Bundeskartellamt überprüft den Krankenhausmarkt
30.11.12 14:47 Nord LB
Hannover (www.aktiencheck.de) - Holger Fechner, Analyst der Nord LB, bewertet den Gesundheitsbereich nach wie vor mit dem Votum "positiv".
Nachdem der deutsche Krankenhausmarkt durch den zwar gescheiterten Übernahmeversuch von Fresenius (ISIN DE0005785604/ WKN 578560) bei RHÖN-KLINIKUM (ISIN DE0007042301/ WKN 704230) weiter in Bewegung geraten sei, habe das Bundeskartellamt nun angekündigt, den Markt genau unter die Lupe nehmen zu wollen. Dabei wolle das Amt vor allem die Pläne für Großfusionen, wie sie etwa der Gesundheitskonzern Fresenius verfolgt habe, sehr kritisch prüfen. Denn durch die geplante Übernahme wäre in Deutschland erstmals ein flächendeckender privater Klinikbetreiber mit mehr als 80.000 Mitarbeitern entstanden.
Sowohl die Fresenius-Tochter Helios (Umsatz 2011: EUR 2,7 Mrd.), wie auch RHÖN-KLINIKUM (Umsatz 2011: EUR 2,6 Mrd.) würden zu den führenden privaten Klinikbetreibern gehören. Allerdings seien die meisten Kliniken derzeit noch in öffentlicher oder freigemeinnütziger Hand. Im Ergebnis hätte der Zusammenschluss von Helios und RHÖN-KLINIKUM bundesweit nur einen Marktanteil von 7% bis 8% und lediglich regional eine höhere Marktbedeutung erreicht, sodass bei der Übernahme nur mit Verkaufsauflagen bei einzelnen Klinikstandorten gerechnet worden sei.
Das Kartellamt wolle "gerade in diesem Bereich sehr aufmerksam" prüfen, da auch Krankenhäuser Unternehmen seien. Dabei solle die Prüfung unabhängig davon erfolgen, ob die Träger der Krankenhäuser kirchlich, kommunal oder privatwirtschaftlich organisiert seien. Begründet worden sei das damit, dass es für die Patienten egal sei, welchen Träger ein Krankenhaus habe. Die Pläne von Fresenius bezüglicher der Übernahme von RHÖN-KLINIKUM hätten zudem gezeigt, welche Entwicklungen im Krankenhaussektor eintreten könnten. "Wir wissen nicht, was noch an Konzentrationswirkung auf uns zukommt", habe der Kartellamtspräsidenten Andreas Mundt gewarnt. Ziel des Amtes sei sicherzustellen, dass Krankenhäuser gute Leistungen zu guten Preisen erbringen würden.
Nachdem in den letzten Jahren vor allem Übernahmen einzelner Krankenhäuser im Vordergrund gestanden hätten, sei nun Bewegung in den Markt gekommen. Größere Übernahmen oder Zusammenschlüsse würden im Markt als möglich gelten und könnten einen Trend auslösen. Noch weise der deutsche Klinikmarkt eine geringe Marktkonzentration auf. Allerdings würden die Markteilnehmer zunehmend schwierigere Marktbedingungen beklagen. Dabei nehme vor allem der Kostendruck immer weiter zu. Doch stelle sich eine Konsolidierung in der Praxis aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen der Beteiligten im Allgemeinen als sehr schwierig dar.
Die Bereitschaft der Kommunen, ihre Krankenhäuser zu veräußern, sei nicht sehr ausgeprägt. Zudem sei die öffentliche Meinung zunehmend kritischer gegenüber Privatisierungen. Doch aufgrund des Kostendrucks in der Branche dürfte sich der Klinikmarkt in Deutschland in den kommenden Jahren grundlegend verändern. Die Klinikbetreiber würden durch Kooperationen, Fusionen oder Übernahmen größere Einheiten bilden, wobei der Anteil der privaten Klinikkonzerne weiter zunehmend werde. Entsprechend sei das Interesse des Kartellamtes folgerichtig.
Aufgrund seiner Größenordnung biete sich nur das MDAX (ISIN DE0008467416/ WKN 846741)-Unternehmen RHÖN-KLINIKUM als direkte Investition im Krankenhausmarkt an. Im Markt nehme RHÖN-KLINIKUM zwar eine Schlüsselposition bei der Marktkonsolidierung ein, doch sei auf eine schnelle Einigung der Beteiligten weiter nicht zu hoffen. Derzeit weise der Konzern eine schwierige Ertragssituation (Schon drei Gewinnwarnungen in GJ 2012) auf. Aus dem bereits verabschiedeten Restrukturierungskonzept würden sich jedoch auch Wachstumschancen für die nächsten Geschäftsjahre ergeben, sodass die Analysten derzeit unverändert zum Halten der Aktie von RHÖN-KLINIKUM raten würden.
Trotz der aufgrund der Q3-Berichte vorgenommenen Anpassung der Anlageaussichten einzelner Unternehmen sollte nach Ansicht der Analysten der Healthcare-Bereich insgesamt unverändert von seinen positiven langfristigen Trends profitieren, die selbst in Rezessionsphasen weiteres Wachstum versprechen würden. Entsprechend biete sich der Sektor sowohl für offensiv als auch defensiv strukturierte Depots an.
Die Analysten der Nord LB bestätigen ihr Rating "positiv" für die Healthcare-Branche. (30.11.2012/ac/a/m) |