Hallo und Guten Abend in die Runde.
Eine m.E. nicht unproblematische Börsen-Phase, in die wir momentan eingetreten sind. Obwohl ich hier die Entwicklungen der Vergangenheit nicht zum Anlass nehmen möchte, um dumpfe Anleger-Gefühle zu erzeugen, sollte man sich doch nochmals die Situation der Börsen im Herbst/Winter 2000 vor Augen führen. Auch damals wurde, so wie heute ebenfalls, von vielen Protagonisten gebetsmühlenartig das Mantra abgeleiert, dass die Abwärtsentwicklung nur kurzfristiger Natur sei (vgl. hierzu auch mein Posting zu Abby Cohen #10186 und Chart von Wawidu #10185), dass die weltwirtschaftliche Entwicklung stark und robust genug sei, dass Aktien billig wären, dass in Bälde mit anziehenden Kursen zu rechnen sei, usw., usw.; der Satz „Diesmal ist alles anders“ dürfte sicherlich zu den kostspieligeren seiner Gattung gehören.
Denn es sind speziell die Probleme am Kreditmarkt, die sich nicht von heute auf morgen auflösen werden und dieser Umstand wird sich auch zukünftig auf die Börsen erheblich auswirken. Es dürfte sicherlich bereits schon Einigen aufgefallen sein, dass Begriffe sprich die auch damit einhergehenden Aktionen wie Leveraged-Buy-Outs, große Aktienrückkaufprogramme, größere Merger & Aquisition-Aktivitäten (Übernahmen & Fusionsphantasien ;-)), etc., also all die Dinge, die die Börsen in den vergangenen Jahren auch stark befeuert und angetrieben haben, durch die aktuellen Ereignisse an den Finanzmärkten zunehmend in den Hintergrund gerückt worden sind und dort vorerst wohl auch verbleiben werden.
Diesen Zusammenhang illustriert uns eine Aussage des OECD-Berichts aus dem Spiegel-Artikel, eingestellt von Nörgeli (#10497), welche sich wohltuend zu den dort zitierten sonstigen YadaYada-Aussagen eines Hr. Sinn oder sonstwem auch immer abhebt, recht deutlich:
"Höhere Kapitalbeschaffungskosten entfalten typischerweise erst nach einigen Monaten ihre volle Wirkung auf Unternehmen und Konsumenten", heißt es in dem OECD-Bericht.
Diese Kreditrestriktionen gilt es zukünftig im Auge zu behalten, denn die große Kredit-Sause des leichten Geldes ist nicht nur aufgrund des nun vorherrschenden außerordentlich starken Misstrauens unter den Banken unzweideutig vorbei. Die fallenden Margin Debt Level an der NYSE, sprich Aktienkauf auf Pump, sind wahrscheinlich in diesem Fall schon die Vorboten der in Kosequenz folgenden Ereignisse. Die Konjunktur eines Landes ist halt meist eben nur so gut wie die Liquidität seines Bankensystems bzw. der Bereitschaft zur Kreditvergabe.
So ist ist es auch als Anleger wohl wichtig zu begreifen, dass eine Menge an Problemen noch vor uns liegen und die bisherigen Rückgänge an den Börsen noch keinesfalls eine Bereinigung eines hinter uns liegenden Desasters darstellt. Wir dürfen auch leider immer noch viel zu oft zur Kenntnis nehmen, dass die vorherrschende Schönfärberei der Zahlen von verschiedenerlei Stellen (Banken, Fed, etc.) nicht dazu geeignet ist, das Vertrauen der Teilnehmer in die Märkte wiederherzustellen. Zur Erinnerung: Von US-Finanzminister Paulson bis zum Commerzbank-Chef sahen viele die Finanzkrise schon vor Wochen/Monaten als bereits überstanden an. Zur „raschen Auffassungsgabe“ der Fed bleibt weiterhin anzumerken, dass wenn sie das Wort Rezession in den Mund nehmen sollte, so wird diese dann wahrscheinlich schon bereits seit drei Monaten vorüber sein ;-))
Vielfach konnte man in letzter Zeit lesen, dass ein gewichtiger Positiv-Faktor für die Börsen darin zu finden wäre, dass mangels rentierlicher Anlagenalternativen die internationalen Großinvestoren die Börsen somit dementsprechend weiterhin stützen werden. Wer aber allzu sehr darauf vertraut, dass z.B. die großen Super-Fonds der ölproduzierenden Länder (Sovereign Wealth Fonds = SWF von Arabien, Russland, Norwegen, etc.) die Börsen „am Kacken“ halten, könnte sich hier ebenfalls leicht verrennen, denn trotz der vierstelligen Milliarden-Größenordnung der SWF’s werden diese keine generelle Hausse auslösen können. Zwar wird die Nachfrage durch die SWF’s an den Aktienmärkten erheblich sein, aber bedingt durch die höchst unterschiedliche Entwicklung nach Ländern und Branchen werden die Super-Fonds sehr wahrscheinlich auch nur selektiv ihre Gelder anlegen.Das können z.B. dann sowohl länderspezifisch ausgesuchte Rohstoffwerte, Immo-Aktien aus Hongkong, agrarpeisabhängige Aktien, Edelmetallaktien, usw., sein als auch vielleicht Anteile deutscher Anlagen- und Maschinenbauer. US-Finanztitel dürften dagegen wohl momentan kaum auf deren Wunschzetteln stehen.
Zu dem Stichwort Beeiträchtigung der deutschen Wirtschaft im Zuge einer evtl. Abschwächung der internationalen Wirtschaft möchte ich hier noch kurz einige interessante Zeilen aus der Finanzwoche vom 7.11. beifügen:
„Sollte es weltweit oder international zu einer Wirtschaftsabschwächung kommen, so wird dies Deutschland überproportional treffen. Als der Euro eingeführt wurde, gab es bekanntlich einige Professoren und andere Fachleute, die Bedenken äußerten, aber ausschließlich im Hinblick auf die Inflationsansteckung. Niemand sah damals die starke Dämpfung der deutschen Binnenwirtschaft (Konsum und Immobilienpreise im Grunde seit 10 Jahren ohne nennenswertes Wachstum) im Hinblick auf den höchsten Realzins in Europa. Die vergleichsweise niedrige Teuerung (vor allen Dingen, wenn man in Europa die Inflationsraten in vergleichbarer Form berechnen würde) begünstigt den Export innerhalb der Euro-Zone. Andererseits fiel der Hauptmotor der deutschen Binnenwirtschaft im Vergleich zum restlichen Europa – ein früher immer wesentlich niedrigerer Zins als in den Nachbarländern (außer der Schweiz) in Deutschland – durch die Euro-Einführung weg. Wegen der niedrigeren Inflation ist also der Realzins höher als im restlichen Europa, was die Binnenwirtschaft weit stärker dämpft, als die meisten bis heute erkannt haben. Wenn dann noch der Konsum mit einer noch nie dagewesenen 3%igen Mehrwertsteuer-Erhöhung einen Keulenschlag hinnehmen muss, braucht man sich nicht zu wundern, dass Binnenkonsum (und Konsumaktien) nicht auf die Beine kommen.
Fazit: Bisher waren die hohen Wachstumsraten im Export Haupt-Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Bei einer internationalen Konjunkturabschwächung (etwa bedingt durch schlechtere Kreditgewährung im Zuge der sich von den USA ausbreitenden Finanzkrise) dürfte es aber mit der deutschen Wirtschaft bzw. den Unternehmensgewinnen schlechter aussehen. Auch die fiskalpolitische Vollbremsung (fehlende Neuverschuldung) könnte die Konjunktur in Deutschland belasten.“
Vieles deutet also jetzt darauf hin, dass die Kreditkrise auf die Realwirtschaft übergreift. In den USA ist dies bereits merklich spürbar und wenn die Amerikaner verschnupft sind, dann legt sich auch Europa gerne mal nieder. Zudem dürfte die US-Immobilienkrise in zumindest abgeschwächter Form auch auf europäische Länder rüber schwappen. Ganz zuvorderst in der Reihe stehen hier Irland, Grossbritannien und Spanien.
P.S. Lese just im manager-magazin eine der ersten Aktien-Prognosen für 2008
DWS’ Kaldemorgen sieht ein rauhes Börsenklima in 2008, erwartet aber immerhin in seiner Prognose, dass die Aktienkurse im Schnitt zwischen 5 und 10 Prozent steigen. Aktien würfen auch 2008 wahrscheinlich mehr Rendite ab als Anleihen. Schaun mer mal. http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,518740,00.html
Letztendlich ist aber stets eines wichtig: Macht was ihr wollt, aber seid hochprofitabel für Euch. In diesem Sinne bis dahin und einen schönen Abend noch ;-)))) |