Aktien kaufen?
Wenn Zentralbanken Staats- und Unternehmensanleihen kaufen, gibt es immerhin noch die Erklärungskrücke*, die Aufkäufe dienten dazu, das Zinsniveau niedrig zu halten.
(* Bei der EZB wird mit dieser Erklärkrücke kaschiert, dass die Aufkäufe der PIIGS-Dauerrettung dienen.)
Aber was sollen Aktienkäufe bringen? Sie sind geldpolitische sinnlos, weil sie das Zinsniveau nicht verändern. Oder ist die neue Erwartung derart primitiv, dass hohe Aktien die Wirtschaft stabil halten sollen? Normalerweise ist es tatsächlich so, dass hohe Aktien das Aushängeschild einer stabilen Wirtschaft sind. Aber wenn die Kurse durch ZB-Aufkäufe KÜNSTLICH nach oben gepusht werden, wird diese Positiv-Indikator-Wirkung des Aktienmarktes zerstört.
Würde die Fed und die EZB Aktien kaufen, wäre dies mMn sogar ein implizites Eingeständnis, dass die Kernfunktion der Zentralbank - nämlich die eigene Währung stabil zu halten - nicht mehr erfüllt werden kann. Ein Aktien-"Hedge" gegen einen Währungszusammenbruch wäre für Fed und EZB ein Widerspruch in sich.
Nur für die kleine SNB sind Aktienkäufe sinnvoll, da die SNB stark von der "Politik" der EZB abhängig ist (Stichwort: Kapitalflucht aus der Eurozone). Die SNB muss ständig ständig Franken gegen Euro verkaufen, um den Frankenpreis niedrig zu halten. Dadurch sammeln sich in ihrer Bilanz immer mehr Euros und Dollars an. Für diese Euros/Dollars kauft die SNB dann - als Hedge gegen Währungskurs-Abstürze - Aktien, die ja Sachwerte sind.
Für alle anderen größeren Notenbanken sind Aktienkäufe mMn nicht zu rechtfertigen.
Würde die Fed oder die EZB Aktien kaufen, wäre das nichts anderes als nunmehr ungeschminkte Vermögenspreis-Inflationierung. Bin schon gespannt auf die neuen Erklärungs-Krücken, mit der die lockere Christine dann aufwarten wird.
Bereits seit 1980 verfolgen Notenbank neben dem, was sie offiziell als Begründungen für ihre Geldpolitik zum Besten geben, die "Hinterzimmer-Agenda", Aktienkurse hochzutreiben. Dazu dienten die ab 1980 weltweit sinkenden Zinsen. Inzwischen sind die Zinsen aber fast weltweit auf Null- bis Negativ-Niveau. Also können Aktien nur dann noch weiter steigen, wenn die Notenbanken Aktien kaufen. Alternative dazu wären starke Negativzinsen - inklusive auf Giro-Cash "ab erstem Euro" -, aber dazu müsste zuvor das Bargeld abgeschafft werden.
Zinssenkungen sind Instrumente der Politik, die dazu dienen, um a) Reiche noch reicher zu machen (Vermögenswert-Inflationierung) und b) eine Neuverschuldung "für lau" zu ermöglichen.
Mit Nullzinsen verschwindet der für das Finanzwesen seit 5000 Jahren maßgebliche "Faktor Zeit".
Früher galt mal der Satz: "Zeit ist Geld." Die neue Maxime der Zentralbanker-Postmoderne lautet: "Zeit war Geld."
Denn Zahlungsaufschub ist für die Staaten nicht mehr nachteilig, sondern - ihren Notenbanken sei Dank - sogar zu einem einträglichen neuen Erwerbszweig geworden. Bringen Staatsschulden doch neuerdings absurderweise sogar Zinseinnahmen. Je schlechter Politiker wirtschaften, desto besser wird es (scheinbar) für die Staatsfinanzen.
Ich schreibe "scheinbar", weil die Akeptanz von Nullzinsen eine Ritt auf einer Rasierklinge ist. Wir sehen an den Repo-Aktien der Fed, die offenbar infolge der JPM-Megaspekulationen nötig wurden (# 630), dass das Zinsniveau praktisch jederzeit sprunghaft nach oben ausbrechen kann. Die Overnight-Rates schossen in USA in Nullkommanichts auf fast 10 % hoch. Und wenn sie dann von diesem hohen Niveau nicht mehr runterzubekommen sind, weil der Markt den Hütchenspielchen nicht mehr vertraut (Risiko hat einen Preis, egal wie stark die ZB die Märkte manipulieren), dann werden plötzlich auch die weltweit ausgeuferten Staatsverschuldungen zu einem Riesenproblem. |