Was genau ist das eigentlich? Ich gehe mal davon aus, damit meint man die "Bio-Landwirtschaft" ohne Unkrautvernichter, ohne Pestizide und ohne Fungizide und ohne mineralische Dünger, richtig?
Ich selbst habe einen Garten und baue seit Jahren wenn nicht Jahrzehnten alles möglich an Obst und Gemüse an. Selbstverständlich nutze ich keine Unkrautvernichter, Pestizide, Fungizide oder sonst eine Chemie. Warum auch - ich mache es aus Spaß, muss nicht von Leben und will Obst und Gemüse so gesund wie nur möglich im Garten erzeugen und dann essen. Ich habe schon eine wenig mehr als nur 5 Tomaten und ne Zucchini. Ich mache es aus Spaß (finanzielle lohnen tut sich der Aufwand eh nicht) und will jedesmal so viel Ernten, wie möglich - ab dem Frühling brauche ich in der Regel bis zum Herbst kein Obst oder Gemüse mehr kaufen. Wenn es aber doch man nicht klappt, dann gehe ich halt einkaufen wie jeder andere auch - es ist ja nur ein Hobby. Weil ich aber keine Chemie im Garten verwende habe ich neben jeder Menge Bienen und Hummeln auch jede Menge andere Insekten und Vögel und auch jede Menge an Unkräutern und Pflanzenkrankheiten im Garten. Mit Schädlingen und Krankheiten kenne ich mich mittlerweile sehr gut aus. Ich bin froh, dass ich nicht auf meine Ernte angewiesen bin. Mal sind es die Pilze (echter und falscher Mehltau, Kräuselkrankheit etc. ), mal Ameisen, mal Schnecken, mal Läuse und Milben, mal die Vögel, die ganze Teile der Ernte vernichten oder es wird einfach vom Unkraut überwuchert, bis es aus Licht- und Nährstoffmangel ein kümmerliches Dasein fristet - vom Wetter ganz zu schweigen.
Es ist schön und gut wie die Grünen, von nachhaltiger, biologische Landwirtschaft zu faseln, wenn man mit dem Arsch in der Sahne sitzt, in einem der reichsten Länder der Welt mindestens zur gehobenen Mittelschicht gehört und mit seinem fetten SUV zum einkaufen in den Bioladen fährt. Für einen privat funktioniert das auch noch, wenn man ich Spaß am Gärtnern hat und im Ernstfall nicht auf die Ernte angewiesen ist. Man merkt aber, wie Zeitaufwendig das alles ist, und wie unsicher die Ernte ist. Im großem Stil, um genug Nahrung anzubauen, um die stetig steigende Weltbevölkerung zu ernähren, kann ich mir kaum vorstellen, dass es ohne Unkrautvernichter, ohne Fungizide und ohne Pestizide geht. Sicher, man kann an vielen Stellen optimieren und verbessern, aber genau das machen doch auch die Unternehmen wie Bayer. Es ist ja nicht so, dass man einfach nur die Chemische Keule rausholt und das war's. Um wirtschaftlich arbeiten zu können arbeiten die Bauern bei uns doch mit modernster Technik. Per Computer und GPS wird die Chemie und der Dünger so effizient wie möglich auf die Felder gebracht. Zuviel kostet Geld - zu wenig kostet auch Geld. Wenn man Weizen u.ä. erntet, dann dürfen da nicht massenhaft Unkräuter dazwischen wachsen. Wer soll das denn alles ausreißen, ehe die Ernte mit den riesigen Mähdreschern beginnt. Wir haben ja noch nicht mal genug Erntehelfer, um dieses Jahr die Spargel- und Erdbeerernte einzubringen. Grüne findet man sicher nur vereinzelt bei der Feldarbeit. Und natürlich forscht auch Bayer an neuen Mitteln, die Glyphosat ersetzen. Aber wenn es so einfach wäre, hier eine gesunde, am besten noch wachstumsfördernde und gut riechende Alternative zu entwickeln, dann hätte sich Glyphosat nicht so lange am Markt gehalten. Dann hätte die Konkurrenz schon lange die Alternative präsentiert.
In Deutschland kann man auf dem Landwirtschaftssektor sicher vieles über Bio machen (auch wenn die landwirtschaftlichen Flächen hier immer weiter abnehmen, was auch ein Problem ist) - Deutschland ist reich, das Klima ist gut und die Kunden haben in der Regel auch genug Geld, um sich Bio zu leisten - für die ärmeren wird halt minderwertige Ware importiert. Das ist billiger. In den armen Ländern der Welt kann man ja wohl kaum erwarten, dass die auf die Hilfsmittel zum Überleben verzichten. Auch hier muss man optimieren und besser planen, aber mit Bio geht es wohl kaum. So sehe ich das zumindest. Ich lasse mich gerne belehren - nichts lieber als das. Aber wenn ich sehe, wie allein das Unkraut jeder Jahr gleich mehrfach auf's neue bei mir im Garten alles überwuchert, obwohl ich versuche, zumindest meine Beete einigermaßen unkrautfrei zu halten, dann wüsste ich nicht, wie das im großen Stil ohne entsprechende Mittel gehen soll. Wenn einer der Forumsteilnehmer hier praktische, anwendbare Ideen hat - nur her damit. Ich werde sie sogleich bei mir anwenden. In vielen Ländern kämpft man für eine gute Ernte - da ist jede Hilfe recht, um am nächsten Tag genug zu essen auf dem Tisch zu haben. Wenn ich an die Heuschreckenplage in Ostafrika denke - ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die Menschen dort keine industrielle Hilfe wünschen, die die Plage unter Kontrolle bringt. Ich sehe hier auf lange Sicht viele Möglichkeiten für Bayer - und ich hoffe, dass alles so umweltfreundlich wie möglich angegangen wird. Ich kann mir nur nicht vorstellen, wie das ohne Chemie gehen soll. |