JUPITER-06-Studie: Ausreichende Basis für FDA-Zulassung von Toripalimab?
Hintergrund zur JUPITER-06-Studie und ihren Ergebnissen
Die JUPITER-06-Studie ist eine randomisierte Phase-III-Studie, in der Toripalimab (ein PD-1-Inhibitor) in Kombination mit einer platinhaltigen Chemotherapie als Erstlinientherapie bei fortgeschrittenem Speiseröhren-Plattenepithelkarzinom (ESCC) untersucht wurde. In dieser doppelblinden, placebokontrollierten Studie mit 514 Patienten erzielte die Toripalimab-Gruppe signifikante Verbesserungen der co-primären Endpunkte progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie. Konkret betrug das mediane PFS unter Toripalimab + Chemotherapie 5,7 Monate versus 5,5 Monate in der Placebo-Gruppe, was einer Reduktion des Progressionsrisikos um 42% entspricht (HR 0,58; p < 0,00001). Das mediane Gesamtüberleben lag bei 17,0 Monaten in der Toripalimab-Kombinationsgruppe gegenüber 11,0 Monaten unter Chemotherapie allein (HR 0,58; p = 0,00036) . Dieser deutliche Überlebensvorteil zeigte sich unabhängig vom PD-L1-Status der Tumoren Aufgrund dieser robusten Ergebnisse wurde Toripalimab Ende 2021 von der FDA der Orphan-Drug-Status für Speiseröhrenkrebs erteilt , was die Bedeutung der Studie für einen potenziellen Zulassungsantrag unterstreicht.
(Anmerkung: Toripalimab ist in den USA bereits bekannt – im Oktober 2023 erhielt es unter dem Handelsnamen Loqtorzi die erste FDA-Zulassung für die Behandlung des nasopharyngealen Karzinoms in Kombination mit Chemotherapie. Die nun diskutierte ESCC-Indikation wäre also eine erweiterte Zulassung dieses Antikörpers.)
Regulatorische Bewertung: Reicht JUPITER-06 für eine FDA-Zulassung aus?
Ob eine einzelne Studie wie JUPITER-06 ausreicht, um in den USA eine Zulassung zu erlangen, hängt von mehreren regulatorischen Faktoren ab. Grundsätzlich verlangt die FDA für die Zulassung wirksamer neuer Onkologika robuste klinische Evidenz, idealerweise aus multizentrischen Studien, die die US-Patientenpopulation ausreichend repräsentieren. In Ausnahmefällen – etwa bei seltenen Erkrankungen mit hohem ungedecktem Bedarf – kann jedoch eine einzige, überzeugende Phase-III-Studie als Zulassungsgrundlage genügen.
FDA-Standpunkt zu ausschließlich in China erhobenen Daten: Die JUPITER-06-Studie wurde überwiegend in China durchgeführt (multizentrisch in chinesischen Kliniken) . In den letzten Jahren hat die FDA betont, dass klinische Daten, die nur in einer Region (z.B. ausschließlich in China) erhoben wurden, nicht ohne Weiteres auf die US-Bevölkerung übertragbar seien. Im Februar 2022 lehnte der Onkologie-Beratungsausschuss der FDA (ODAC) beispielsweise den PD-1-Inhibitor Sintilimab ab, obwohl dieser in China positive Phase-III-Daten gezeigt hatte. ODAC unterstützte die Ansicht der FDA, dass rein in Festlandchina durchgeführte Studien „nicht auf die US-Bevölkerung anwendbar“ seien . Ähnlich erhielt auch das in China getestete Onkologikum Surufatinib 2022 ein Complete Response Letter (CRL), weil für die Zulassung in den USA zusätzliche multiregionale Daten eingefordert wurden . Diese Fälle signalisieren eine strenge Haltung der Behörde: Bei gängigen Indikationen mit existierenden Therapien verlangt die FDA in der Regel multi-regionale klinische Studien (MRCT) oder zumindest den Nachweis, dass keine relevanten Unterschiede zwischen den Populationen bestehen. FDA-Onkologiechef Richard Pazdur betonte hierzu, die ausschließliche Akzeptanz von Daten aus nur einer geografischen Region wäre „ein Rückschritt“ in den Bemühungen um ethnische Diversität in Studien .
Besonderheit im Fall Toripalimab: Bei Toripalimab gab es bereits einen Präzedenzfall – allerdings in einer anderen Indikation. Die FDA prüfte 2021/2022 den Zulassungsantrag für Toripalimab in der seltenen Indikation nasopharyngeales Karzinom (NPC), der ebenfalls hauptsächlich auf in Asien erhobenen Studiendaten beruhte. Trotz der generellen Skepsis gegenüber China-only-Daten zeigte sich die FDA hier ausnahmsweise flexibel: In dem CRL-Schreiben zu Toripalimab (NPC) wurde ausdrücklich vermerkt, dass diese seltene Tumorart „regulatorische Flexibilität hinsichtlich der Genügsamkeit von Single-Country-Daten“ erfordert . Mit anderen Worten: Da Toripalimab die erste Immuntherapie für das NPC in den USA wäre und NPC vor allem asiatische Populationen betrifft, akzeptierte man die Wirksamkeitsdaten aus China/Singapur als ausreichend, sofern sonstige Auflagen (etwa Herstellungsaspekte) erfüllt würden . Dies erklärt, warum der Toripalimab-Antrag für NPC letztlich nur wegen Qualitätsmängeln (Herstellprozess) verzögert wurde und nicht wegen der Herkunft der Studiendaten . Die FDA erteilte nach Klärung dieser Punkte schließlich die Zulassung für NPC (die JUPITER-02-Studie aus China diente hierbei als Wirksamkeitsnachweis) . Übertragbarkeit auf ESCC: Bei der ESCC-Indikation ist die Situation allerdings anders. Speiseröhrenkrebs ist zwar in den USA seltener als z.B. Lungenkrebs, aber dennoch gibt es bereits zugelassene Checkpoint-Inhibitoren für fortgeschrittenes Ösophaguskarzinom. Insbesondere Pembrolizumab (Keytruda) und Nivolumab (Opdivo) wurden 2021/2022 – basierend auf globalen Studien – in Kombination mit Chemotherapie als Erstlinientherapie bei entsprechendem ESCC/Ösophaguskarzinom zugelassen. Daher handelt es sich nicht um einen völlig ungedeckten medizinischen Bedarf. Die FDA dürfte folglich weniger geneigt sein, allein auf Grundlage einer in China durchgeführten Studie eine weitere PD-1-Therapie für diese Indikation zuzulassen, ohne zusätzliche Belege. Die Anforderungen könnten z.B. eine Bestätigung der Ergebnisse in einer internationaleren Patientengruppe oder detaillierte pharmakokinetische Analysen zur Vergleichbarkeit der Ethnien umfassen. Kurz gesagt: JUPITER-06 liefert zwar überzeugende Wirksamkeitsdaten, doch aus strikt regulatorischer Sicht könnte eine einzige China-Studie für die FDA nicht ausreichen, solange nicht dargelegt ist, dass die Resultate auf die US-Bevölkerung übertragbar sind und einen Mehrwert gegenüber bestehenden Optionen bieten . Einige Experten raten, dass Entwickler chinesischer Onkologika frühzeitig multiregionale Studien einplanen sollten, um FDA-Anforderungen zu erfüllen . Allerdings bietet der Orphan-Drug-Status gewisse Vorteile – etwa Beratung durch die FDA und erleichterte Zulassungsbedingungen – die Coherus bei ESCC nutzen könnte. Letztlich wird die FDA-Entscheidung davon abhängen, ob sie die JUPITER-06-Daten als ausreichend repräsentativ und klinisch bedeutsam einstuft. Das deutliche OS-Plus (17 vs. 11 Monate) ist ein starkes Argument ; dennoch bleibt die Frage, ob die FDA angesichts der bereits etablierten Konkurrenzprodukte zusätzliche Daten (z.B. aus den USA) verlangen wird. |