US-Großbank: Schon wieder Ärger für JP Morgan Chase Die ertragsstarke US-Bank JP Morgan Chase kommt nicht zur Ruhe. Der neueste Vorwurf: Die Bank soll den Strompreis in Kalifornien und im Mittleren Westen manipuliert haben. Die amerikanische Aufsichtsbehörde geht energisch gegen die Bank vor. von Tim Bartz Frankfurt
Die US-Bank JP Morgan Chase soll die Strompreis in den USA ... Die US-Bank JP Morgan Chase soll die Strompreis in den USA manipuliert haben - dafür droht ihre jetzt eine satte Strafe
2012 könnte für JP Morgan Chase, dem Saubermann unter den amerikanischen Großbanken, zum Annus horribilis werden. Im Frühjahr hatte bereits die Fehlspekulation des Londoner Ablegers CIO für Schlagzeilen und den spektakulären Rausschmiss einiger Händler gesorgt, die mindestens 6 Mrd. Dollar in den Sand gesetzt hatten. Seither gilt Konzernchef Jamie Dimon, jahrelang das unangefochtene Sprachrohr der Wall Street, nicht mehr als unfehlbar und unumstritten. Und auch in Sachen Libor-Zinstricksereien wird gegen die Bank ermittelt.
Jetzt kommt neuer Ärger hinzu: Die Aufsichtsbehörde Federal Energy Regulatory Commission (Ferc) zieht gegen JP Morgan Chase zu Felde. Sie verdächtigt Mitarbeiter der Bank, den Strompreishandel in Kalifornien sowie Bundesstaaten des Mittleren Westens manipuliert zu haben. Händler der Bank sollen den Preis mit fingierten Geboten in die Höhe getrieben haben - zum Nachteil von Netzbetreibern, die ihren Schaden bereits auf 73 Mio. Dollar beziffern. Die Ferc untersagte der Bank, die die Anschuldigungen abstreitet, daher am Mittwochabend, bis April 2013 am Strompreisfixing mitzuwirken. Mit Strom handeln darf JP Morgan Chase in diesem Zeitraum allerdings weiterhin.
Die Ferc ist seit einiger Zeit auf dem Feldzug gegen Investmentbanken, die im Stromhandel mitmischen. Am härtesten bekam das bislang Barclays zu spüren: Die britische Bank soll zwischen 2006 und 2008 die Strompreise in Kalifornien manipuliert, auf diese Weise 35 Mio. Dollar verdient und den Steuerzahler um 140 Mio. Dollar geschädigt haben. Die Behörde verhängte eine Rekordstrafe von 470 Mio. Dollar gegen die Briten. In einem ähnlichen Fall hatte die Ferc den amerikanischen Energiekonzern Constellation zu einer Strafe von 245 Mio. Dollar verdonnert. Auch gegen die Deutsche Bank ermittelt die Ferc. Den Frankfurtern droht jedoch nur eine Strafe von 1,5 Mio. Dollar.
Harter Hund Der Ermittler Tom Olson heißt der Mann, der für die Aufsichtsbehörde Ferc im Mittleren Westen den Kampf gegen die Stromhändler ausficht. Und der Jurist meint es offenbar bitterernst: Laut seinem Linkedin-Profil hält er sich für einen "rastlosen Verteidiger des nationalen Energiesystems".
Mindestens genauso verärgert wie über die angebliche Preismanipulationen sind die Aufseher auch darüber, wie JP Morgan Chase mit ihnen kooperiert - nämlich so gut wie gar nicht nach Ansicht der Ferc. Der Zorn der amerikanischen Behörde ist sogar so groß, dass sie vor einem Bundesgericht beantragt hat, die Bank zur Herausgabe von insgesamt 25 internen E-Mails zu zwingen, von deren Inhalt sie sich neue Erkenntnisse erhofft.
Dabei geht es auch um Mailverkehr zwischen Blythe Masters, seit 2007 Chefin der Rohstoffsparte des Konzerns, und Francis Dunleavy, der den Rohstoffhandel der Bank verantwortet. Masters ist eine schillernde Figur an der Wall Street: Sie gilt als eine der "Erfinder" jener Kreditausfallversicherungen, die Starinvestor Warren Buffett für "finanzielle Massenvernichtungswaffen" hält, und hatte 2010 den Kauf des Öl-, Gas- und Metallhändlers RBS Sempra für 1,7 Mrd. Dollar vorangetrieben. Damit konnte JP Morgan seine Stellung an den Rohstoffmärkten ausbauen. Die Ermittlungen der Ferc rufen in den Vereinigten Staaten bereits Erinnerungen an die Energiekrise um die Jahrtausendwende wach. Auch damals hatte die Behörde gegen zahlreiche Energiehändler ermittelt, die den Strompreis künstlich in die Höhe getrieben haben sollen.
Schuld an den Engpässen waren seinerzeit vor allem die viel zu geringen Investitionen in Kraftwerke sowie die schlechten Leitungsverbindungen zwischen Kalifornien und anderen amerikanischen Bundesstaaten. Im Winter 2000/01 schließlich wurde der Strom in Kalifornien knapp und enorm teuer, vereinzelt kam es sogar zu Stromausfällen - in der Hauptstadt Sacramento stoppte der kalifornische Gouverneur seinerzeit medienwirksam die Beleuchtung des städtischen Weihnachtsbaums. |