Frage - Antwort: ja.
"Würdest du 90% oder mehr (Gates, Zuckerberg) deines Vermögens einfach so irgendwelchen NGO-Strickpullis schenken und ihnen sagen, sie sollten mal irgendwas hübsches ihrer Wahl damit machen?"
Deine abfällige Vorstellung von der Arbeit von NGOs zeugt, wie so oft, von Weltfremdheit. Das sind keine 'Strickpullis' mehr, das sind hochprofessionelle Hilfsorganistaionen, die zumeist WIRKLICH edle Ziele verfolgen. Als Beispiel seien Ärzte ohne Grenzen oder Target e.V. (Klein, aber effektiv, gegen die Verstümmelung von Mädchen in der 3. Welt) genannt.
Die Bill Gates Stiftung hingegen, um mal Dein 'Idol' als Beispiel zu nehmen, finanziert sehr selektiv, z.B. in Malaria Mittel, und arbeitet dabei mit Unternehmen zusammen wie Monsanto, die für einige sehr unmenschliche Produkte verantwortlich sind (dioxinhaltige Entlaubungsmittel im Vietnamkrieg, u.a.), und das sind keine Wohltäter. Allzuhäufig wird in der Dritten Welt an Medikamenten geforscht, die Probleme in der Ersten Welt lösen helfen, und den beteiligten 'Partnerkonzernen' massive Umsätze und Gewinne verschaffen. Und manchmal ist es für diese Unternehmen dadurch einfacher gesetzliche Auflagen zu umgehen, und ihre Forschung an Kontrollen Vorbei zu betreiben. Zufällig.
Meine Kritik richtet sich an die Zweckbindung und den Hintergedanken das Vermögen der Reichen weiter einsetzen zu können, um die Gesellschaft im Interesse der Wohlhabenden kontrolliert zu wissen. In den USA dient das System dazu politischen Einfluss zu bewahren. Echte Philanthropen sind das dann aber eben nicht.
Zweckbindung: diese widerspricht m.E. dem Grundgedanken einer gemeinnützigen Spende.
Ein m.E. recht verständliches Beispiel: Wenn Du dem Bettler an der Ecke zehn Euro 'spendest', ist das ok. Ihm ist dadurch geholfen, er wird sehr wahrscheinlich das damit machen, was er am dringendsten benötigt. Wenn es Alkohol ist, nun gut - seine Entscheidung. Er ist sein eigener Herr.
Wenn Du das aber mit der Bedingung verknüpfst, dass er sich dafür Zigaretten oder Alkohol 'gönnen' soll, weil Du Aktien einens Zigarettenherstellers oder Spirituosenunternehmens besitzt, oder dass er sich ein Buch über IT kauft, um sich zu bilden, und einen Windows PC zu kaufen, dann ist das eben nicht ok.
Das ist arrogant, bevormundend und ein Eingriff in sein Leben - über die eigentliche Spende hinaus. Du willst dann nicht mehr helfen, sondern 'entscheiden' und 'formen', ganz so, als würde der Bettler nicht dazu in der Lage sein selber zu entscheiden, was für ihn wichtig ist (vielleicht Nahrung?). Das ist dann keine altruistische, gemeinnützige Hilfe, sondern Wirtschaft und Politik.
Und Steuersparmodell? Du bist doch sonst immer derjenige, der sich über Steuersparmodelle aufregt? Nun - bei Reichen siehst Du das anders? Durch die Stiftungen werden dem Staat Steuergelder vorenthalten, die er im Sinne der Gesellschaft, und entsprechend den in der Gesellschaft durch Wahlen gewünschten Prioritäten einsetzen könnte.
Wenn die Armut zu groß ist, dann kann es der Wille sein die Bildungsmöglichkeiten für alle zu verbessern. Was die Aufgabe des Staates sein sollte. Wenn aber irgend ein reicher Bubi meint, er macht eine Stiftung, um dann elitäre Bildungseinrichtungen zu gründen, in denen seine politischen Ziele gepredigt werden, dann hilft das der Breiten Masse nicht, im Gegenteil läuft das den eigentlichen Zielen der Gesellschaft zuwider.
Das dann steuerlich zu fördern oder zu schonen, das ist eher ein Zeichen für eine gelungene Lobbyarbeit. Surreal wird das dann, wenn Familienmitglieder über das Stiftungsvermögen weiterentscheiden dürfen. Dann wird der Unsinn richtig deutlich.
Du, ich, wir alle können eben nicht entscheiden was genau mit unseren steuern passiert. Und dieses Privileg den Reichen zuzugestehen, zum Schaden der Gesellschaft, das ist m.E. eine grobe Fehlentwicklung.
In den USA wird das seit Jahrzehnten so gelebt, das Dumme ist nur, dass das nun auch bei uns Überhand nimmt. Und das kann Dir nicht gefallen. Verständnis für den Wohlhabenden hin oder her. Auch er ist Teil unserer Gesellschaft, und sollte den selben Regeln und Gesetzen unterworfen sein.
Wie gesagt: sie können das ja machen, aber sie sind dann eben dennoch keine echten Philanthropen. Es steht Dir frei sie zu bewundern, aber auch dann sind es keine echten Philanthropen.
PS: und zum Begriff: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Philanthrop
"Hinsichtlich der philanthropischen Praxis distanzierten sich aufklärerische Kreise jedoch vom traditionellen Ideal der Barmherzigkeit aus Nächstenliebe. An die Stelle karitativer Notlinderung sollte die Beseitigung der Ursachen sozialer Übelstände treten."
"Im allgemeinen Sprachgebrauch wird heute Philanthropie oft auf ihren materiellen Aspekt beschränkt und mit Bereitstellung privater finanzieller Mittel für gemeinnützige Zwecke gleichgesetzt. Dabei denkt man in erster Linie an Großspenden und an die Errichtung von Stiftungen. Die Mittel kommen vor allem der Bildung, der Forschung, dem Gesundheitswesen, kulturellen Anliegen und der Bekämpfung sozialer Übelstände zugute. Kritiker beargwöhnen den starken politischen und gesellschaftlichen Einfluss großer Stiftungen, die nur den Zielen ihrer Gründer verpflichtet und nicht demokratisch legitimiert seien."
Eben das im letzten Satz Beschriebene kritisiere ich.
Das beseitigen von 'Ursachen sozialer Missstände' verfolgen nicht Stiftungs-basierte NGOs erheblich effektiver und intensiver, Stiftungen haben oftmals andere Ziele. Ob nun im Strickpullover oder nicht.
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