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Atomunfall in Japan: Mehr Menschen verstrahlt als von Regierung angegeben
Tokio/Hamburg, 07.10.1999. Bei dem Atomunfall im japanischen Tokaimura waren wesentlich mehr Menschen gefaehrlicher Strahlung ausgesetzt, als die offiziell genannten 49 Personen, die sich waehrend des Ungluecks innerhalb der Atomanlage aufhielten. Ursachen sind eine sehr hohe Neutronenstrahlung auch ausserhalb der Anlage und die nur schleppend angelaufene Evakuierung der Bevoelkerung. Das ist das Ergebnis von Untersuchungen, die Greenpeace nach dem Unglueck vor Ort durchgefuehrt hat. Waehrend der unkontrollierten Kettenreaktion betrug die Strahlendosis im Umkreis von 175 Metern, also deutlich ueber das Gelaende der Atomanlage hinaus, noch durchschnittlich ein Millisievert pro Stunde. Ein Vielfaches des in Deutschland gueltigen Grenzwertes: Hier zu Lande darf die Strahlungsbelastung durch Atomanlagen fuer ein ganzes Jahr bei maximal 0,3 Millisievert liegen.
"Obwohl schon nach den ersten zehn Minuten des Unfalls klar war, dass eine unkontrollierte Kettenreaktion stattfindet, bei der grosse Mengen Neutronenstrahlung frei werden, warteten die Behoerden noch fast fuenf Stunden mit der Evakuierung", sagt Greenpeace-Energieexperte Jan Rispens in Tokio. "Schwer zu verstehen, warum dabei nur Personen innerhalb der Anlage Strahlung abbekommen haben sollen, da die Atomfabrik direkt an ein Wohngebiet grenzt. Moeglicherweise wurden ausserhalb der Anlage noch ueber 100 Menschen viel zu hohen Strahlendosen ausgesetzt."
Weder der Betreiber der Anlage, die Firma JCO, noch die japanischen Behoerden haben in den ersten sechseinhalb Stunden nach dem Unfall ueberhaupt Neutronenmessgeraete eingesetzt. Um die volle Strahlendosis unmittelbar nach dem Unfall festzustellen, untersuchte das Greenpeace-Team Kochsalz aus den Haeusern der Anwohner. Wenn normales Salz von Neutronen bombardiert wird, entsteht Natrium 24. Die Menge dieses Stoffes im Kochsalz gab Aufschluss ueber die Strahlenintensitaet direkt nach den Unfall.
Neutronenstrahlung ist eine der gefaehrlichsten Strahlungsarten ueberhaupt, vor der auch Haeuser keinen Schutz bieten. Die Menschen, die vom Zeitpunkt des Ungluecks bis zur Evakuierung in der naeheren Umgebung der Atomfabrik waren, muessen einer Strahlendosis von etwa fuenf Millisievert ausgesetzt gewesen sein. Prof. Dr. Wolfgang Koehnlein, Mitglied der deutschen Strahlenschutzkommission: "Fuenf Millisievert ist eine erhebliche Dosis. Dabei ist noch zu beruecksichtigen, dass nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen besonders die biologische Wirkung der Neutronenstrahlung bisher unterschaetzt wurde und die tatsaechlich wirksame Neutronendosis in Tokaimura zweifellos noch hoeher lag. Es ist daher zu befuerchten, dass der Unfall bei den Menschen Langzeitschaeden zur Folge hat".
Neben der Neutronenstrahlung fand das Greenpeace-Team auch die radioaktiven Stoffe Jod-131 und Jod-133 auf Pflanzen in unmittelbarer Umgebung der Anlage. Das zeigt, dass bei dem Unfall nicht nur Strahlung frei wurde, sondern auch radioaktive Stoffe, die sich im Boden und an Pflanzen abgelagert haben. Weitere Stoffe konnten bislang nicht nachgewiesen werden.
"Die Betroffenen muessen wie Strahlenarbeiter von Atomanlagen behandelt werden", fordert Rispens. "Die Menschen brauchen eine langfristige medizinische Aufsicht und muessen betreut werden." Rispens weiter: "Der Unfall in Japan zeigt, dass die Atomtechnik auch in hochtechnisierten Laendern unkontrollierbar ist. Die Realitaet hat die Ausstiegsdiskussion in Deutschland eingeholt. Das Schachern und Gefeilsche um Restlaufzeiten muss ein Ende haben und der Einstieg in eine umweltfreundliche Energieversorgung endlich beginnen".
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