Top-Thema 14.09.2006 13:12Interview: "Mutige Entscheidung"Ein Rückschlag, aber keine Katastrophe ist der Entwicklungsstopp beim Alzheimer-Wirkstoff EVT 301 für Evotec nach Ansicht von Patrick Fuchs. Der Analyst der DZ Bank sieht immer noch viel Potenzial in der Pipeline des Unternehmens. Patrick Fuchs, DZ Bank boerse.ARD.de: Herr Fuchs, die Evotec-Aktie rauscht am Donnerstag zweistellig abwärts. Zu Recht?
Patrick Fuchs: Sicher bedeutet die Nachricht zu EVT 301 einen gewissen Wertverlust für Evotec. Der Wirkstoff wird ja wegen unerwünschter Nebenwirkungen nicht weiter entwickelt. Andererseits ist es aber eine auch eine mutige Entscheidung, schon in dieser frühen Phase die Erforschung einzustellen. Evotec hat noch eine Reihe von Kandidaten, in die sinnvoll investiert werden kann.
boerse.ARD.de: Zum Beispiel?
Fuchs: Am weitesten fortgeschritten ist EVT 201, das gegen Schlafstörungen eingesetzt werden soll. In der klinischen Phase I hat es bereits gute Ergebnisse gezeigt. Noch in diesem Jahr dürfte hier die zweite klinische Phase beginnen. Es könnte das erste Medikament sein, dass von Evotec in diesem Bereich auslizenziert wird. Aber auch in der Alzheimer-Forschung, in dem es den Rückschlag bei EVT 301 gab, ist ein weiterer Kandidat in der Pipeline: EVT 302 dürfte in 12-18 Monaten so weit sein, wie EVT 301 zuletzt.
Außerdem rechnen wir damit, dass EVT 101, das über einen anderen Mechanismus als EVT 301/302 bei Alzheimer wirken könnte, Evotec von Roche zur weiteren klinischen Entwicklung in Phase II zur Verfügung gestellt wird. boerse.ARD.de: Wann ist den bei den Medikamenten-Kandidaten mit einer Marktzulassung zu rechnen?
Fuchs: Von der klinischen Phase II kann eine Marktzulassung noch drei bis fünf Jahre dauern. Aber das Ziel von Evotec ist es ja, bereits vorher einen Partner zu finden, der die Weiterentwicklung und Vermarktung übernimmt. Evotec betrachtet sich selbst eher als "Entwicklungsmaschine" in diesem Prozess.
boerse.ARD.de: Eine Reihe von Medikamenten hat Evotec von Roche gekauft. Wie hoch sind die Aufwendungen dafür zu veranschlagen.
Fuchs: Für EVT 301 und EVT 302 lag der Kaufpreis insgesamt bei rund fünf Millionen Euro. Zusammen mit den Forschungs- und Entwicklungskosten dürften also mit EVT 301 etwa vier Millionen Euro "verbrannt" worden sein. Das ist aber ein vergleichsweise geringer Betrag, wenn man sich vor Augen führt, das die Neuentwicklung einer Substanz bis in dieses Entwicklungsstadium leicht Kosten von 15-20 Millionen Euro verursacht.
boerse.ARD.de: Was hat Roche überhaupt veranlasst, diese Wirkstoffe an Evotec zu verkaufen?
Fuchs: Bei einem großen Pharmakonzern sammeln sich eine Reihe von Produkten an, die man nicht immer selbst weiter erforschen will. Gerade im Bereich Alzheimer hat Roche derzeit eine andere Stoßrichtung und versucht diese etwa in einer Kooperation mit Morphosys zu verfolgen.
boerse.ARD.de: Wie sehen Sie nun die Evotec-Aktie nach dem Rückschlag vom Donnerstag?
Fuchs: Ich habe den Titel nach wie vor mit "Kaufen" eingestuft. Das Kursziel habe ich allerdings von 4,50 Euro auf 4 Euro nach unten korrigiert.
Das Interview führte Andreas Braun http://boerse.ard.de/content.jsp?go=meldung&key=dokument_186000 |