FÜRTH/ESSEN - Die Taschen wiegen schwer. 50 Seiten Gutachten hat der vorläufige Insolvenzverwalter des Handelskonzerns Arcandor, Klaus Hubert Görg, fein säuberlich zusammengeschrieben. Nicht eines für den gesamten Konzern. Sondern 50 Seiten im Schnitt für jede einzelne der von der Pleite betroffenen 40 Konzerngesellschaften.
Noch in den vergangenen Stunden wurde in einer Art Schlussredaktion bei den Formulierungen der letzte Feinschliff angebracht - denn viel hängt ab von diesen Gutachten. Bis zum Wochenbeginn müssen Mitarbeiter des Insolvenzverwalters die letzten Ordner beim Amtsgericht Essen abgegeben haben.
Tag der Entscheidung
Denn schon am Dienstag soll der Richter zusammen mit drei Kollegen auf Basis dieser Gutachten entscheiden, ob die Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fürther Quelle, von Karstadt und all der anderen Arcandor-Töchter mit den insgesamt rund 38000 betroffenen Mitarbeitern eröffnet werden oder nicht. Der Richter legt da auch einen Termin fest, bis zu dem geprüft wird, ob die vielen Gläubiger ihre Forderungen zu Recht erheben oder nicht - von der offenen 50-Euro-Rechnung eines Kurierdienstes bis hin zur Millionen-Rechnung eines Großlieferanten.
Dieser Tag ist ein Schicksalstag für den Konzern. Und ein tiefer Einschnitt. Denn mit diesem Tag übernimmt der Insolvenzverwalter die Konzernführung. Unter jedem Vertrag, auf jedem Briefkopf von Quelle, Karstadt oder Arcandor stehen dann als Verantwortliche nicht mehr die wohlbekannten Namen Konrad Hilpers, Stefan Herzberg oder Karl-Gerhard Eick, sondern der Name des endgültigen Insolvenzverwalters, also voraussichtlich der Name Görg.
Görg ist der Herr im Haus
Übte der im vorläufigen Verfahren lediglich die Aufsicht über die insolventen Firmen aus, so erlangt er jetzt Verfügungs- und Verwaltungsgewalt. Das heißt: Er ist Herr im Haus, das bisherige Management ist dem Gesetz nach nur noch Weisungsempfänger, hat quasi nichts mehr zu melden.
«In der Praxis geht man da natürlich in der Regel kooperativ vor«, sagt Görgs Sprecher Thomas Schulz. Die Manager würden benötigt, um den Insolvenzplan umzusetzen, mit Investoren zu verhandeln oder den Betrieb abzuwickeln - und das kann sich bisweilen, wie im Insolvenzfall Babcock, über ein Jahrzehnt hinziehen.
Eick wird gehen
Während der Chef der Versandsparte, Marc Sommer, gegenüber unserer Zeitung schon angekündigt hat, an Bord zu bleiben, wenn die Versandgruppe als Ganzes erhalten bleibt, bezweifeln Beobachter, dass Konzernchef Eick dem Beispiel folgen wird. Der 55-jährige ehemalige Telekomchef sollte in letzter Minute Arcandor - so hat sein gründlich gescheiterter Vorgänger Thomas Middelhoff den KarstadtQuelle-Konzern umgetauft - vor dem Absturz bewahren.
Doch blieb Eick, der im März das Ruder übernommen hat, nicht die nötige Zeit, drei Monate später musste er Insolvenz anmelden. Weder Staatshilfe noch einen Notkredit bekam er durch. Auch die Eigentümer wollten oder konnten nicht weiter Geld nachschießen, und die verzweifelte Suche nach einem Investor lief ins Leere.
Jetzt bricht sein Reich auseinander. Karstadt und die Versandgruppe sollen getrennt verkauft werden, Arcandor wird es dann nicht mehr geben - dann wird auch kein Arcandor-Vorstand mehr nötig sein. Finanziell wird Eick sein Los allerdings gut verkraften können. Zum Abschied erhält er einen goldenen Handschlag. Bis zu 15 Millionen Euro Abfindung sind ihm, wie er sagt, von Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim garantiert. «Ich komme aus einfachen Verhältnissen und weiß, dass 15 Millionen Euro sehr viel Geld ist - auch für mich«, so Eick. Und er rechne mit Diskussionen darüber.
Betriebsräte verärgert
Zumindest da lag er richtig. Bei den Beschäftigten kam die Nachricht von den dem Konzernchef garantierten Millionen nämlich nicht gut an. Konzernbetriebsrat Helmut Patzelt berichtete gegenüber Medien vom Frust und dem Ärger vieler Angestellter, die selbst harte finanzielle Einschnitte hinter sich und vielleicht noch vor sich haben. Auch für den Fürther Quelle-Gesamtbetriebsratschef Ernst Sindel ist nur «schwer verständlich, dass Herr Eick eine so hohe Summe bekommt«. Eick habe KarstadtQuelle retten sollen. «Für das Scheitern sollte man grundsätzlich nicht belohnt werden.«
Weitere harte Einschnitte stehen den Warenhaus- und Versandhandelstöchtern bevor. Im geplanten Sanierungsprozess sollen allein bei der Versandgruppe Primondo rund 3700 der 10500 Stellen wegfallen. Im Kaufhausgeschäft steht der Fortbestand von 19 der insgesamt 126 Waren- und Sporthäuser infrage. ----------- Keine Kauf Empfehlung!! Spekulativ .Call auf AIG DE000CG1HCW2 Devise: "Kaufen, wenn alle anderen verkaufen" Investieren in die Zukunft CORD BLOOD AMER INC WKN: US21839P1075 |