Notenbanken pumpen Milliarden ins Systemvon Jochen Steffens Jetzt hatte ich schon geschrieben: „Sehen Sie, wie ich sagte, ein Ausbruch am Montag ist wenig zuverlässig: 
Tatsächlich fiel im Zuge der gestrigen Fed-Zinsentscheidung der Kurs wieder unter die obere Linie des Dreiecks und es sah so aus, als gäbe es ein False Break. Die Fed hatte die Zinsen, wie erwartet, um 25 Basispunkte gesenkt. Das war aber nicht das Problem. Der Markt hatte gerade beim Diskontsatz mit einem großen Zinsschritt um 50 Basispunkte gerechnet und hier enttäuschte die Fed die Hoffnungen. Kreditmarktkrise verschärfte sichAnalysten warfen der Fed im Anschluss vor, nicht entschieden genug gegen die Kreditmarktkrise vorzugehen. Hintergrund ist, dass sich die Lage auf dem Kreditmarkt offenbar zum Jahresende hin mehr und mehr verschärft. Viele Banken haben die notwendigen Neubewertungen im Zuge der Subprimekrise noch gar nicht vorgenommen. Es wird also damit gerechnet, dass diese Kreditinstitute zum Jahresende mit weiteren Verbindlichkeiten konfrontiert werden könnten und dass genau das erneut zu kritischen Zuständen auf dem Kreditmarkt führen wird. So gibt es zum Beispiel Gerüchte, dass es gerade bei den „staatlichen“ Banken noch zu schmerzhaften Neubewertungen kommen könnte – wie gesagt, Gerüchte ... Da diese Lage zumindest in den informierten Kreisen bekannt war, wurde wie gesagt allgemein damit gerechnet, dass die Fed handelt. Dass die Fed das eben nicht getan hat, führte dann zu den scharfen Einbrüchen gestern in den USA. Allerdings kam dann über Nacht auch schon das Gerücht auf, dass die US-Notenbank mehr Liquidität bereit stellen will. Notenbanken planen konzertierte AktionDoch es kam etwas anders: Eben lief die Meldung über die Ticker, dass nicht nur die US-Notenbank, sondern die größten westlichen Notenbanken (die Fed, die EZB, die Bank of Canada, die Bank of England und die Schweizerische Nationalbank) in einer konzertierten Aktion dem Markt mehr Liquidität zur Verfügung stellen wollen, um eine Kreditmarktklemme zu vermeiden. Ich vermute, dass die Fed gestern aufgrund der höheren Inflationsgefahren nicht mehr tun konnte / wollte und erst einmal abgewartet hat, wie der Markt reagiert. Als dann klar war, dass er in Panik verfällt, wurde diese Maßnahme beschlossen oder bekannt gegeben. Aber das ist, wie gesagt, nur eine Vermutung. Short-Squeeze im DaxDiese Nachricht führte erst einmal zu einer massiven Short-Squeeze, die den Dax mal eben auf 8117 Punkte katapultierte und damit erneut über die obere Linie des Dreiecks. Ein Kollege meinte dazu lakonisch: „Für viele eine teure Pinkelpause ...“ Tatsächlich dürften viele, die nach den Kursverlusten gestern auf weiter fallende Märkte gesetzt haben, auf dem falschen Fuß erwischt worden sein. Wie schlimm ist die Lage wirklich?Mein erster Gedanke war: „Ui, es muss schlimmer sein, als bisher angenommen, wenn die Notenbanken zu derart rabiaten Mitteln greifen!“ Offenbar stimmt es, dass die Situation auf dem Kreditmarkt zum Jahresende dramatisch geworden wäre. Ich sah, dass nun weitere wichtige Marken gebrochen wurden und überlegte einzusteigen. Doch ich werde noch etwas abwarten, bis die erste Reaktion vorbei ist. Wenn es zu solchen Interventionen kommt, ist nicht wirklich klar, wie der Markt darauf reagiert. Es kommt auf die Dauer anWenn es lediglich darum gehen sollte, das Jahresende und die Berichtssaison zum 4. Quartal zu überbrücken, also bis zu dem Zeitpunkt, wenn die meisten Banken ihre Neubewertungen vorgenommen haben, dann könnte es klappen. Wenn die Krise jedoch strukturellerer Natur ist, dann ist diese Intervention der Notenbanken nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Kaum zu beurteilenEs tut mir leid, wenn ich Ihnen das erneut so klar sagen muss: Ich kann nach wie vor nicht beurteilen, wie schlimm diese Kreditmarktkrise wirklich ist. Ich kenne mich mit der Börse aus, mit den wirtschaftlichen Zusammenhängen etc, etc. und wenn Sie mich schon länger lesen, wissen Sie, dass ich in diesen Dingen eine extrem hohe Prognosesicherheit habe. Aber diese Krise, und da bin ich ehrlich, kann ich in ihrem Ausmaß nicht ansatzweise beurteilen, weil ich nicht den Hauch eines Schimmers habe, was da in den Büchern der Banken noch alles an Seltsamkeiten zu finden ist. Woher auch? Die Banken trauen sich ja selbst nicht mehr über den Weg. Und diese sind eigentlich diejenigen, die sich am besten in dem Metier auskennen sollten. Vorsicht vor verfrühten PrognosenUnd so verwundert es nicht, dass ich aus meinem Kollegenkreis ähnliche Statements höre. Die meisten sitzen da und hoffen nur, dass diese Krise an uns vorbei geht und wir uns endlich wieder mit den „normalen“ Börsen- und Wirtschaftsthemen auseinandersetzten können. Ich finde es aber nur fair, Ihnen hier die Wahrheit zu sagen und dazu zu stehen, und nicht so zu tun, als wäre das alles eindeutig. Und damit meine ich sowohl die Bullen, die sagen, es sei alles kein Problem, aber auch ganz besonders die Bären, die nun lauthals den Untergang des Abendlandes vorhersagen. Solche Aussagen sind wenig hilfreich. Wir müssen tatsächlich abwarten, was in den nächsten Wochen und Monaten von der Bankenseite auf uns zukommt und dann erst beurteilen, was zu tun ist. Charts wissen oft mehrIch kann in solchen Situationen, in denen die Sachlage uneindeutig wird, immer nur darauf verweisen, auf die Charts zu achten. Wenn es auch im Zuge solcher Nachrichten gerne zu kleinen Fehlsignalen kommt, werden sie im großen Kontext trotzdem die Wahrheit verraten. Und zwar, weil oft die Research-Abteilungen der großen institutionellen Anleger am frühesten wissen, was gespielt wird, und sich entsprechend positionieren. Und solche Positionierungen werden in den Charts zu erkennen sein. Mehr dazu dann morgen, wenn sich die erste Aufregung gelegt hat. Viele Grüße Jochen Steffens P.S. Die höhere Liquidität könnte übrigens auch die Inflation weiter anheizen. |