23.03.2010 14:59 Solar Millennium weiter im Fokus Der Rücktritt von Utz Claassen als Vorstandschef beim Solarunternehmen Solar Millennium sorgte in der vergangenen Woche für einen Kurssturz bei der Aktie. Mittlerweile gibt es auch eine Begründung für den Rücktritt. Durch seinen Anwalt ließ Claassen mitteilen, dass „es unterschiedliche Standpunkte zu Governance und zur Unternehmenskultur gegeben hat.”
Im Fußball nennt man so etwas Nachtreten und hat eigentlich die Rote Karte zur Folge. Hier hatte erst einmal das Unternehmen die Folgen zu tragen: nachdem sich die Aktie zunächst erholt hatte, ging es nach der Bekanntgabe der Meldung sofort wieder nach unten. Aktuell kämpft die Aktie mit der 22 Euro Marke. Damit notiert der Solarthermie-Wert knapp 50% unter dem Höchstkurs von Mitte Januar 2010.
Neben der Personalie gibt es noch Vorwürfe hinsichtlich der Bilanzierung bei Solar Millennium. Aus diesem Grund hat das Unternehmen nun gestern gemeldet, dass die Bilanzen der vergangenen Jahre nun von einer unabhängigen Stelle geprüft werden. Damit will das Management „alle Zweifel oder etwaige Fragestellungen” zu den Geschäftsjahren 2004/05 „restlos ausräumen”. Den Auftrag erhält die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte. Als Ergebnis wird dann eine gutachterliche Stellungnahme zur Ordnungsmäßigkeit der Konsolidierung vorliegen.
Damit reagiert das Unternehmen nun aktiv auf die Vorwürfe, die bislang hauptsächlich von de „Wirtschaftswoche” vorgebracht worden waren. Solar Millennium hatte die Vorwürfe bislang immer bestritten. Doch neben dem Imageschaden ist auch die Aktie in den vergangenen Monaten deutlich unter Druck geraten. Dabei sind die langfristigen fundamentalen Aussichten für die Solarthermie weiterhin gut. Das sieht auch Jason Channel Analyst von Goldman Sachs so, der gestern eine aktuelle Studie zu Solar Millennium vorgestellt hat. Doch auf Grund der aktuellen Diskussion um mögliche Bilanztricks hat er die Aktie von Buy auf Neutral herabgestuft und gleichzeitig das Kursziel von 37 auf 28 Euro gesenkt.
Deserctec mit vier neuen Partnern
Ein Aspekt beim langfristigen Wachstumspotenzial der Solarthermie im Allgemeinen und bei Solar Millennium im Speziellen ist sicherlich das Desertec-Projekt. Dafür konnte das Betreiberkonsortium erst gestern vier neue Partner vorstellen. Im Einzelnen sind das Enel Green Power, der Netzbetreiber Red Electrica de Espana, die Nareva Holding aus Marokko und Saint-Gobain Solar, eine Tochter des weltgrößten Baustoffkonzern aus Frankreich.
Damit hat die Desertec-Inititaive mittlerweile 17 Partner zu denen auch Solar Millennium gehört. Das ambitionierte Ziel der Initiative: in rund 30 Jahren sollen große solarthermische Kraftwerke in Nordafrika einen Großteil des europäischen Strombedarfs decken.
Dabei muss man sich eine Zahl vor Augen führen, die das enorme Potenzial dieses Projekts verdeutlicht: die Wüsten der Erde empfangen in 6 Stunden mehr Energie von der Sonne, als die Menschheit in einem ganzen Jahr verbraucht.
Schon jetzt gibt es aktuelle Studien u.a. vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die zeigen, dass in Wüstengebieten vor allem solarthermische Kraftwerke in spätestens 40 Jahren mehr als die Hälfte des dann anfallenden Strombedarfs in der EUMENA Region (Europe, the Middle East, North Africa) ökonomisch erzeugen können. Um den heutigen globalen Strombedarf von 18.000 TWh/Jahr zu decken, würde es reichen, drei Tausendstel der weltweit ca. 40 Mio. km² an Wüstenflächen mit Spiegel- oder Kollektorfeldern solarthermischer Kraftwerke auszustatten. Pro Mensch würden somit etwa 20 m² Wüste genügen, um den eigenen Strombedarf Tag und Nacht CO2-frei zu decken. Denn im Gegensatz zur Photovoltaik kann die Solarthermie, durch den Einsatz von gigantischen Wärmespeichern, rund um die Uhr Energie liefern.
Dennoch bleibt es spannend, ob Solar Millennium die Märkte bald wieder mit neuen Zahlen und erfolgreichen Projekten überzeugen kann oder ob die Personalie Utz Claassen das Unternehmen noch länger belasten wird.
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