16.07.2019 - GBC Managementinterview mit Peter Arnoth, Vorstandsvorsitzender
(CEO) der cyan AG
Wir stehen weiterhin zu unserer Strategie, eine hochprofitable Wachstumsfirma
zu sein.
Unternehmen: cyan AG*5a,11
ISIN: DE000A2E4SV8
Analyst: Marcel Goldmann, Cosmin Filker
Aktueller Kurs: 26,15 16.07.2019, 11:14 Uhr)
Datum der Fertigstellung: 16.07.2019 (11:32 Uhr)
Datum der Erstveröffentlichung: 16.07.2019 (14:00 Uhr)
* Katalog möglicher Interessenskonflikte auf Seite 5
Am 10.07.2019 hat die cyan AG den erfolgreichen Abschluss einer Barkapitalerhöhung
im Volumen von rund 25,0 Mio. Euro (Bruttoemissionserlös) bekannt gegeben.
GBC hat im Zuge dessen ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden (CEO)
Peter Arnoth zur abgeschlossenen Kapitalmaßnahme durchgeführt.
GBC: Herr Arnoth, trotz einer erfolgreichen Kapitalerhöhung, bei der Sie 25 Mio.
Euro einwerben konnten, liegt der Kurs aktuell unter dem Ausgabepreis der Kapitalerhöhung
von 28 Euro. Ein Grund könnte sein, dass Aktionäre sich fragen, warum
Sie nach dem IPO vor einem Jahr, einer Kapitalerhöhung im Oktober letzten
Jahres und gleichzeitig hoher Profitabilität überhaupt Kapital benötigen.
Herr Arnoth: Die aktuelle Kapitalerhöhung ist ein sehr wichtiger Meilenstein in unserer
Erfolgsgeschichte. Der IPO-Erlös wurde dazu verwendet, die restlichen 49% an unserer
operativen Tochter zu kaufen, und die Kapitalerhöhung im Oktober war für die Akquisition
von I-New. Bisher hatten wir daher quasi kein externes Kapital für das operative Geschäft,
welches wir komplett aus dem Cashflow finanziert haben. Jetzt dank der soeben
erfolgten Kapitalerhöhung können wir was unsere Wachstumsmöglichkeiten angeht noch
schneller, flexibler und opportunistischer agieren als zuvor. Zudem ist eine starke Bilanz
sehr wichtig bei der Kundengewinnung, denn große Konzerne gehen schließlich eine
lange Partnerschaft mit uns ein und wollen sicher sein, dass ihr Technologielieferant
auch die nötige finanzielle Stabilität besitzt.
GBC: Aber sollten Sie nicht bei ihrem profitablen Geschäftsmodell genügend
Cashflow haben?
Herr Arnoth: In Tat haben wir ein sehr profitables Geschäftsmodell, aber Sie können als
CEO nicht bis ans Äußerste gehen was Liquidität und Risiko betrifft. Jetzt mit 25 Mio.
Euro freiem Kapital können wir noch aktiver sein was Neukundengewinnung, Aufbau der
Sales- und Supportmannschaft etc. betrifft. Zudem wollen wir deutlich mehr in Forschung
und Entwicklung investieren. Unsere Industrie verändert sich schnell, und wir wollen
nicht nur heute der Beste sein, sondern auch morgen.
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GBC: Wird die Profitabilität leiden, weil Sie die Kosten dramatisch hochfahren?
Herr Arnoth: Wir wollen die Kosten nicht dramatisch hochfahren, sondern klug investieren.
Wir sind gerade dabei, einen detaillierten Investitionsplan für die nächsten zwei
Jahre zu machen, und uns genau zu überlegen, was wir uns von welchen Investitionen
an Effekten versprechen. Und natürlich sind nicht alle 25 Mio. Euro für Investitionen
bestimmt. Wir haben uns einen guten Puffer gelassen für strategische Zukäufe, und das
Beispiel I-New zeigt, dass wir bisher ein gutes Händchen für Zukäufe hatten. Wir stehen
weiterhin zu unserer Strategie, eine hoch-profitable Wachstumsfirma zu sein.
GBC: Ca. 40% der cyan AG gehört den vorbörslichen Ankerinvestoren. Diese haben
mit Ihnen, aber auch mit der Berenberg Bank eine erneute Haltevereinbarung
abgeschlossen. Können Sie dies bitte genauer erklären.
Herr Arnoth: Am 1. April dieses Jahres, also 12 Monate nach dem Börsengang, war die
IPO-Lock Up für unsere vorbörslichen Ankerinvestoren ausgelaufen. Einige Banken
hatten dann an uns herangetragen, dass man unkontrollierte Verkäufe befürchte, weshalb
unsere Ankeraktionäre sofort bereit waren, eine neue, freiwillige 12-monatige Lock
Up gegenüber der Gesellschaft zu unterschreiben. Im Rahmen der aktuellen Kapitalerhöhung
haben unsere Ankeraktionäre jetzt noch zusätzlich eine Lock-Up gegenüber der
Berenberg Bank erklärt, die die Kapitalerhöhung begleitet hat. Diese Lock Up gegenüber
Berenberg gilt parallel zur bestehenden Lock Up gegenüber der Firma.
GBC: Es wurde kritisiert, dass Ihre Ankeraktionäre bei der Kapitalerhöhung trotz
dieser Lock Up bei genügend Nachfrage Anteile verkauft hätten.
Herr Arnoth: Es war ein häufig geäußerter Wunsch von neuen potentiellen Investoren,
dass der Free-Float und die Liquidität in der cyan-Aktie verbessert werden. Dies sprach
für einen weiteren Verkauf bei entsprechender Nachfrage. Die Lock Up Vereinbarung mit
der Firma sieht vor, dass der Aufsichtsrat einen Verkauf genehmigen kann, wenn entsprechende
Nachfrage in der Aktie vorhanden ist und der Verkauf den Markt nicht belastet.
Selbst wenn die Ankeraktionäre hier verkauft hätten, hätten sie den überwiegenden
Teil ihrer Anteile behalten - mit oder ohne Verkauf ist dies immer noch die größte Investorengruppe.
Unsere Ankeraktionäre haben übrigens sehr viel zum Erfolg der cyan beigetragen, insbesondere
im Zuge der I-New Akquisition und auch bei der Neukundengewinnung. Dennoch
muss uns als Firma klar sein, dass es am Ende Finanzinvestoren sind, die auch
mal Aktien verkaufen, um Liquidität für andere Investments zu haben.
Ganz untergegangen ist in der Diskussion, dass meine Vorstandskollegen und ich einige
Wochen vor der Kapitalerhöhung durch Ausübung von Optionen und jetzt nach der Kapitalerhöhung
am Markt eine signifikante Anzahl an Aktien für insgesamt knapp 5,5 Mio.
Euro gekauft haben.
GBC: Im letzten Jahr haben Sie die Guidance nur durch Sondereffekte geschafft
und lagen beim operativen Geschäft etwas hintendran.
Herr Arnoth: Die I-New Akquisition war ein extremer Gewinn für cyan, weshalb ich das
nicht alles unter Sondereffekte verbuchen würde. Aber natürlich haben Sie bilanziell
recht. Aus Managementsicht können wir uns nicht zweiteilen, und die Monate, die wir bei
I-New investieren mussten, haben uns im restlichen Geschäft gefehlt. Trotzdem war es
genau die richtige Entscheidung und I-New hat uns enorm vorangebracht. Ohne I-New
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hätte uns Orange nur aufgrund der damaligen Unternehmensgröße sicher nicht als
Partner ausgewählt.
GBC: Einige Investoren kritisieren, Ihre Zahlen seien zu intransparent.
Herr Arnoth: Dem kann ich so nicht zustimmen. Wir sind im Scale Segment notiert, und
bieten bereits heute deutlich mehr Transparenz als gesetzlich vorgeschrieben. Aber wir
sind selbstkritisch und wollen natürlich noch transparenter werden. Deswegen planen wir
für 2020 das Uplisting in den Prime Standard mit allen einhergehenden Anforderungen.
GBC: Geht dieses Jahr alles nach Plan oder kommt es zu Verzögerungen?
Herr Arnoth: Für mich gibt es nur zwei KPIs, die wichtig sind: Wie viele Vertragsabschlüsse
haben wir, und wann fangen diese Kunden auch an, Umsätze zu machen. Wir
sehen an T-Mobile Austria, wie mächtig und nachhaltig die Umsätze sind, sobald ein
Kunde unser Produkt ausrollt. Die Vertragsunterzeichnung mit Orange war natürlich der
Jackpot, und ich erwarte, dass Orange bis Ende des Jahres im ersten Land mit dem
Roll-Out startet. Zudem konnten wir in den letzten Wochen weitere Neukunden wie
Wirecard und Telecom Argentina vermelden.
Was im B2B2C Geschäft immer passieren kann ist, dass ein Kunde wie Orange einfach
mal 3 Monate später mit einem Roll-Out beginnt. Das können wir nicht kontrollieren, und
wird im Zeitverständnis eines Telekommunikationskonzerns nicht einmal als Verzögerung
angesehen. Wichtig ist, dass sie anfangen. Aber ich sehe aktuell keine Verzögerungen.
GBC: Können Sie das Potential mit Orange etwas genauer beziffern?
Herr Arnoth: Unsere aktuelle Planung sieht vor, dass wir in 2021 aufbauend auf den
bestehenden Kunden und vor allem auf der Partnerschaft mit Orange mindestens eine
Verdreifachung des Jahresumsatzes 2018 auf über 60 Mio. Euro erreichen. Sollte Orange
im Roll-out noch schneller sein, was ich mir gut vorstellen kann, könnte dieser Wert in
Kombination mit unserer gerade neu gewonnen Liquidität und einem damit einhergehenden
noch schnelleren Wachstum auch übertroffen werden.
GBC: Wie schaut es generell an der Kundenfront aus? Beim IPO hatten sie mit
einer Pipeline von knapp 50 Kunden geworben.
Herr Arnoth: An der Kundenfront sieht es sehr gut aus, wir haben mittlerweile ca. 100
Leads in Bearbeitung. Besonders die Validierung durch Orange hilft uns dabei sehr
eine bessere Referenz gibt es kaum. Telecom Argentina und Wirecard sind ja bereits
sehr positive Ergebnisse daraus. Und ich bin zuversichtlich, jetzt im zweiten Halbjahr
weitere Erfolge zu präsentieren.
GBC: Herr Arnoth, vielen Dank für das Gespräch.