Touristik
Bewertung und Übernahmephantasie sprechen für die TUI-Aktie
02. Mai 2007
Etliche strategische Managementfehler haben dazu geführt, dass die Aktie von TUI lange Zeit links liegen gelassen wurde. Durch diese Ignoranz weist der Börsenwert einen Abschlag zum eigentlichen Wert aller einzelnen Konzernteile auf. Deutlich wird die Unterbewertung auch am Kurs-Umsatz-Verhältnis. Einer Marktkapitalisierung von rund fünf Milliarden Dollar steht ein deutlich höherer Vorjahresumsatz von mehr als 20 Milliarden Dollar gegenüber.
Relativ günstig gestaltet sich auch das Verhältnis von Unternehmenswert zum Gewinn vor Steuern, Zinsen Abschreibungen und Amortisationen. Dies wird von den UBS-Analysten für 2008 auf 5,5 beziffert. Und beim Kurs-Gewinn-Verhältnis kommen sie auf Basis der für das nächste Jahr erwarteten Gewinne ebenfalls auf einen vergleichsweise moderaten Wert von 11,2.
Management strebt nach einem geschäftlichen Befreiungsschlag
Derartige Relationen sind ein gefundenes Fressen für Heuschrecken aller Art. Das Unternehmen ist als Zielobjekt also interessant für Private-Equity-Gesellschaften und Hedge-Fonds. Daher kommt es nicht überraschend, dass TUI für viele Experten der erste Übernahmekandidat unter den Dax-Vertretern ist. Wie interessant das Unternehmen als Opfer ist, zeigt sich auch an den fast wöchentlich aufkeimenden Übernahmegerüchten, die unter den Börsianern kreisen.
Mit der jüngst beschlossenen Trennung des Schifffahrtgeschäfts vom Touristikbereich und der geplanten Fusionierung der Touristiksparte mit dem britischen Reisekonzern First Choice ist außerdem eine Entscheidung getroffen worden, die bei den Analysten auf viel Wohlwollen gestoßen ist. Fruchtet dieser Schachzug und bleiben die Frachtraten im Aufwind, dann sollte es TUI bald gelingen, die Verlustzone zu verlassen.
Im Unternehmen bemüht man sich ganz offensichtlich redlich um eine geschäftliche Wende zum Besseren. Und so viel Pech wie TUI in den vergangenen Jahren hatte, kann ein einzelner Konzern schließlich nicht ewig haben. Zu beachten ist hier allerdings, dass sich beim geplanten Joint Venture zwischen dem weltweit größten Kreuzfahrtkonzern Carnival und Europas führendem Reisekonzern Komplikationen bei der kartellrechtlichen Genehmigung abzeichnen, die zumindest zu zeitlichen Verzögerungen bei der Umsetzung des Vorhabens führen können.
Günstiges Chance-Risiko-Verhältnis
Aber selbst wenn hier noch etwas schief gehen sollte, stehen genügend Heuschrecken bereit, um den Konzern zu schlucken. Das dürfte den Kurs nach unten absichern. Das Chance-Risiko-Verhältnis erscheint unter diesem Aspekt relativ vorteilhaft zu sein. Schließlich bekommt man als Anleger ein günstig bewertetes Unternehmen, das im Falle von neuerlichen Schwierigkeiten durch die Übernahmephantasie vor einem zu starken Kursverfall geschützt sein sollte.
In die Notiz ist zuletzt so oder so bereits spürbar Zug gekommen, und wenn der Kurs jetzt auf dem aktuellen Niveau von 20,44 Euro noch etwas zulegen kann, dann wäre das charttechnisch gesehen gleichbedeutend mit einem neuen Kaufsignal. In einem ersten Schritt könnte dann die nächste Widerstandszone im Bereich von 23 Euro anvisiert werden und später, wenn sich operativ endlich einmal alles wie geplant entwickeln sollte, könnte es Richtung 27 Euro gehen.
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Text: @JüB Bildmaterial: FAZ.NET
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