("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2009)
Am Dienstag startet das Insolvenzverfahren. Der Konzern wird zerlegt. Zunächst werden alle Vermögenswerte verkauft, dann wird der Name Arcandor aus dem Handelsregister gelöscht.
Essen/Wien (cim). Die Tage von Arcandor sind fast gezählt. Der Kunstname, der mittlerweile für die drittgrößte Insolvenz (nach Mitarbeiterzahl) Deutschlands steht, könnte bald aus dem Handelsregister verschwinden. Am Dienstag soll laut Plan das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Nachdem die Suche nach einem Investor für den gesamten Arcandor-Komplex mit seinen 40 Tochtergesellschaften eingestellt wurde, hat die Holding nun praktisch keine Funktion mehr.
Die Dachgesellschaft der drei Säulen Tourismus, Warenhäuser und Versandhandel wird nach den Plänen des noch vorläufigen Insolvenzverwalters Klaus-Hubert Görg abgewickelt. Zunächst werden alle Vermögenswerte, etwa Firmenwagen, verkauft, dann wird der Name Arcandor aus dem Handelsregister gelöscht. Auch Konzernchef Karl-Gerhard Eick soll dem Vernehmen nach noch diese Woche abtreten.
Thomas Cook ist schon weg
Die Konzernsäule Tourismus hat das Arcandor-Gebilde schon fast verlassen. Der an Banken verpfändete 43-Prozent-Anteil am Reisekonzern Thomas Cook soll sich vollständig abnabeln. Die Banken, denen der Anteil als Sicherheit überlassen wurde, wollen diesen Gerüchten zufolge in den nächsten Tagen an der Börse platzieren.
Die beiden übrigen Sparten sollen künftig ebenfalls getrennte Wege gehen. Die Warenhäuser will Görg selbst sanieren. Das soll mehr Geld einbringen, als lukrative Objekte wie das Berliner KaDeWe einzeln zu verkaufen. Mit Einschnitten bei den Mitarbeitern und neuen Verträgen mit den Vermietern will Görg die gesamte Sparte für Investoren reizvoller machen. Anfang 2010 soll ein fertiger Sanierungsplan stehen, mit dem Görg auf die Suche nach Käufern gehen will.
Eick sieht für die beiden Konzernsäulen Überlebenschancen im Insolvenzverfahren. Er sei „zutiefst überzeugt“, dass man Karstadt rentabel betreiben kann. Eine Fusion mit den Kaufhof-Warenhäusern des Konkurrenten Metro hält Eick dabei „nicht für zwingend notwendig“, sagte Eick kürzlich dem „Spiegel“. Metro hatte vor, etwa zwei Drittel der rund 90 Karstadt-Kaufhäuser zu übernehmen, um sie mit Kaufhof zusammenzuschließen.
An Quelle hat bisher – zumindest öffentlich – noch niemand Interesse bekundet. Görg will auch die Versandhandelssparte namens Primondo nicht zerschlagen. Da aber einzelne Spezialversender oder der TV-Sender HSE 24 viel begehrter sind als Quelle, könnte das schwierig werden. Auch bei Primondo stehen Einschnitte beim Personal an: Görg hat angekündigt, 3700 der rund 10.500 Arbeitsplätze zu streichen, die 190 Technikcenter von Quelle sollen bald geschlossen werden, auch die Zahl der Quelle-Shops will Görg von 1450 auf 1000 reduzieren.
Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen sich die Arcandor-Töchter finanziell selbst tragen. Das Insolvenzgeld, das die Bundesagentur für Arbeit drei Monate lang gezahlt hat, fällt nun weg.
Quelle-Überleben vorerst sicher
Die Finanzierung der Versandhandelssparte mit Quelle als Aushängeschild soll zumindest bis Ende des Jahres gesichert sein. Die kreditgebenden Banken, BayernLB, Commerzbank und Valovis Bank, seien bereit, ein neues Finanzpaket zu schnüren, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Damit hat Quelle bis Ende des Jahres Zeit, einen Investor zu finden, ohne das Weihnachtsgeschäft zu gefährden. Görg erklärte zuletzt, er sehe die Investorensuche für Primondo „verhalten optimistisch“ und nannte eine Zahl von acht Interessenten. Die Bank Metzler soll ein Bieterverfahren organisieren.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2009) http://diepresse.com/home/wirtschaft/...ex.do?from=gl.home_wirtschaft |