Hallo, ich bin neu hier und überhaupt kein Börsenexperte. Aber: Ich arbeite seit 20 Jahren als Kreativer in der deutschen Film- und Fernsehbranche. Und deshalb die Bitte um eure Einschätzung zur RTL Group: Ich überlege, ob ich erneut Knock out Zertifikate (Trade Republic) von RTL kaufen soll, also, ob ich auf fallende Kurse setzen soll. Ich nehm mal kein Blatt vor den Mund: Ich kenne aus der kreativen Zusammenarbeit etliche von den Fiction Redakteuren, die das fiktionale Programm (also hauptsächlich Serien) von RTL und Vox verantworten und verfolge ihre Produkte. Das Führungsteam von RTL hat im fiktionalen Bereich viel probiert, und das meiste ging in den letzten Jahren völlig in die Hose. Es wurden und werden Programme gemacht, die teuer sind und völlig untergehen - völlig unabhängig, wie viel zahlenden Streaming-Abonnenten es offiziell gibt. Der beste Beleg dafür: Die Anzahl an Bewertungen bei IMDB (internet movie date base – wird weltweit genutzt; imdb.com). Vier aktuelle Beispiele von aufwendig produzierten RTL-Streaming-Serien: „Ze Network“ (mit David Hasselhoff): 150 Bewertungen, „Zwei Seiten des Abgrunds“ (334 Bewertungen), „Club las Piranjas“ (nicht der alte Film, sondern neue, gleichnamige Serie mit Hape Kerkeling): 112 Bewertungen „Friedmanns Vier“ (mit Tom Beck von Cobra 11): 46(!) Bewertungen. Zum Vergleich deutsche Netflixproduktionen mit vergleichbarem Produktionsbudget: „Liebeskind“ (21.575 Bewertungen), „1899“ (104.783 Bewertungen; und ja, auch wenn’s gefloppt ist - war teuer), „Kleo“ (12.579 Bewertungen). Lange Rede, kurzer Sinn. Diese Zahlen zeigen: Die RTL-Serien laufen unter ferner liefen. Sie haben keinerlei Relevanz beim Kunden. Schlussfolgerung: RTL hat es bis dato überhaupt nicht hinbekommen, Kunden für seinen Streaming-Dienst zu binden. RTL HAT KEINE CHANCE, SICH ALS STREAMING-ANBIETER DURCHZUSETZEN. Es gibt ja bereits 80 Millionen „Streaming-Kunden“ in Deutschland. Nämlich die, der Öffentlich-Rechtlichen (ARD, ZDF – beide investieren massiv in ihren Mediatheks-Content). Streamer wie Netflix und Disney bieten zudem neben deutschem Content internationale Hits und weltbekannte IPs („Squid Game“, Marvel-Serien, Pixar-Filme etc.) Warum sollte irgendjemand ca. weitere 10 Euro im Monat für das Streaming-Angebot von RTL ausgeben, zumal es ja offensichtlich nicht gelingt, das Publikum zu erreichen? Das werbefinanzierte Altgeschäft von RTL (also lineares Fernsehen) läuft natürlich noch, aber es schrumpft und ist einfach auf Dauer nicht konkurrenzfähig. Lineares Fernsehen bedeutet: Fernsehen zur fremdbestimmen Uhrzeit. Wer will das auf Dauer, wenn er Fernsehen auf Knopfdruck immer und überall hat? Hinzukommt: Deutschlands Wirtschaft wandert gerade in den Keller – bedeutet: Weniger Werbeumsätze. Auch für RTL. Fazit: Das Altgeschäft stirbt langsam, das Neugeschäft ist ein Rohrkrepierer. Ich sehe überhaupt keine Perspektive für RTLs Geschäftsmodell und überlege, ob ich massiv auf fallende Aktienkurse setze. Habe ich was übersehen? |