven Entwicklung bei. Wie kann es da langfristig weitergehen?
Rambausek: Von den rund 20 global führenden Pharmakonzernen sind derzeit gerade einmal die Hälfte Kooperationspartner von MorphoSys. Und der Markt für therapeutische Antikörper steht mit Umsätzen von gut 5 Mrd. USD erst am Anfang. Bei geschätzten Wachstumsraten von 25 bis 30% pro Jahr dürfte der Druck auf die großen Pharmakonzerne hoch bleiben, sich ihren Teil vom Kuchen zu sichern.
AC: Da sollten auch weiter die Dienstleistungen von MorphoSys gefragt sein, oder?
Rambausek: Dank der einzigartigen Sammlung zur Antikörperentwicklung sollte das auf jeden Fall so sein, sei es durch Neukunden oder aber durch Ausweitung der Kooperationen mit Bestandskunden, wie soeben mit Boehringer Ingelheim geschehen.
AC: Sie haben die MorphoSys Aktie erst kürzlich von „Langfristig Kaufen“ auf „Kaufen“ hoch gestuft. Was waren die Gründe?
Rambausek: Hauptsächlich die Erhöhung des fairen Werts aus unserem DCF-Modell, nachdem wir die neuen Prognosen des Managements eingearbeitet hatten. Aber auch der zu erwartende Fluss an positiven Nachrichten in den nächsten Monaten stimmt uns zuversichtlich.
AC: Auf welche Nachrichten stellen Sie dabei ab?
Rambausek: Aus technischer Sicht zum einen auf die mögliche Aufnahme der Aktie in den TecDAX. Nach derzeitiger Datenlage hätte sich MorphoSys bereits qualifiziert, die Entscheidung fällt aber erst am 3.September.
AC: Mit welchen Neuigkeiten ist darüber hinaus zu rechnen?
Rambausek: Aus wissenschaftlicher Sicht die mögliche Aufnahme der klinischen Forschung zu einem ursprünglich von MorphoSys entdeckten und jetzt von GPC Biotech weiterentwickelten Antikörper. Mit diesem „Proof of concept“ wäre aus unserer Sicht ein weiterer deutlicher Kursschub verbunden, da dann die Wertkomponente der Lizenzerträge in unserem DCF-Modell – und vermutlich ebenso auch bei den meisten anderen Analysten – deutlich höher anzusetzen wäre.
Das Gespräch führte Götz Klempert
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