...weil Charts letztendlich nur das Fieberthermometer von Aktien sind. Ein stagnierender Kurs, wie man ihn im Chart sieht, sagt letztendlich genau das über eine Aktie aus, Angebot und Nachfrage sind zu diesem Preis temporär im Gleichgewicht. Wenn der Kurs sich nun nach oben entwickelt im Chart, bedeutet das, es gibt weniger Angebot als Nachfrage. Der Chart zeigt also letztendlich an, wie sich Angebot und Nachfrage (die einzige Preisdeterminante für den Kurs an der Börse, alle fundamentalen Aspekte wirken nur mittelbar über ihre Wirkung auf Angebot oder Nachfrage!) entwickeln.
Als ich vor ca. 14 Jahren in verschiedensten Univorlesungen zu Themen wie Kapitalmärkte und Unternehmensbewertung (lustiger Weise saß ich in einigen Vorlesungen zusammen mit dem Flatex CFO), dachte ich auch noch technische Analyse/Markttechnik funktioniert nicht. Aber letztendlich bestimmt kurzfristig nicht der intrinsische Wert eines Unternehmensanteils den Wert der Aktie, sondern einzig und allein die Entwicklung von Angebot und Nachfrage in diesem Papier. Und deswegen funktioniert es auch, wenn man für Kaufentscheidungen die aktuelle Entwicklung von Angebot und Nachfrage verfolgt.
Der Kauf eines fundamental unterbewerten Papiers bringt einem zunächst gar nichts, wenn der Hauptinvestor oder bisherige Ankeraktionär in diesem Papier gerade auf Grund einer dir unbekannten Investitionsentscheidung seinen Aktienbestand in diesem Papier abbaut und permanent zu einem bestimmten Kurs Aktien verkauft und den Kurs nach unten drückt. Dann wundert sich der eine Investor, warum die Aktie einfach nicht steigt (sondern fällt), obwohl sie doch fundamental billig ist. Der Charttechniker sieht recht zügig, dass in einem bestimmten Preisbereich jedes Mal wieder größere Aktienpaket an den Markt kommen und den Kurs drücken. Sobald der Kurs nun über diesen sensiblen Kursbereich steigen kann, weiß der Charttechniker, dass der große Verkäufer seine Position abgestoßen hat und der Verkaufsdruck aus dieser Richtung endet. Der Kurs kann nun endlich in Richtung seines fundamental gerechtfertigten Wertes steigen. Das Überangebot durch den großen Positionsabbau ist beendet und nun herrscht offensichtlich mehr Nachfrage als Angebot an Papieren. Der Kurs steigt.
Aus diesem Grund kann der geneigte Chartleser durchaus verwertbare Informationen aus dem Chart erhalten, wie es gerade um Angebot und Nachfrage in einer Aktie läuft. Wenn man bspw. mit gehebelten kurzfristigen Positionen im Markt ist, kann man sich keinen Buy-and-Hold Ansatz leisten, weil sich solche Positionen nicht gegen einen entwickeln dürfen. Zu einer solchen Spekulation gehört also auch immer ein Risikomanagement und daher auch ein Plan, wo schließe ich Positionen die gegen mich laufen. Solche Verkaufsentscheidungen (aber auch Kaufentscheidungen) werden im kurzfristigen Markt von einem Großteil der Markteilnehmer nach technischen Kriterien ermittelt, je mehr Marktteilnehmer ihre Entscheidungen anhand der Entwicklung von Angebot und Nachfrage (dem Chart) ausrichten und auf bestimmte Signale im Chart achten ("kreuzen der 200 Tageslinie", "greife nicht ins fallende Messer, sondern warte eine Stabilisierung ab" usw....), desto eher funktionieren solche Marken.
Ich persönlich wähle seit Jahren meine Aktien im mittel- bis langfristigen Trading nach fundamentalen Kriterien aus und habe einen buy-and-hold Ansatz. ABER Kurzfristig agiere ich ausschließlich technisch und verliere mit meinen kurzfristigen gehebelten Trades seit ca. 10 Jahren in keinem Jahr Geld (meist 60-70% Trades im Gewinn). Also Charttechnik funktioniert zu 100%, weil es letztendlich nur eine Analyse der aktuellen Angebot/Nachfragesituation in bestimmten Kursregionen ist. Fast alle Marktteilnehmer beachten an der Börse Preis-/Kursentwicklungen, fast alle Risikomanagement-Systeme bei Banken und Fonds nutzen Kennziffern, die aus der Kursentwicklung von Aktien abgeleitet werden. Einfachstes Beispiel ist die Volatilität von Aktien. Mit der Volatilität wird nichts anderes gemessen, als (einfach ausgedrückt) wie sich der Kurs aktuell im Verhältnis zu frühen Kursentwicklungen verhält, also ob der Kurs derzeit mehr oder weniger schwankt als in einer Zeitperiode davor. Letztendlich ist die Volatilität auch nur eine Analyse von Angebot/Nachfrage in Zahlen ausgedrückt und dann in Kennziffern zur Risikosteuerung verbaut.
--> Allerdings lohnt sich das Streiten über Charttechnik eigentlich nicht, ein Großteil der Marktteilnehmer beachten für ihre Kauf-/Verkaufsentscheidungen oder für ihr Risikomanagement Charttechnik bzw. die Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Nutze die technische Analyse zu deinem Vorteil oder lass es sein, es ist letztendlich deine Entscheidung. Ich kann dir aber versprechen, wenn du einige Grundregeln der Charttechnik nutzt (sei es nur das bekannte "nicht ins fallende Messer kaufen"), dann bringst du deine Investment Profitabilität voran.
Grüße gehen raus! |