DJ Lufthansa könnte von American-Airlines-Problemen profitieren
18:25 02.02.12
DJ Lufthansa könnte von American-Airlines-Problemen profitieren
Von Kirsten Bienk DOW JONES NEWSWIRES
HAMBURG (Dow Jones)--Der Überlebenskampf der amerikanischen Fluggesellschaft American Airlines dürfte auch diesseits des Atlantiks aufmerksame Beobachter finden. Immerhin werden die Karten in der Luftfahrt mal wieder neu gemischt. In Deutschland wird sich der Ausgang des Überlebenskampfes dabei ganz unterschiedlich auf die einzelnen Akteure auswirken. Die Lufthansa könnte profitieren, sollte die US-Airline ihr Streckennetz zusammenstreichen oder gar ganz von der Bildfläche verschwinden. Air Berlin könnte dagegen ein wichtiger Partner verloren gehen.
Was schlecht für American Airlines ist, wäre indirekt gut für die Lufthansa, prognostiziert Analyst Stefan Kick von Silvia Quandt Research. Der Lufthansa komme zu Gute, dass sie mit verschiedenen US-Fluggesellschaften kooperiert und mit diesen gemeinsam Flüge anbietet, argumentiert Kick. Fällt nun mit American ein US-Wettbewerber weg, profitiert die Konkurrenz und damit Lufthansa.
Bei Air Berlin ist die Situation dagegen genau anders herum: Der Lufthansa-Wettbewerber kooperiert mit der insolventen American und ist so genannter Codesharing-Partner. Beide Gesellschaften bieten somit ihre Flüge unter gemeinsamer Flugnummer an. Reduziert American Airlines ihr Angebot, reduzieren sich auch die Wahlmöglichkeiten von Air-Berlin-Passagieren.
Lufthansa und Air Berlin wollten sich nicht zu möglichen Auswirkungen äußern. Lufthansa ist Mitglied des Luftfahrtbündnisses Star Alliance. Air Berlin ist Mitglied von oneworld, bei der auch American Airlines angesiedelt ist. Air Berlin und American Airlines hatten erstmals zum Winterflugplan 2010/11 Codesharing-Flüge ins Programm genommen.
Für Analyst Stefan Kick ist die Konsolidierung der amerikanischen Luftfahrtindustrie mit der Insolvenz von American nicht abgeschlossen. "Drei große Carrier sind für diesen Markt wahrscheinlich immer noch zu viel", sagte er. Neben American Airlines tummeln sich vor allem Maschinen von Delta Air Lines, Continental Airlines und United Airlines am Himmel. Continental und United haben sich bereits auf einen Zusammenschluss im Jahr 2013 verständigt.
Ein Ausscheiden von American Airlines würde der Analyst deswegen begrüßen. Die Airline, die einmal die größte der USA war, habe ihre Hausaufgaben in den vergangenen Jahren nicht gemacht. Im Gegensatz zu anderen Gesellschaften des Landes sei es ihr nicht gelungen, Ballast abzuwerfen und Kosten zu senken. Die Flugzeuge seien überaltert und müssten dringend ersetzt werden.
American Airlines hatte am Vortag mitgeteilt, dass sie im Zuge ihrer Sanierung viele Stellen streichen und einige Maschinen stilllegen will. Die Muttergesellschaft AMR hatte Ende vergangenen Jahres die Insolvenz angemeldet und Gläubigerschutz beantragt.
Eine Insolvenz ist für die amerikanischen Fluglinien dabei nichts Ungewöhnliches. Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler sagt, die US-Airlines hätten alle paar Jahre große Schwierigkeiten, sie seien schlechter finanziert und hätten ein schlechteres Management. Das mache sie anfällig, wenn es Probleme im Markt gebe. Außerdem achteten die amerikanischen Passagiere stärker auf die Preise als ihre europäischen Pendants. Einige europäische Carrier, wie beispielsweise Lufthansa, sieht Pieper bei Finanzen und Management besser aufgestellt.
Gleichwohl gibt es auch in Europa noch sehr viele kleine Airlines, die finanziell nicht so gut ausgestattet sind und bei Problemen schnell ins Trudeln geraten können. Aktuell stehen sie beispielsweise wegen der Einbeziehung in den Emissionshandel unter Druck.
Aus diesen Gründen sehen Marktbeobachter auch hier eine Konsolidierung. In Europa werde dies aber etwas länger als in den USA dauern, sagte Kick. Die USA seien eine Nation, während es in Europa viele Staaten und viele nationale Eigenarten, Gesetze und Vorschriften gebe. Deshalb brauche die Konsolidierung hier mehr Zeit. Konsolidierungskandidaten sind für ihn vor allem Spanair, Alitalia, Olympic, LOT und SAS.
Diese Entwicklung könnte dazu führen, dass in zehn Jahren nur noch Lufthansa, AirFrance/KLM und die International Airlines Group als große Carrier den europäischen Takt angeben, prognostiziert Kick. Daneben sieht er noch Ryanair und easyJet im Markt. Und Air Berlin, die von Etihad subventioniert werde.
Übernahmen in den USA durch ausländische Airlines wird es nach Einschätzung von Kick aber nicht geben. Das amerikanische Recht lässt Beteiligungen von über einem Viertel an amerikanischen Fluglinien nicht zu. Damit gebe es dann zu wenig Mitspracherecht für mögliche Investoren. Hier seien Kooperationen, wie Lufthansa sie unterhalte, sinnvoller.
Das zu geringe Mitspracherecht sei auch der Grund dafür, warum Deutschlands größte Airlines ihren Ausstieg aus dem US-Low-Cost-Carrier JetBlue erwägt. Wegen der geplanten Fusion von Continental und United und der bestehenden Zusammenarbeit im Nordatlantikverkehr sei die strategische Bedeutung des JetBlue-Engagements gesunken, hatte zudem Lufthansa-Vorstandsvorsitzender Christoph Franz vor geraumer Zeit gesagt. Eile beim Verkauf hat die deutsche Vorzeige-Airline aber nicht.
- Von Kirsten Bienk, Dow Jones Newswires, +49 (0) 40 3574 3116, kirsten.bienk@dowjones.com DJG/kib/kla/jhe
February 02, 2012 11:52 ET (16:52 GMT) ----------- Mit den Menschen ist es wie mit den Autos... Laster sind schwer zu bremsen... Heinz Erhardt www.hre-squeeze-in.de |