1) Ausstehender Gesamtnennbetrag der Wandelanleihe = 103,1 Mio. € Dies entspricht einer Verringerung um 63 Mio. €. So eine Meldung bzw. Verringerung des Gesamtnennbetrags gab es seit Bestehen der Wandelanleihe (1.12.15) zum ersten Mal (im Juli 2018).
2a) Der aktuelle Wandlungspreis liegt bei 45,07 €. Sollte die Wandelanleihe nach der HV im Juli 2019 weiterhin bestehen wird der Wandlungspreis erneut gesenkt, in etwa der Höhe der noch unbekannten Partizipationsdividende. So zwischen 40-43€ würde ich den dann aktuellen Wandlungspreis sehen. 2b) Wandlungsverhältnis: Weil die Anleihe gestückelt ist in „100.000€-Paketen“, erhält man zum jetzigen Wandlungspreis für 1 Anleihe 2218 Aktien. Es gilt: Je tiefer der Wandlungspreis, desto mehr Aktien kann man durch die Wandlung erhalten.
Bis zur HV 2018 war der Wandlungspreis 48,xx€, danach 45,07€. Also durchschnittlich 46,53€ im Jahresschnitt und bei 63 Mio. € an Gesamtnennwertreduzierung macht das 1,35 Mio. gewandelter und vermutlich direkt verkaufter Aktien im Zeitraum vom ca. 1.1.-1.7.2018.
3a) Gekündigt werden kann wenn <= 20% des Gesamtnominalwertes ausstehen, d.h. wenn er 33,26 Mio. € oder weniger beträgt. Vom aktuellen Stand fehlen also noch ca. 70 Mio. €. Das wären mit jetzigen Wandlungspreis gute 1,55 Mio. Aktien, die auf ihre Wandlung und ggf. Verkauf warten. 3b) Gekündigt werden kann alternativ auch, wenn der Aktienkurs mehrere Wochen 30% über dem aktuellen Wandlungspreis von 45,07 Euro liegt. Stand jetzt liegt diese Voraussetzung nicht vor, denn für diese 130%-Kursüberschreitung müsste die Aktie bei 58€ und mehr liegen. In diese Gefilden kann man meiner Meinung nach nicht kommen, solange es eine politische Börse bleibt, solange die Neuerwerbungen (v.a. Hella und VAG) nicht vollkonsolidiert sind und solange die inst. Investoren sich weiter bitten lassen, auf’s allg. Börsenparkett zurückzukommen.
4) Wann macht es Sinn für den Anleger (es sind nur inst. Anleger) seine Wandelanleihe in Aktien zu tauschen? Nun ja, idealerweise wenn der Aktienkurs höher ist als der Wandlungspreis. Ist ja toll für z.B. 45,07€ die Aktie zu bekommen, obwohl der Aktienkurs z.B. bei 50-55€ liegt. Da würde ich auch sofort wandeln und verkaufen und die 5-10€ Kursgewinn direkt mitnehmen.
Da ich das Anleihenprospekt nicht habe, kenne ich die genauen Details nicht, halte es aber für wahrscheinlich dass die Anleger wegen der 7-jährigen Laufzeit (2015-2022) erst nach z.B. 2 Jahren ihr Wandlungsrecht ausüben konnten. Dies würde erklären, weswegen nicht schon in den Vorjahren, als der Aktienkurs sogar bis an die 70 Euro heranstieg, gewandelt wurde und der Gesamtnennbetrag sank. Und es erklärt auch zum Teil, weswegen es 2017 so viele Leerverkäufer bzw. Leerverkaufsbewegungen gab zzgl. zu der Shortattacke. Der Kurs schwankte heftig, also musste man damals auch laufend sein Delta hedgen. Schließlich verläuft der Anleihenkurs ähnlich zum Aktienkurs.
Seit dem Höchststand der LV-Quote sank sowohl diese, als auch die Anzahl der Leerverkäufer in 2018 kontinuierlich, einerseits weil die Short-Attacke vorbei war, der Aktienkurs sich beruhigte und andererseits weil auch die Anleihe (vgl. Punkt 1) deutlich reduziert wurde, ergo weniger Fonds, die die Anleihe besaßen und somit auch weniger Delta-Hedging betreiben mussten. Nur noch Och Ziff Europe und Kairos sind dabei, beide dürfen gemäß ihres Sitzes in London Inhaber der Anleihe sein, ob sie es sind, weiß ich nicht. Bei Och Ziff halte ich die Wahrscheinlichkeit für sehr hoch, bei Kairo 50:50. Wie hoch das Delta zwischen Anleihe und Aktie ist, weiß ich nicht.
5) Heißt also, dass immer mehr Anleger der Wandelanleihe seit (spätestens) Anfang 2018 von ihrem Wandlungsrecht gebrauch machen. In den Vorjahren gab es schließlich keine Pressemitteilung über eine Reduzierung des Gesamtnennbetrags. Und da der Aktienkurs bis in den August hinein oberhalb von 45€ stand, dachte sich wohl so mancher „ich wandle jetzt“. Auch schon im Frühjahr, obwohl da der Wandlungspreis bei 48€ stand. Denn der Aktienkurs stand damals ja sogar bei 60€ und wer die 5€ Dividende noch mitnehmen wollte, musste ja zu 48,xx€ wandeln. Und bei einer Divirendite von 10% war das sehr verlockend. Das der Kurs aber erst seit dem Sommer stark sank, obwohl ja viele Aktien gewandelt und geschmissen wurden, erkläre ich mir so, dass 2017 die großen ARP-Volumina und im Frühjahr 2018 die Divi.-rallye begann und bis zur HV und den Halbjahreszahlen der NAV noch bei ca. 1.5 Mrd. lag. So konnte das „Schmeißen der gewandelten Aktien“ kompensiert werden. Jetzt aber ist der NAV geringer, sehr viele kehrten der Börse zudem den Rücken zu und das ARP-Volumen von diesem Jahr erreicht nicht die Dimension des Vorjahres. Wurde also viel gewandelt und geworfen nach der Hauptversammlung, belastete das natürlich den Kurs mit.
6) Jetzt sind zwei Szenarien denkbar: Einerseits, dass auf der Aktie in den letzten 3 Monaten gar kein großer Druck durch die Wandlung vorlag, weil es ja keinen Sinn ergibt zu wandeln, wenn der Aktienkurs tiefer als der Wandlungspreis liegt. Das Absinken des Aktienkurses hat stattdessen mit anderen Gründen zu tun, wie hier schon dutzendfach besprochen.
Andererseits ist es auch denkbar, dass weiterhin gewandelt wird, weil man die Kündigung befürchtet oder weil das Wandlungsrecht einer (mir unbekannten) Frist unterliegt, die man nicht verpassen will. Wobei ich den zweiten Punkt für unwahrscheinlich halte. Eher hängt die Kündigung wie ein Damoklesschwert über die Inhaber der Anleihe, denn kommt es zur Kündigung kriegen sie „nur“ den Nennwert der Wandelanleihe ausbezahlt. Die Kupons der nächsten Jahre erhalten sie nicht und sie halten dann auch keine Aktien, können also nicht von zukünftigen Kurssteigerungen und Dividendenzahlungen profitieren. Um sich die nicht entgehen zu lassen, nimmt man es vllt. in Kauf, bereits zu diesen Kursen zu wandeln, obwohl der Wandlungspreis über dem Aktienkurs liegt. Geht man davon aus, dass der Aktienkurs steigen wird, ist das ja nicht sooo schlimm. Möglicherweise ist die Wandlung auch mit einer Zuzahlung verbunden, so dass die Anleiheninhaber pro wandelbare Aktie etwas zusätzlich draufzahlen müssen. Steigt die Zuzahlungshöhe mit der Laufzeit der Wandelanleihe, ist ja eine frühe Wandlung wünschenswert. Dies könnte auch ein Trigger sein, aber ich spekuliere hier. Die Bedingungen lassen sich vielfältig gestalten und daher soll dieser Absatz eher dazu dienen, einen Eindruck über all die möglichen Einflussfaktoren zu gewinnen.
7) Wie sähe also der weitere Fortgang mit der Wandelanleihe aus? Persönlich wünsche ich mir eine rasche Kündigung der Wandelanleihe, weil man die LV-Quote besser einordnen könnte, statt zu gucken, ob das was mit Delta-Hedging zutun haben könnte. Auch bräuchte es keine ARPs, um die nötige Anzahl an eigenen Aktien für etwaige Wandlungen zu besitzen. Und die Bilanz würde noch klarer und aufgeräumter, was z.B. die Positionen des Grundkapitals und die Finanzverbindlichkeiten anginge. Und vor allem könnte sich der Kurs freier entfalten, man muss also nicht mehr den Wandlungspreis im Blick haben. Kurzum: Die Kündigung stünde für Vereinfachung und Normalisierung.
Ob man sie aber kündigen könnte, hängt eben vom Aktienkurs ab. Der Gesamtnennbetrag sinkt nicht mal eben so auf die Schwelle von 20% herab, denn wer wandelt schon, wenn der Aktien unterhalb des Wandlungspreises liegt? Und noch fehlen die Voraussetzungen wie im Frühjahr 2018 dafür, damit der Aktienkurs 40€ und 45€ nachhaltig überwindet. Für die 130%-Regel müsste der Kurs ja sogar nachhaltig über 55 Euro stehen. Sobald der Aktienkurs sich erholt und an seinen Wandlungspreis herankommt, wandeln und verkaufen die Anleiheninhaber aber und hindern somit die Aktien am steigen. Erst wenn die Marktlage wieder ruhiger wird und die Fonds nicht mehr unbedingt Liquidität brauchen (sie also Kurssteigerungen über Wandlungspreis dulden), wenn im Frühjahr der NAV ansteigen und der Solidus-Exit realisiert werden könnte, wenn dann wieder eine gierige Divirallye einsetzt und wenn Aurelius sein aktuelles ARP in erhöhter Kaufintensität ausübe ((395.000 Aktien könnte man ja noch erwerben bzw. 15,75 Mio. € ausgeben), dann, ja dann hätte man auch wieder Lust zu wandeln und es gäbe genügend Kaufgründe, die den Wandlungsdruck überkompensieren.
Gut denkbar, dass man daher sein ARP-Pulver für das Frühjahr 2019 trocken hält.
8) Wie könnte die Sichtweise von Aurelius sein? Rein finanziell gesehen ist eine Kündigung nicht unbedingt nötig. Sie haben über ihre ARPs seit 2016 ihren Bestand an eigenen Aktien ausreichend gefüllt, können also wandelnde Anleiheninhaber bedienen. Und auch jene, die nicht wandeln werden kann man bis zum Laufzeitende 2020 locker auszahlen.
Überhaupt war die Emission der Wandelanleihe für Aurelius ein super Deal. Sie ist grundsätzlich eine günstigere/angenehmere Kapitalbeschaffung, als klassisches Fremdkapital oder mittels einer Kapitalerhöhung. Zudem war es bei allem Ärger, doch auch ein Glück, dass der Aktienkurs von seinem Hoch nahe 70 Euro ordentlich konsolidierte. So war es möglich ausreichend eigene Aktien zurückzukaufen in einer Gesamtbetragshöhe von ca. 180 Mio. €, also „nur geringfügig“ höher, als die Höhe der Wandelanleihe mit 166 Mio. €. Im Grunde entspricht der initiale Wandlungspreis von 52,52€ grob dem durchschnittl. ARP-Aktienpreis. Hätte man seine ARPs in 2016, 2017 und 2018 stattdessen für z.B. durchschnittlich 75€/Aktie tätigen müssen, wäre es für Aurelius teurer gekommen, insb. weil ja dann wohl alle Anleiheninhaber hätten wandeln wollen. Gothams Attacke und die Rekordverkäufe in 2017 waren so gesehen ein Glücksfall. Man lieh sich für geringe 1% Zinssatz 166 Mio. €, konnte damit das große Rad drehen und allein durch die vorher eingegangen Käufe und in 2017 resultierenden Rekordverkäufe wurde man in die Lage versetzt, die WA problemlos zurückzuzahlen bzw. (bei bedarf) zu wandeln. Und sollten einige wenige Anleihenpakete ungewandelt bleiben, kündigt man sie und spart sich Zinszahlungen oder man zieht den Rest an eigenen Aktien ein und verbessert dadurch diverse Kurskennzahlen. Die Früchte aber, also die Unternehmen, die man dank der WA neu erwerben konnte, kommen ja erst noch zur Ernte und gingen nicht für die Rückzahlung der WA bzw. für die ARPs drauf.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Wenn 2019 wieder ein normales Jahr wird, also weder ein Übergangsjahr, noch eine politische Börse inkl. einer liquiditätsabziehende Fondsbranche, dann sollte auch der Aktienkurs wieder anziehen und es attraktiv machen zu wandeln. Und sollten sich dadurch die Voraussetzungen für die Anleihenkündigung erfüllen, plädiere ich dafür. Dieser Belastungseffekt/Unsicherheitsfaktor wäre dann endlich weg. |