(Kann nicht einschlafen) Unser Nachbar hat beste Beziehungen zu China! Politisch eher bedenklich, finanziell sicher sehr lukrativ. Diesen zwar schon etwas veralteten Artikel über das französisch – chinesische Verhältnis und deren Entwicklung in den letzten Jahren habe ich gerade gefunden. Wie ich finde sehr lesenswert.
Chronik der chinesisch-französischen Beziehungen
Am 27. Januar 1964 erkannte Frankreich unter der damaligen politischen Führung von General Charles de Gaulle die Volksrepublik China an und unterzeichnete Dokumente zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Heute, 40 Jahre später, befinden sich die chinesisch-französischen Beziehungen, nach inzwischen schon lange bewältigten Schwierigkeiten und Rückschlägen, in der "besten Phase ihrer Geschichte".
Seit den Anfängen 1964 konnte der Aufwärtstrend der chinesisch-französischen Beziehungen trotz den Launen des Schicksals bewahrt werden. Die bilateralen Beziehungen erlebten zwischen 1964 und 1989 eine schnelle Entwicklung. Infolge der Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 verzeichneten die Beziehungen zwischen 1989 und 1993 Rückschläge, verbesserten sich aber seit 1993 wieder kontinuierlich. Heute sind die Beziehungen reif und stabil, was sich in der Kooperation in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Bildung, Wissenschaft und Kultur widerspiegelt. Die letzten Jahre waren von hochrangigen gegenseitigen Besuchen, bilateralen Gesprächen über wichtige internationale Fragen, Respektierung der inneren Angelegenheiten beider Länder und Konsultationen in militärischen Fragen gekennzeichnet.
Die „Wachstumsjahre": 1964 bis 1989
In der Zeitspanne zwischen 1964 und 1989 erlebten die bilateralen Beziehungen eine relativ gesunde und nachhaltige Entwicklung.
Bei der Frage der Etablierung diplomatischer Beziehungen zwischen China und Frankreich beharrte General Charles de Gaulle darauf, dass Frankreich "die gesamte Welt so wie sie derzeit ist, anerkennen" solle und die Existenz der Volksrepublik China nicht leugnen dürfe. Mit Weitsicht sah er voraus, dass es unmöglich war, China zu ignorieren, wenn man die Probleme der Welt lösen wollte. Seine historische Entscheidung war nicht nur ein Meilenstein in den Beziehungen zwischen China und Frankreich, sondern beeinflusste auch die gesamte Welt bei der Beschleunigung des Prozesses, der China auf die internationale politische Bühne zurückbringen sollte, spürbar.
1966, nicht lange nach der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen China und Frankreich, begann in China die "Kulturrevolution". Kurz darauf fand in Frankreich die "Mai-Revolution" statt. Der bilaterale Austausch stand in dieser Zeit still.
Im Jahre 1969 wurde George Pompidou zum Präsidenten Frankreichs und entschied sich für die Wiederaufnahme der offiziellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Im September 1973 wurde er zum ersten französischen Präsidenten, der China einen Staatsbesuch abstattete. Dieses Ereignis markierte den Beginn einer neuen Phase in den chinesisch-französischen Beziehungen. Präsident Pompidou bezeichnete die chinesisch-französischen Beziehungen als "freundschaftlicher Langer Marsch" und erklärte seinen Besuch in China als "außerordentlich wichtig".
So wurden regelmäßig hochrangige gegenseitige Besuche abgehalten und die politischen Verhandlungen intensiviert. 1975 besuchte der chinesische stellvertretende Ministerpräsident Deng Xiaoping Frankreich. Im Jahr 1978 reiste der französische Premierminister Raymond Barre nach China und im folgenden Jahr stattete der chinesische Ministerpräsident Hua Guofeng Frankreich einen Besuch ab.
In den 1980ern wurde die Reform- und Öffnungspolitik Chinas intensiviert. Der bilaterale Austausch wurde weiter verstärkt und die beiden Länder unterhielten immer engere Beziehungen.
Präsident Giscard d'Estaing besuchte 1980, Präsident Francois Mitterand im Jahr 1983 China. Ministerpräsident Zhao Ziyang reiste im Jahr 1984 offiziell nach Frankreich, gefolgt von Ministerpräsident Li Xiannian 1987.
Der Handel zwischen beiden Ländern machte gute Fortschritte. Zwischen 1969 und 1989 erhöhte sich das chinesisch-französische Handelsvolumen um das 15fache von 129 Millionen USD auf rund 2 Milliarden USD. Während dieser Zeit gewährte Frankreich China Darlehen zu günstigen Konditionen. Die Kooperation zwischen beiden Ländern wurde immer stärker, so beispielsweise bei Großprojekten, wie dem Bau des Atomkraftwerks Dayawan. Auch der kulturelle, bildungstechnische, wissenschaftliche und technologische Austausch machte gute Fortschritte.
Rückschläge: 1989-1993
Während der Amtszeit des französischen Präsidenten Mitterand entwickelten sich die chinesisch-französischen Beziehungen zwar reibungslos. Doch im Zuge der politischen Turbulenzen im Jahr 1989 in China verhängte die französische Regierung gegenüber China wirtschaftliche und militärische Sanktionen.
In dieser Phase erreichten die bilateralen Beziehungen ihren tiefsten Stand seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen. Es folgte eine kurze Normalisierung der Beziehungen bis der Verkauf französischer Waffen an Taiwan einen erneuten Rückschlag verursachte.
Seit 1993
Seit 1993 sind die chinesisch-französischen Beziehungen durch eine ständige Verbesserung geprägt. Mittlerweile haben sie innerhalb des Rahmens einer umfassenden Partnerschaft ein reifes Stadium erreicht.
Seit ihrer Amtsaufnahme im März 1993 setzte sich die neugewählte französische Regierung aktiv für die Verbesserung der Beziehungen zu China ein. Die beiden Länder verständigten sich über die Normalisierung ihrer Beziehungen und unterzeichneten am 12. Januar 1994 ein gemeinsames Kommuniqué mit einem Passus, der Frankreich die Befugnis erteilt, französischen Firmen die Genehmigung für den Waffenhandel mit Taiwan zu entziehen.
Im April 1994 besuchte der französische Premierminister Edouard Balladur China. Im September stattete der chinesische Staatspräsident Jiang Zemin Frankreich seinen ersten Besuch ab. Dieser Besuch legte eine solide Basis für die umfassende Entwicklung der bilateralen Beziehungen.
Mit seinem Amtsantritt als Präsident Frankreichs im Jahr 1995 setzte Jacques Chirac Asien ganz oben auf seine dipolmatischen Agenda. Als großes asiatisches Land ist China nicht nur für die französische Asien-Politik wichtig, sondern wurde auch zur "neuen Grenze der französischen Diplomatie".
Im Mai 1997 besuchte Chirac China. Die beiden Staatsoberhäupter unterzeichneten ein chinesisch-französisches Kommuniqué über den Aufbau einer umfassenden Partnerschaft. Die bilateralen Beziehungen hatten einen neuen Höhepunkt erreicht. Dieses Kommuniqué war das erste derartige Dokument, das China mit einem westlichen Land unterzeichnet hatte. Nach dem Kommuniqué sollte der Austausch zwischen China und Frankreich in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Technologie sowie Kultur und Militär eine wesentliche Stärkung erfahren.
Seit diesem Abkommen der "umfassenden Partnerschaft" haben China und Frankreich ihre politischen Konsultationen fortgesetzt und ihre Kooperation weiter ausgebaut. Die Zusammenarbeit beider Länder scheint Früchte getragen zu haben, da beide Länder sowohl in den internationalen Angelegenheiten als auch bei den bilateralen Beziehungen wesentliche Fortschritte gemacht haben.
Intensivierung der Wirtschafts- und Handelskooperation
Die Intensivierung der Wirtschafts- und Handelskooperation ist an dem intensiven Wirtschafts- und Handelsaustausch zu erkennen.
Laut Statistiken des chinesischen Zolls war Frankreich im Jahr 2002 mit einem bilateralen Rekord-Handelsvolumen in Höhe von 8,33 Mrd. USD, einem Anstieg von 6,9 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, Chinas viertgrößter EU-Handelspartner.
Auch die Fiskal- und Finanzkooperation zeigte nachhaltige Fortschritte. Im Jahr 2002 unterzeichneten China und Frankreich drei Steuerabkommen sowie zwei Darlehen Frankreichs an China in Höhe von rund 2,57 Millionen Euro. Insgesamt haben beide Seiten 133 separate Kreditabkommen vorbereitet, von denen letztendlich 125 zustande kamen.
Neben einem Technologietransfer kann China eine Zunahme der Direktinvestitionen von Seiten Frankreichs verzeichnen. Bis Ende 2002 unterzeichneten beide Länder Abkommen über 2.032 Einzelprojekte mit einem Vertragsvolumen von rund 7,41 Mrd. USD an französischen Direktinvestitionen. Die realisierten Investitionen in Höhe von 5,61 Milliarden USD machen Frankreich zum drittgrößten Investor der EU-Länder.
Schließlich diversifizierte sich auch die Wirtschaftskooperation. So arbeiten China und Frankreich gemeinsam an zahlreichen Großprojekten, wie den Atomkraftwerken Dayawan und Ling'ao. Auch die Wuhan Dongfeng Peugeot Citroen Automobile Company und viele andere Großunternehmen, wie Alcatel, Alstom, Airbus und Carrefour können in China auf gute Bilanzen verweisen. Chinas führender TV-Hersteller TCL unterzeichnete erst kürzlich einen Vertrag mit der französischen Thomson SA zur Zusammenlegung in diesem Bereich. Gemeinsam wollen sie das weltweit größte TV-Unternehmen mit einer Jahresproduktionskapazität von 18 Millionen Geräten werden.
In der Hoffnung, von Chinas 10. Fünfjahresplan und der Strategie der Erschließung Westchinas zu profitieren, arbeitet Frankreich an der Förderung der Zusammenarbeit in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung, Industrie, Umwelt, Versicherungen und Telekommunikation. Auch werden Anstrengungen hinsichtlich einer bedeutenden Expansion des bereits großen Marktanteils in Investitionen und Handel mit China unternommen. Entwicklung der Kooperation in Bildung, Wissenschaft und Kultur
In den letzten Jahren boomt die Kooperation im Bildungsbereich. Zwischen China und Frankreich laufen 24 Bildungsaustauschprogramme. Im Jahr 2002 lebten 3.398 chinesische Studenten in Frankreich und 1.341 französische Studenten in China. Zwischen beiden Ländern existieren mehr als 120 Hochschulpartnerschaften und weitere 20 Partnerschaften zwischen Mittelschulen. China und Frankreich haben außerdem ein Abkommen zur Anerkennung der beiderseitigen Bildungsqualifikationen abgeschlossen und die Zusammenarbeit in der Weiterbildung besiegelt.
Rund 700 Programme laufen gegenwärtig im Bereich der Wissenschaftskooperation. Diese Programme betreffen die Bereiche Weltraum, Atomenergie, Transport, Luftfahrt, Landwirtschaft, künstliche Intelligenz, saubere Kohle und Windenergie. Chinesische und französische Wissenschaftler arbeiten in acht chinesisch-französischen Laboratorien eng zusammen, von denen vor allem die Gemeinschaftslabore für Automation und Angewandte Mathematik bemerkenswerte Erfolge verzeichnen konnte.
Auch im Kulturaustausch gibt es Fortschritte. Die beiden Regierungen errichteten ein Kulturzentrum und unterzeichneten ein Abkommen über Kulturkooperation, das für den chinesisch-französischen Kulturaustausch einen neuen Aufschwung ankündigt. Das "Chinesische Kulturjahr", das seit Oktober 2003 stattfindet und noch bis Juli 2004 andauern wird und das "Französische Kulturjahr 2004" haben zur Intensivierung der kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern beigetragen.
Hochrangiger Austausch
Der Mechanismus zur Förderung des Dialogs und hochrangiger Verhandlungen konnte in den letzten Jahren verbessert werden. Im Jahr 1997 starteten Vertreter beider Länder in eine neue Runde der jährlichen Besuche, die seit diesem Zeitpunkt anhalten.
1998 besuchte der ehemalige chinesische Premier Zhu Rongji Frankreich und der damalige französische Premierminister Lionel Josphin stattete China einen Folgebesuch ab.
1999 besuchte der französische Senatssprecher Christian Poncelet China. Der ehemalige chinesische Präsident Jiang Zemin stattete Frankreich daraufhin einen Folgebesuch ab.
Im Jahr 2000 reiste der französische Präsident Jacques Chirac im Rahmen des chinesisch-europäischen Gipfels erneut nach China.
Im Jahr 2001 besuchte der chinesische Vize-Präsident Hu Jintao Frankreich.
Im Jahr 2002 besuchte Zhu Rongji erneut Frankreich.
Im Jahr 2003 reiste der neu ernannte französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin trotz des Ausbruches von SARS nach China. Im Juni desselben Jahres nahm der chinesische Präsident Hu Jintao an einem informellen Nord-Süd-Dialog und dem G8-Gipfel teil. Beide Ereignisse fanden im französischen Evian statt.
Heute unterhalten die Staatsoberhäupter beider Länder regelmäßige Korrespondenz. Dies dient der Schaffung einer gemeinsamen Basis und der Möglichkeit für Kooperationen. Seit dem Jahr 2002 erleichtert eine Hotline zwischen den Präsidenten beider Länder den bilateralen Austausch. Auch der Mechanismus für den Dialog zwischen den Außenministerien und für Verhandlungen zwischen den Botschaftern der beiden Länder mit der UN hat sich verbessert.
Bilaterale Gespräche über wichtige internationale Fragen
Die bilaterale Kooperation funktioniert im Kontext der Vereinten Nationen bereits sehr gut. Die beiden Länder lehnten US-Pläne für einen militärischen Schlag gegen den Irak im Jahr 1998 ab und nahmen 2003 in der Irak-Krise eine gemeinsame Haltung ein. Diskussionen über wichtige internationale Fragen, wie Abrüstung, Nichtverbreitung von Kernwaffen, Immigration, Kampf gegen den Terrorismus und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung finden nach wie vor statt.
Frankreich respektiert Chinas innere Angelegenheiten
Gegenüber Chinas inneren Angelegenheiten, zu denen auch die Menschenrechte, Tibet und Taiwan zählen, nimmt Frankreich eine positive Haltung ein und will diese Punkte nicht zu einem Hindernis in den bilateralen Beziehungen werden lassen.
Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern hat Frankreich den Grundsatz "Dialog statt Konfrontation" befolgt und hat bei Diskussionen über Menschenrechte auch im Rahmen der EU zu dieser Politik gestanden.
In der Tibet-Frage setzt sich Frankreich nicht für eine Unabhängigkeit Tibets ein.
Frankreich befürwortet die "Ein-China-Politik" und lehnt Taiwans Eintritt in die Weltgesundheitsorganisation ab. 1999 verkaufte Frankreich einen Satelliten an Taiwan, aber China und Frankreich haben sich entschieden, die bilateralen Beziehungen durch dieses Geschäft nicht negativ beeinflussen zu lassen.
Konsultation in militärischen Fragen
Die militärischen Führer beider Länder stehen in engem Kontakt und führen aktiv strategische Dialoge auf hochrangigen Ebenen.
Der französische Stabschef Jacques Langsad, der Verteidigungsminister Charles Millon, der Generalstabschef Jean Philippe Douin und der Verteidigungsminister Michele Alliot-Marie haben China besucht.
Der chinesische Verteidigungsminister Chi Haotian und der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Militärkommission Liu Huaqing statteten Frankreich einen Besuch ab.
Die Mechanismen für eine militärische Konsultation sind vorhanden. Beide Länder haben im Jahr 2000 eine gemeinschaftliche Arbeitsgruppe für Militärfragen und -strategie ins Leben gerufen. Diese Arbeitsgruppe arbeitet effektiv in der Förderung des Austausches in Fragen der Militärtheorie, Nuklearstrategie, Verteidigungspolitik und Krisenmanagement. Die Verteidigungsminister und die Generalstabschefs beider Länder kommen nun regelmäßig zu Treffen zusammen.
Beide Länder fördern die Kommunikation und den Erfahrungsaustausch zwischen Militärpersonal, so z.B. Militäruniversitätspersonal und Personal aus den Bereichen Krisenmanagement und Militärmedizin.
Frankreich hat sich für die Aufhebung des EU-Boykotts bezüglich der Kooperation mit der chinesischen Rüstungsindustrie ausgesprochen. Frankreich vertritt dabei die Auffassung, dass dieser Boykott nicht mehr zeitgemäß sei und gegen die Interessen Frankreichs verstoße. Frankreich versucht dabei nachhaltig die anderen EU-Länder vom eigenen Standpunkt zu überzeugen. Im Dezember 2003 verlangte Präsident Chirac offiziell von der EU die Aufhebung des Boykotts bezüglich der Kooperation mit der chinesischen Rüstungsindustrie.
(Der Autor dieses Textes, Wang Zhaohui, ist Forscher am Chinesischen Institut für Internationale Studien.)
(China.org.cn, 30. Januar 2004) |