sogar gemäß den Lehren von Karl Marx.
Der Kapitalismus "will" immer weiter wachsen. Mehr und mehr soll, ja "muss" es (gemäß Kap-Ökonomen) sogar sein.
Dies stößt auf einem Planeten mit begrenzter Oberfläche und begrenzten Ressourcen irgendwann auf Probleme.
In USA kam das organisches Wachstum um 1970 herum an seine Grenzen. Zuvor wurden in USA weltweit händeringend Arbeitskräfte gesucht, überall gab es potenzielles Mega-Wachstum, aber zig unbesetzte Stellen, die dieses Wachstum hemmten. Die Löhne in USA, mit denen auch Einwanderer angelockt wurden, haben sich von 1920 bis 1970 vervielfacht (Faktor 5, wenn ich mich recht entsinne).
Um 1970 herum war also der US-Arbeitsmarkt erstmals einigermaßen gesättigt. Dafür sorgten auch viele illegale Einwanderer (vor allem Latinos), die für wenig Dollars pro Stunde, weil ohne Papiere, die Drecks- und Erntejobs machten.
Doch die Gier des Kap auf mehr blieb ungebrochen. Wie konnte die Profit-Bonanza nun noch weiter gehen?
Der nächste große Joker waren Gewinne durch Inflationierung. Kaufe ein Haus günstig auf Kredit, ober finanziere eine Firma (idealerweise Franchising wie McDonald's) günstig auf Kredit, und schnell wirst du wegen der rapiden faktischen Geldentwertung reich. Deine Haus bzw. deine Firma behält mehr oder weniger seinen/ihren Realwert, der bei Inflation steigt. Aber die Schulden sind gedeckelt (weil bereits aufgenommen) und werden durch die Inflation schrittweise entwertet.
Es gibt freilich auch zahlreiche Loser im Inflationierungs-Gewinnsystem, und das sind die Billiglöhner oder Arbeitslosen, die kaum über die Runden kommen und kein Geld übrig haben, das sie inflationssichere Wertanlagen stecken können. Sie müssen aber trotzdem die ständig steigenden Mieten zahlen. Das gipfelt auch in D. im gegenwärtigen Mietwucher. Inzwischen muss manch eine(r) Zweidrittel seines Einkommens allein für die Miete hinlegen!
Fakt ist, dass die Reallöhne in USA und auch in D. seit etwa 1970 seitwärts laufen.
Von 1990 bis 2000 - in der Clinton-Ära - kam noch einmal eine technologisch bedingte Phase von realem Wachstum hinzu, weil die Computer und das Internet enorme Gewinn- und Wachstumsbringer waren. Doch nach der Dot.com-Krise (2000 bis 2002) verpuffte auch diese bislang letzte organische Gewinnwelle.
Fed-Chef Alan Greenspan sprach erstmals 2002 von "Deflation". Das war eine Lüge, weil die tatsächliche Geldentwertung ungebremst weiterlief. Der US-Staat inklusive seiner Notenbank macht aber Politik im Interesse der Reichen - indem er die Inflation leugnet oder viel zu niedrig veranschlagt (das steigert übrigens auch künstlich das BIP).
Die staatliche Schönrechnung der Inflation zeigt diese Webseite sehr schön: www.shadowstats.com/alternate_data/inflation-charts (Chart auch unten).
Alles Wachstum, was ab 1980 in USA stattfand - abgesehen von der realen Wachstumsphase von 1990 bis 2000 durch Computer/Internet - basierte darauf, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen immer weiter senkte, obwohl die Inflation faktisch hoch blieb. Es war also inflationäres Scheinwachstum.
Und um dieses Scheinwachstum am Laufen zu halten, mussten die Zinsen immer weiter gesenkt werden. Von fast 20 % im Jahr 1980 bis hin zu den Negativzinsen der jüngsten Vergangenheit.
Greenspan goss 2002 bewusst Öl in dieser Feuer, indem er die Zinsen auf 1 % senkte und die Amerikaner indirekt aufforderte, ihre (teils bereits abgezahlten) Häuser (erneut) zu beleihen (Helocs) - d.h. die Häuser sollten von den Amis als Geldautomaten missbraucht werden, um weiteres Wachstum "auf Pump" anzuschieben. Das Platzen der Dot.com-Blase, der letzten realen Wachstumsphase, wäre sonst allzu schmerzlich verlaufen.
Das Endergebnis von Greenspans haltloser Inflationierungs-Politik (inkl. Housing-Sause) war freilich die nachfolgende Subprime-, Housing- und Bankenkrise von 2008, die weltweit die Finanzwelt erschütterte und auch in D. zu vielen Bankenpleiten führte. Man sieht: Inflationierungsgewinne sind nicht nachhaltig, es gibt stets Dumme (z. B. die deutschen Landesbanken), die am Ende die Zeche zahlen müssen.
Als weiterer neuer "Profitdreh" kam in den Nuller Jahren die Produktionsverlagerung nach China hinzu. Solche Drehs sind immer besonders profitabel für diejenigen Kapitalisten, die zur Zeit dieses neuen Drehs sehr aktiv sind und die Trends anschieben.
In USA führte das Job-Outscourcing nach China nicht sofort zu hoher Arbeitslosigkeit, allerdings zu einer Verschlechterung der Jobqualität (weniger Facharbeiter, mehr Bullettenbrater und Kellner). Es gab aber noch genügend Kaufkraft, so dass Firmen wie Nike ihre Turnschuhe nun für wenige Dollars in China von Billiglöhnern fertigen lassen und in USA-Nike-Shops immer noch für 99 Dollar weiterverkaufen konnten.
Nach und nach wanderte infolgedessen aber immer mehr Fertigung nach China, bald auch Hochtechnologie. Und China machte tückischerweise auch stets den Know-How-Transfer zur Bedingung. Die Folgen habe ich in # 586 im Ökonomenthread beschrieben (Eisenbahn-Beispiel).
Der Riesennachteil, den das Job-Outsourcing nach China den Amis brachte, war, dass China sehr schnell in den Besitz von Technologie-Know-How kam und dank seiner billigen Arbeitskräfte inzwischen zu einem bedrohlichen wirtschaftlichen Konkurrenten für die USA (und Europa) herangewachsen ist. Im Telekom-Sektor wurde Huawei so stark, dass die Amis diese missliebige Konkurrenz nur noch mit Sanktionen im Zaum halten konnten.
Hauptprofiteure des Job-Outsourcing der Nuller Jahre waren diejenigen Kapitalisten, die damals auf diese Idee kamen. Für heutige Kapitalbesitzer, die ihr Kapital (wie gewohnt) mehren wollen, stellt sich inzwischen das Problem: Was bringt es noch, wenn ich mein Geld in USA investiere (bei den hohen Löhnen), wenn China die gleichen oder sogar noch bessere Produkte wesentlich günstiger auf dem Weltmarkt anbietet. Trumps Schutzzölle waren auch nicht die Lösung.
Die Outsourcing-Gier der Nuller-Jahre-Kapitalisten hat somit die unangenehme Spätwirkung, dass heutige Kapitalisten (sofern sie sich nicht mit denen der Nuller Jahre decken) mit erheblichen Wachstums- und damit Geldvermehrungs-Problemen zu kämpfen haben.
Und je stärker diese Wachstumsprobleme werden, desto stärker wird auch die US-Politik (egal ob Reps oder Dems) eingespannt, um die über lange Jahre „liebgewonne“ wirtschaftliche Vormachtstellung mit dem immer brutaler eingesetzten Sanktions-Knüppel am Laufen zu halten.
Man könnte kurz sagen: In USA hat sich eine Stamokap-Allianz formiert. Sie besteht aus US-Kapitalisten (inkl. Rüstungsindustrie), die mit Renditeproblemen kämpfen, und einem Staat, der mittels aggressiver Außen- und Sanktionspolitik die alte Vormachtstellung mit struktureller, nach außen gerichteter Gewalt aufrechtzuerhalten sucht.
Daher auch die Einmischung bzw. das aggressive Mitmischen der Amis in der Ukraine. Gelingt es, Russland zu destabilisieren, winkt heutigen US-Kapitalisten (und ihren "Brüdern" in GB, F und D) eine abermalige Gewinnbonanza: Eine Vasallenregierung im kriegsgescheiterten Russland könnte dem West-Kap Tür und Tor zu billigen Ressourcen öffnen – wie nach 2003 im Irak.
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