"USA hui, Euroraum pfui? Das BIP-Wachstum und EUR-USD
In den USA brummt die Wirtschaft. Das haben die gestrigen Zahlen für das Wachstum im ersten Quartal eindrucksvoll bestätigt. Das US-BIP ist schon fast wieder auf dem Stand von vor Pandemie. Eine Entwicklung, die erheblich durch die Stimulusmaßnahmen der US-Regierung befördert wurde, was maßgeblich zur USD-Aufwertung im ersten Quartal beigetragen hat. Ganz anders sieht es da im Euroraum aus – die heutigen Zahlen dürften belegen, dass das BIP im ersten Quartal erneut geschrumpt ist und der Euroraum wieder in eine technische Rezession gerutscht ist. Aber das Licht am Ende des Tunnels wird heller: Das Impftempo zieht an und auch der EU-Recovery-Fund nimmt endlich Fahrt auf – womit auch im Euroraum der fiskalische Schub noch einmal zunehmen dürfte. Heute müssen alle Mitgliedsländer ihre Ausgabenpläne einreichen. Es ist zwar durchaus wahrscheinlich, dass es bei der anschließenden Prüfung zu einigen Verstimmungen kommt, aber die ersten Gelder sollten bald fließen. Das allein ist sicherlich nicht der Grund für die EUR-USD-Korrektur im April. Die ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass sich die Marktteilnehmer eben doch nicht ganz sicher sein können, dass die USA die Phase niedrigen Wachstums und niedriger Inflation dauerhaft überwunden haben – und damit bleibt das Risiko, dass die Geldpolitik in den USA sich zukünftig doch nicht so fundamental von der im Euroraum unterscheidet. Jetzt schon auf baldige Fed-Zinserhöhungen zu setzen, was einen deutlich stärkeren Dollar rechtfertigen würde, erscheint vielen Marktteilnehmern einfach doch noch zu mutig. Doch es hilft EUR-USD natürlich, dass die Abwärtsrisiken für den Euroraum geringer werden. Wie die heutigen Inflationszahlen zeigen werden, heißt das noch lange nicht, dass eine Normalisierung der EZB-Geldpolitik näher rückt. Die Kernrate liegt weiterhin näher an der Null-Linie als am 2%-Ziel. Aber je besser der Ausblick für die Euroraum-Wirtschaft wird, umso entspannter dürfte die EZB einen EUR-USD-Anstieg sehen. Und das ist eine Grundvoraussetzung für unsere Jahresendprognose von 1,23. Der Teufel liegt in der Erwartungsbildung – US-Zahlen bleiben USD-relevant Fed Chair Jay Powell hat den Devisenmarkt gut auf die heutigen Zahlen zu den persönlichen Ausgaben und dem PCE-Deflator vorbereitet: Ja, die März-Zahlen werden Stimulus-bedingt stark ausfallen, aber das wird keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Kurs der Fed haben und sollte damit auch den Dollar kaltlassen. Im Prinzip müssten Dollar-Händler die US-Daten in den kommenden drei Monaten komplett ignorieren, nachdem die Fed klar gemacht hat, dass diese durch Sondereffekte verzerrt sind, durch die die Zentralbank hindurchschauen wird. Doch der Finanzmarkt gilt nicht umsonst als vorausschauend, so einfach wird er es sich nicht machen. Die große Frage – dem ist sich auch die Fed bewusst – ist nämlich, wie sich die konjunkturellen Entwicklungen auf die Erwartungsbildung auswirken können. Erwartungen haben das Potenzial zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden, wenn angesichts einer höheren realisierten Inflation und eines vielversprechenden realwirtschaftlichen Rahmens auch zukünftig eine höhere Inflation erwartet wird und diese Erwartung in die Preissetzungsentscheidungen einfließt: aus einer erwartet höheren Inflation kann dann auch eine tatsächlich höhere Inflation werden, auf die die Fed reagieren müsste. Powell erklärte am Mittwoch, dass die Fed „ihre Instrumente“ einsetzen würde, falls die Inflationserwartungen aufgrund einer höheren Inflation nach oben driften. Die Fed, wir, und sicher auch die USD-Händler werden deshalb heute auch die Inflationserwartungen der University of Michigan Verbraucherumfrage genau im Auge behalten, zumal die marktbasierten Inflationserwartungen in den letzten Tagen bereits auf neue Hochs gestiegen sind."
Quelle: Alle Augen bleiben auf dem Dollar | Societe Generale ideas News
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