Was soll schon passieren? Die Hoffnungsrallyevon Ronald Gehrt Guten Morgen, verehrte Leserinnen und Leser! Heiho, heiho, was sind wir doch so froh ... sangen die sieben Zwerge und gingen Long im Dax. Ich würde keine große Summe riskieren wollen, sicher ... aber wetten würde ich doch, dass wir heute steigende Kurse an den Aktienmärkten sehen. Und zugleich werden die Anleihekurse steigen, der Euro zum Yen vielleicht auch, ja eventuell sogar das Gold. Ah, und bei den Aktien könnten die Finanztitel mal wieder vorne dabei sein, denn sie sind billig. Warum? Na, weil doch jetzt alles ausgestanden ist. Oder etwa nicht? Die Notenbank in den USA wird die Zinsen senken. Jedenfalls denken das die meisten (ich bin mir da keineswegs so sicher, aber um mich geht es ja jetzt nicht). Und zwar so oft wie es nötig ist, bis die Anleger einfach vergessen, was sie in den letzten Wochen möglicherweise gesehen haben. Wenn das Opium sinkender Zinsen – schädlich, aber berauschend – erst mal wirkt, könnte es hinhauen, dass die meisten Investoren gar nicht dazu kommen zu durchdringen und zu verstehen, was sie da zu sehen bekamen. Die Rinde wird repariert, doch das Holz bleibt morschDas Finanzsystem könnte innen längst morsch und verfault sein. Wer weiß? Die faktische Lage werden wir normalerweise nie erfahren – oder wenn, dann wenn es ohnehin zu spät ist. Nicht nur, weil die Banken nicht wünschen, dass man ihnen über die Schulter schaut. Das auch. Aber vor allem, weil das jahrelange Päckchen packen von Krediten jedweder Form und die Weitergabe selbiger über mehrere Stationen an „irgend jemand“ derart ausgeufert ist, dass keiner wirklich klar und sicher feststellen kann, welche Risiken er eigentlich trägt. Ein alter Weggefährte, heute Fondsmanager, erzählte mir letzte Woche, dass Banken sogar Kreditkartenschulden an andere weiter verscherbeln. Grandios. Und außerdem, so die allgemeine Lesart, stehen ja auch den notleidenden Krediten Werte entgegen. Die bisher geplatzten Hypotheken und Privatkredite haben ja trotz allem eine Sicherheit, die dagegen steht: Häuser, Autos, sonstiger Krimskrams was man so pfänden kann ... was soll schon passieren? Nun, und damit nun genug des Sarkasmus: Es ist die Frage, was diese „Sicherheiten“ denen bringen, die nun in die Röhre gucken. Was wollen die Banken mit Häusern und Autos? Zwangsversteigern? Das würde schon bei der jetzt bislang aufgelaufenen Größenordnung den Markt weiter unter Druck bringen ... und damit noch mehr Probleme aufkommen lassen. Auf CNBC erklärte letzten Donnerstag ein Analyst, dass in den USA geschätzt 60-70% der Neuwagen auf Kredit gekauft werden. Und ca. ein Drittel der US-Bürger haben eine Hypothek auf ihr Haus laufen. Ich weiß nicht recht ... ich kann bislang nicht erkennen, wo hier was ausgestanden sein soll. Kaschiert, verdeckt und beschwichtigt wird viel. So hat sich die Landesbank Baden-Württemberg, kurz bevor sie zwangsweise abgewickelt worden wäre, die Sachsen-LB für einen Apfel und ein Ei unter den Nagel gerissen. Als Abschreibungsobjekt, nehme ich an? Werden wir nun erfahren, wie groß der Schaden wirklich war? Wohl kaum. Also: Auf geht’s und mit frischem Mut Aktien gekauft ... haha. Was würden Zinssenkungen überhaupt bringen?Ich sehe nicht, dass sinkende US-Zinsen, so sie denn überhaupt kommen, das Problem lösen können. Ich frage mich auch, wie man dann, bei einem dann absehbaren Zinsvorteil für den nun schon wieder zum Greenback anziehenden Euro, verhindern will, dass die großen Investoren sich langsam mehr hin zum Euroraum orientieren. Vom Inflationsrisiko und dem Zweifel, dass sinkende Zinsen in dieser speziellen Lage die Konjunktur überhaupt stimulieren abgesehen, können sich die USA nicht leisten, dass ausgerechnet jetzt arabische und asiatische Großinvestoren lieber höhere Zinsen bei steigender Währung haben wollen – und somit in den Euroraum abwandern. Wenn ich mir dann ansehe, wie die ganz besonders abgedrehten Börsen in den vergangenen Tagen seit der kosmetischen Diskontsenkung der Fed aus den Schuhen gehüpft sind kommen mir Zweifel, dass hier irgend etwas ausgestanden ist. Denn eines zeigen die Charts der Börsen in Shanghai und Hongkong recht deutlich: Shanghai und Hongkong: Keine Angst vor gar nichtsDer Gedanke, dass ihnen irgendwie ernstlich etwas passieren könnte, scheint den meisten Investoren nicht zu kommen. Und das ist höchst brisant. Diese extremen Kurssteigerungen in diesen kleineren Märkten zeigen, dass manch einer sein Risikokapital einfach von Europa und USA in andere, auf den ersten Blick nicht betroffene Börsen umschichtet ... und damit das Risiko noch erhöht statt es zu verringern. 
Diese Mentalität des „was soll schon passieren“ ist typisch für die Endphase eines Aufwärtstrends. Und dass das, was die Börsen bedroht, zwar bereits sichtbar ist, aber einfach fröhlich verleugnet wird, auch. „Diesmal ist das was ganz anderes“ ist der klassische Spruch ... und wir hören ihn heute wieder, wie schon so oft in den Jahrzehnten zuvor. 
Das Kreuz der Börsen ist, dass die Bewegungen mitreißen. Steigen die Aktien, wird man automatisch bullish, wenn man das Depot voll hat. Geht es nach unten, bekommt man automatisch ein mulmiges Gefühl. Es ist extrem schwer, gegen die Kursrichtung zu denken oder zu fühlen. So kann es überhaupt nicht verwundern, dass heute morgen viele bullish denken dürften. Es muss deswegen nicht unbedingt nach oben gehen, aber es wäre typisch. Doch die Gefahr ist da und nährt sich redlich vom zunehmenden Optimismus der Akteure. Denn je mehr nun glauben, dass die Wende schon vollzogen und es höchste Zeit zum Einstieg ist, desto größer ist das Potenzial für einen erneuten Kursrutsch ... wenn die Kurse drehen. Das mögen nun einige vehement als völligen Blödsinn einstufen. Ich zeige Ihnen im zweiten Abschnitt, dass man das schon oft gedacht hat ... und was daraus wurde!
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Alles nur eine Bullenfalle?von Ronald Gehrt Eines muss man gleich vorab unterstreichen: Die nun eine Woche lang gestiegenen Kurse preisen ein, dass die US-Notenbank die Leitzinsen senken wird – und zwar so oft und weit wie nötig und erwünscht – und dass das auch was hilft. Und sie preisen ein, dass nun keine neuen negativen Nachrichten auftauchen. Weder vom Kreditmarkt noch von der US-Konjunktur, noch von den Hedge-Funds und den Banken, noch von den Carry-Trades. Sie preisen ein, dass die US-Wirtschaft weiter so wächst, wie es die offiziellen Stellen gerne hätten und damit auch die Unternehmen weltweit weiterhin ordentliche Gewinnsteigerungen verbuchen werden. Sonst wären die nun angeblich so billigen Aktien gar nicht billig, denn das sind sie nur auf Basis der Gewinnschätzungen für 2008 und 2009. Und diese Schätzungen kennen keine Krisen ... wie übrigens in den Jahrzehnten vorher auch nie. Da wird so lange die Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben, bis es halt daneben geht. Damit stellt sich also von vornherein eine Frage: Wenn in diesem Kursanstieg ein sehr günstiges Szenario enthalten ist ... was könnte die Kurse dann nachhaltig noch weiter nach oben bringen? Kann noch wundervolleres passieren als die Erfüllung der vorgenannten Wunschträume? US-Auftragseingänge hervorragend, US-Neubauverkäufe leicht erholtIn meinen Augen ist es schon unrealistisch genug, dass die überhaupt Realität werden. Natürlich wurden am Freitag als Argument für den Kursanstieg die gut ausgefallenen Konjunkturdaten des Tages empor gehalten: Die Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter waren im Juli nicht wie erwartet um +1,0%, sondern um sagenhafte +5,9% gestiegen. Selbst in der Kernrate ohne die besonders schwankenden Aufträge für Flugzeuge und Rüstungsgüter waren es +3,7% statt der prognostizierten +0,6%. Und bei den Verkäufen neuer Eigenheime kam es im Juli, wie ich mir gedacht hatte, statt zu einem erneuten Abgleiten zu einer leichten Erholung. Es ging um +2,8% auf 870.000 Einheiten nach oben. Aber beide Daten pflegen heftig zu schwanken. Und eigentlich wissen die Akteure das auch. So betrachtet muss man sich fragen, ob das nicht wieder mal ein vorgeschobenes Argument ist ... zumal der wirkliche Aufwärtsschub erst zwei Stunden nach Veröffentlichung der letzten Daten begann. Im Augenblick sehe ich nicht, was an der momentanen Situation anders ist als an den vergleichbaren der Jahre zuvor. Außer, dass die Rahmenbedingungen von der Schärfe her mehr nach 1998 und 2000 aussehen denn nach denen bei normalen Korrekturen. Bullenfallen sind nicht selten, sondern fast die Regel!Und wenn wir in einer normalen Situation des Marktgeschehens sind, würde das bedeuten, dass die Wahrscheinlichkeit auf in sehr naher Zukunft wieder fallende Kurse ziemlich hoch ist. Sehen sie sich dazu mal den Chart des Nasdaq 100 per Freitag an: 
20 Tage-Durchschnitt und kurzfristige Abwärtstrendlinie mit Schwung überwunden, MACD mit Kaufsignal, Stimmung bombig! Das suggeriert: Es ist alles in Butter – auf geht’s und eingestiegen. Was man als Investor immer wieder vergisst ist, dass das sehr wohl eine typische Bullenfalle sein kann, ebenso wie die neuen Tiefs vor eineinhalb Wochen schließlich auch eine Bärenfalle wurden. Und es ist nicht nur eine schemenhafte Möglichkeit, das passiert öfter, als man denkt – es ist sogar fast die Regel! Sehen sie sich nun einfach mal die nächsten vier Charts an. Hier habe ich vergleichbare Situationen – also auch Kaufsignale nach einem Abwärtsimpuls – abgebildet, und zwar von 2006, 2004, 2001 und 1998. Sie sehen: 
Jedes mal kam es zu einer Bullenfalle, vergleichbar mit der aktuellen Lage. Kaufsignale wurden generiert, die Investoren stiegen ein ... und fuhren voll gegen die Wand. 
Die Umsätze als Indikation einer FalleHoch interessant sind dabei die Umsätze. Nur in 2004, als sich der zweite, dann folgende Abwärtsimpuls nicht schlimm ausgewirkt hatte, war das Bild gegenläufig: Im Abwärtsschub fallen die Kurse mit rapide steigenden Umsätzen. Doch wenn es wieder nach oben geht, dünnen die Umsätze schlagartig aus. Das ist ein brauchbares, wenngleich natürlich nicht absolut sicheres Indiz dafür, dass wir eben noch nicht die Tiefs gesehen haben. Warum? 
Die großen Investoren wissen um die Gefahr und halten sich erst einmal raus. Das ist ein Aspekt für die geringen Umsätze. Ein anderer ist, dass der Großteil der Baissiers ihre Shortpositionen nun eingedeckt haben. Die Short Squeeze hat bereits stattgefunden – die Vehemenz und die Distanz, welche die Kurse bislang gestiegen sind, lassen keinen anderen Schluss zu. Aber wann schlagen sie erneut zu? 
Die Bären warten ab, bis die Falle voll istNun, normalerweise erst, wenn so viele Investoren wie möglich wieder eingestiegen sind, weil sie auf Kaufsignale durch überwundene charttechnische Widerstände reagiert haben. Ein paar solcher Widerstände könnten wir in den kommenden Tagen noch überbieten – was aber nicht unbedingt passieren muss – bis all die wieder investiert sind, die glauben, jetzt ginge es wieder nach oben wie bisher auch. Die Baissiers, sprich die Bären warten deswegen so lange ab, weil dann diejenigen, die nun schon wieder investiert haben, schnell wieder verkaufen müssen und so mithelfen, die Kurse in die gewünschte Richtung zu bringen – nach unten. Deswegen gab es beim Kursanstieg am Freitag auch so gut wie keinen Widerstand. Alternativen: Bodenbildung oder neue TiefsSo also präsentiert sich mir die Lage. Die Rahmenbedingungen sind schlecht, werden aber durch die Faktoren Kosmetik und Hoffnung kurzfristig kaschiert. Für die Kurse gibt es die drei Möglichkeiten: Ohne Bodenbildung einfach so weiter nach oben und das Erreichen neuer Hochs. Oder ein wenig weiter steigende Kurse bis sich die Hoffnungsrallye totläuft um dann die bisherigen Tiefs zu testen. Entweder erfolgreich – oder nicht. In letzterem Falle ginge die Reise nach unten weiter – das ist Möglichkeit drei. Es gibt nur diese drei Optionen. Die erste halte ich in diesem Umfeld für sehr, sehr unwahrscheinlich. Und wenn, knallt es halt in ein paar Monaten umso heftiger. Die beiden anderen würden bedingen, dass das Potenzial nach oben limitiert ist und zumindest ein Test der Region um die bisherigen Tiefs zu erwarten wäre. Und die Schlussfolgerung kann nur lauten: Lassen Sie sich von den momentan steigenden Kursen und der plötzlich so aufgehellten Stimmung nicht einwickeln! Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag – bis morgen! Ronald Gehrt The Daily Observer |