Hedge-Fonds-Pleite steigert Investorenangst
von Tobias Bayer, Elisabeth Atzler und Yasmin Osman (Frankfurt)
Die Pleite eines australischen Hedge-Fonds hat die Nervosität auf den Kapitalmärkten zusätzlich erhöht. Bei Devisen, Staatsanleihen und Kreditderivaten kam es zu deutlichen Bewegungen. Derweil gerät die US-Notenbank stärker unter Druck, den Leitzins zu senken.
Der australische Hedge-Fonds Basis Yield Alpha Fund beantragte am Mittwochabend Gläubigerschutz. Der Fonds verwaltet ein Vermögen von rund 100 Mio. $ und war auf dem US-Subprime-Hypothekenmarkt engagiert. In Dokumenten, die die Muttergesellschaft Basis Capital beim New Yorker Konkursgericht eingereicht hat, heißt es: "Basis Yield hat seit Juni herbe Bewertungsabschläge hinnehmen müssen. Diese führten zu Margin Calls, die nicht bedient werden konnten." An den Terminmärkten müssen Investoren Sicherheiten, so genannte "Margins" hinterlegen. Kommt es zu Verlusten, muss Liquidität nachgeschossen werden.
Die Hedge-Fonds-Pleite erhöht die Nervosität der Marktteilnehmer in der asiatisch-pazifischen Region. Bereits im Juli lösten Nachrichten von hohen Verlusten bei zwei Basis-Hedge-Fonds Schockwellen durch diverse Vermögensklassen aus. Zudem wächst die Angst, dass immer mehr Hedge-Fonds in Schieflage geraten können. Absolute Capital, ebenfalls ein australischer Hedge-Fonds, gab am Mittwoch bekannt, keine Anteile mehr zurückzunehmen. Der Yield Strategies Fund und Yield Strategies Fund NZD, die rund 180 Mio. $ verwalten, liefen Gefahr, im Juli und August neun Prozent ihres Anlagewerts zu verlieren, heißt es auf der Interseite des Unternehmens. "Was als Subprime-Krise anfing, zieht nun immer weitere Kreise und beeinträchtigt alle möglichen Investitionen auf den Kreditmärkten", schreibt Absolute Capital. Hedge-Fonds verschiedener Anlagestile haben in den vergangenen Wochen unter der US-Hypothekenkrise gelitten, darunter auch Produkte größerer Anbieter wie Bear Stearns und Goldman Sachs. Vor allem Fonds mit quantitativen Modellen fuhren Verluste ein.
Anleger reagieren alarmiert
Die Pleite des Basis-Hedge-Fonds führte am Devisenmarkt zu einer deutlichen Aufwärtsbewegung des Yen. Die japanische Valuta dient als Verschuldungswährung für so genannte Carry-Trades. Dabei nehmen Anleger ihr Kapital in Niedrigzinswährungen wie dem Yen auf und investieren es höher verzinst im Ausland. Sinkt der Risikoappetit, legt der Yen zu. Am Donnerstag verlor der Euro 1,2 Prozent und der Dollar 0,7 Prozent gegenüber dem Yen.
Die Nervosität spiegelt sich auch auf dem Kreditmarkt wider. Der Kreditderivateindex Itraxx Crossover, stieg leicht um 1,5 auf 338 Basispunkte. Der Itraxx Crossover bildet die Kosten ab, zu denen sich Anleger gegen das Ausfallrisiko von 50 europäischen Firmen schlechter Bonität absichern können. Bei einem Stand von 338 Punkten müssen Investoren 338.000 Euro zahlen, um ein 10 Mio. Euro großes Portfolio zu versichern.
Staatsanleihen notierten fester. Die Rendite zweijähriger US-Staatsanleihen ging am Donnerstag um sieben Basispunkte auf 4,092 Prozent zurück. "Nach wir vor tappen wir über das Ausmaß der Krise auf den Kreditmärkten im Dunkeln", sagte Jose Garcia-Zarate, Zinsstratege bei 4 Cast. "Die Unsicherheiten an den Finanzmärkten dauern an, und solange dies der Fall ist, sollte nicht auf eine weitreichende Korrektur am Markt für Staatsanleihen spekuliert werden. Auffällig sind die anhaltenden Verspannungen am Geldmarkt, was unter anderem darin zum Ausdruck kommt, dass der 3M-Interbankensatz seit Tagen deutlich oberhalb des Tagesgeldsatzes liegt", schrieben die Zinsstrategen der Helaba.
Die Turbulenzen am Geldmarkt setzen Zweckgesellschaften von Hedge-Fonds unter Druck. Der britische Hedge-Fonds Cheyne Capital, der rund 7 Mrd. $ verwaltet, musste wegen Problemen im Structured Investment Vehicle (SIV) Cheyne-Finance-Wertpapiere verkaufen und Liquiditätslinien ziehen, teilte die Gesellschaft am Mittwoch mit. Sie arbeite an einer Restrukturierung. Für die nächsten Monate reiche das Geld aber, um auslaufende Kredite zu bedienen. Die Ratingagenturen reagierten prompt. Standard & Poor's senkte das Rating, Moody's setzte das SIV auf die Beobachtungsliste.
In dieser Woche war es bereits bei zwei anderen SIVs zu verlustreichen Zwangsverkäufen gekommen: Beim Vehikel Golden Key, hinter dem der Hedge-Fonds-Anbieter Avendis Financial Services steht sowie bei Mainsail II von der Solent Group. Finanzexperten rechnen damit, dass in der nächsten Zeit weitere Zweckgesellschaften schließen oder das Fondsvolumen verkleinern müssen.
Von Banken organisierte Zweckgesellschaften (Conduits oder SIV) erfahren derzeit massive Unterstützung durch die dahinter stehenden Institute - Hedge-Fonds haben diese Finanzstärke nicht. "Vehikel, die von Hedge-Fonds gemanagt werden, und die nicht von der Unterstützung einer großen Bank profitieren, werden als erste davon betroffen sein, wenn weitere Zweckgesellschaften schließen", sagte Amaury Gossé, bei der Commerzbank Leiter für europäische mittelfristige Anleihen und kurzfristige Geldmarktpapiere (Commercial Paper). "Viele Banken haben ihre Conduits unterstützt, indem sie Commercial Paper gekauft haben", so Gossé. Die Papiere seien auf die Handelsbücher oder in den Finanzanlagebestand gegangen. "Auf diese Weise wurde vermieden, dass Liquiditätslinien gezogen wurden."
Wie andere SIVs nimmt die Cheyne-Zweckgesellschaft Kredite mit einer kurzen oder mittleren Laufzeit auf, um damit in langfristige Anlagen zu investieren. Im Zuge der Krise am Markt von US-Hypothekenkrediten zweitklassiger Bonität ist jedoch der Markt mit kurzfristigen Darlehen fast ausgetrocknet.
Zuletzt hat sich das Schlaglicht bei Problemen von Zweckgesellschaften stärker auf SIVs gerichtet. Im Fall der angeschlagenen Mittelstandsbank IKB Deutsche Industriebank sorgt vor allem das 14,6 Mrd. Euro große Conduit Rhineland für Schwierigkeiten. Zudem musste das kleinere SIV Rhinebridge Wertpapiere verkaufen, wie diese Woche bekannt wurde. Während Conduits sich ausschließlich über kurzfristige Geldmarktpapiere refinanzieren, nehmen SIVs vielschichtiger Kapital auf: Meist stellen Banken - oder Hedge-Fonds - eine gewisse Summe Eigenkapital, hinzu kommen Geldmarktpapiere sowie Anleihen mittlerer Laufzeit. Anders als Conduits verfügen SIVs nicht über Liquiditätslinien, die das gesamte Fondsvolumen decken.
US-Notenbank Fed unter Zugzwang
Die Angst vor weiteren Ausfällen setzt auch die US-Notenbank Fed unter Zugzwang. Am Donnerstag trifft sie sich zu ihrem jährlichen Symposium in Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming. Fed-Präsident Ben Bernanke hat zwar den Diskontsatz gesenkt, um die Refinanzierung der Banken zu erleichtern, hat aber den Leitzins bisher unverändert gelassen. In einem Brief an den New Yorker Senator Charles Schumer signalisierte Bernanke aber Bereitschaft, alles Notwendige zu tun, um negative Effekte auf die Realwirtschaft durch Verwerfungen auf den Finanzmärkten zu verhindern.
Die Fed befindet sich laut Experten in der Zwickmühle: Durch eine Zinssenkung würden falsche Anreize gesetzt und Investoren zu riskanten Investments ermuntert ("Moral Hazard"), andererseits würde ein Fortsetzen der Zinspause vielleicht negative Effekte auf die Realwirtschaft haben, sagen Notenbankkenner.
FTD.de, 15:39 Uhr © 2007 Financial Times Deutschland |