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Sonnige Aussichten, obwohl sich die konjunkturellen Aussichten eintrüben. Der Bonner Solarkonzern Solarworld rechnet mit immensen Gewinnen. © Norbert Millauer/ ddp
Solarworld-Chef Frank Asbeck liebt das griffige Wort. Bei der Präsentation der neusten Quartalszahlen hat er diesmal die "Dach-Sparkasse“ entdeckt. "Die Leute haben verstanden, dass eine Solaranlage auf dem Dach eine sichere Rendite von sechs bis sieben Prozent einbringt“, sagt der Bonner Unternehmer, der gerne gegen den Strom schwimmt.
In Zukunft würden Anleger einen Teil ihrer Altersvorsorge deshalb eher in die eigene Solaranlage statt in Aktien stecken, glaubt Asbeck. "Die Leute werden sehen, dass sie auf ihrem eigenen Dach sicherer investieren können als bei den Lehmans dieser Welt.“
Grund für solch große Töne hat Asbeck allemal. Der Finanzkrise zum Trotz verzeichnet Solarworld steigende Absatzzahlen. Nicht nur im Inland steigt die Nachfrage, auch im Ausland wächst Solarworld in großen Schritten. Zu Wochenbeginn beglückte Asbeck seine Investoren mit einem geradezu grandiosen Ausblick: Dieses Jahr werde Solarworld seinen Gewinn um mehr als 30 Prozent steigern und seine Prognosen übertreffen.
Die Börsen reagierten prompt auf die frohe Botschaft: Solarworld verzeichnete ein Plus von rund sieben Prozent auf 21 Euro. Allerdings waren die Papiere vor einem Jahr fast doppelt so viel Wert. Nichtsdestotrotz legte Asbeck noch einen drauf. Auch im kommenden Jahr strebe das Unternehmen 25 bis 30 Prozent Wachstum an.
Doch wie soll das gehen, angesichts immer neuer Horrormeldungen? Die Weltwirtschaft kriselt, deutsche Firmen spüren bereits den konjunkturellen Abwärtssog. Auch der Solarbranche stehen keine leichten Zeiten bevor. Matthias Fawer, der für die Schweizer Bank Sarasin regelmäßig den renommierten Solarreport verfasst, schätzt die Aussichten 2009 "eher verhalten ein“. Das ehemalige Boom-Land Spanien hat inzwischen seine Einspeisevergütung gedeckelt. "Wir rechnen dort mit einer Halbierung des Markts, das muss erst einmal woanders kompensiert werden.“ Dazu komme die Finanzkrise, die dazu führe, dass Banken zögerlicher Kredite gewährten. "Einige Solarprojekte werden deswegen sicherlich fallen gelassen."
Bei Solarworld will man solchen Trends trotzen. "Wenn eines der Solar-Unternehmen es schafft, sich langfristig am Markt zu etablieren, dann Solarworld“, glaubt Fawer, für den Solarworld einer der "Top 5 Solarkonzerne weltweit“ ist .
Zum einen ist der Konzern nicht auf Fremdkapital angewiesen. Im ersten Quartal konnte Solarworld eine Eigenkapitalquote von rund 40 Prozent vorweisen. "Wir haben liquide Mittel in Höhe von 800 bis 900 Millionen Euro“, sagt Asbeck. "Wir brauchen kein fremdes Geld.“ So lässt sich die befürchtete Kreditklemme lässig ignorieren. Zum Zweiten habe man langfristige Verträge und ein Orderbuch über zehn Milliarden Dollar. "Unsere Werke in Sachsen sind bis 2018 ausgelastet.“
Im amerikanischen Oregon hat das Unternehmen gerade erst die größte Solarzellenproduktion der USA eröffnet. Hier stellt das Unternehmen Solarwafer her, das Herzstück einer Solarzelle. An dem Standort lassen sich jährlich 100 Megawatt produzieren, 100.000 Menschen könnten so mit Ökostrom versorgt werden. Für Asbeck ist der amerikanische Markt einer der wichtigsten Wachstumsmärkte. "Wir erwarten 2009 mehr als eine Verdoppelung auf etwa 1000 Megawatt."
Auch die Präsidentschaftswahl spielt in solchen Prognose eine Rolle. Denn egal, ob Barack Obama oder John McCain das Rennen macht: Ein Schwenk in der amerikanischen Energiepolitik hin zu mehr alternativen Energien gilt als so gut wie sicher. Beide Kandidaten wollen weg vom Öl, nicht nur aus Klimaschutzgründen, sondern vor allem, um die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren.
"Unter McCain wird der Solarstromanteil sicherlich zunehmen, unter Obama könnte er sich aber sogar verdoppeln“, sagt Josef Auer, Solarexperte der Deutschen Bank Research. "Wenn Nordamerika Gas gibt, können die Verluste in Europa, etwa in Spanien, so aufgefangen werden.“ Schon jetzt garantiert die Bundesregierung Solarbauern Steuererleichterungen für acht Jahre.
Entscheidend für Solarworld sind aber auch die politischen Rahmenbedingungen hierzulande. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sichert den Besitzern von Solarstromanlagen lukrative Vergütungen zu, wenn sie ihren Öko-Strom ins Netz einspeisen. Rund 40 Cent je eingespeister Kilowattstunde gibt es an Zuschüssen, so viel wie für keinen anderen Ökostrom. Und das auf 20 Jahre garantiert.
Allerdings sieht das im Juni novellierte EEG vor, dass die Solarstrom-Vergütung jährlich um durchschnittlich neun Prozent sinkt. Das soll die Hersteller unter Druck setzen, möglichst schnell die Wirkungsgrade ihrer Solarzellen zu steigern und die Herstellungskosten zu senken. So soll ihr Ökostrom mit dreckigem Strom aus Kohle und Gas konkurrieren, der jetzt noch günstiger ist. "Wir haben einen technischen Fortschritt von sieben bis acht Prozent jährlich, da können wir die Degression kompensieren“, sagt Asbeck.
Allerdings können sich die politischen Rahmenbedingungen auch schnell ändern, was die Solarbranche anfällig macht. Ohne die staatliche Anschubfinanzierung kann sich die Branche kaum aus eigener Kraft etablieren. Dafür ist Solarstrom zumindest in Deutschland noch immer viel zu teuer. So überrascht es kaum, dass der Solarstromanteil am Endenergieverbrauch 2007 bei nur 0,6 Prozent lag. Zum Vergleich: Windkraft schaffte es auf 6,4 Prozent.
Asbeck setzt darauf, dass er langfristig auf dem richtigen Weg ist, und verweist gar auf Nicolai Kondratjew, den russischen Wirtschaftswissenschafter. Der glaubte Anfang des 20. Jahrhunderts, dass sich die Wirtschaft in zyklische Phasen einteilen ließe: Alle paar Jahrzehnte stände ein Paradigmenwechsel an, etwa von der Dampfmaschine zur Eisenbahn.
"Jetzt hat das Zeitalter der Erneuerbaren Energien begonnen“, ist sich Asbeck sicher. Die Prognosen der Deutschen Bank könnten ihm recht geben. Deren Energieexperte Auer rechnet in den kommenden Jahren mit 20 Prozent Wachstum in der Solarstrom-Branche. Wenn denn die politischen Rahmenbedingungen so günstig bleiben wie bisher. |