Die Leitzinsen sind in der Eurozone bei nahe Null und in USA bei über 3 % - eine riesige Differenz. Bei der nächsten Fed-Sitzung am 19. Dez. wird die Differenz höchstwahrscheinlich noch größer.
Die EZB wird der Fed bei den Leitzinserhöhungen - wenn überhaupt - allenfalls im Schneckentempo folgen. Bis wir hierzulande (wieder) 3 % Rendite sehen, könnten noch viele Jahre vergehen.
Vielleicht kommen 3 % auf Bunds sogar NIE wieder, solange es den Euro gibt. Kein Wunder, dass Schäuble immer so begeistert vom Euro war. Die Bundesregierung spart dank der EZB-Nullzinspolitik jährlich zig Milliarden in Zinsen. Dies ist ein Garant für weitere "schwarze Nullen", mit der sich der jeweilige deutsche Finanzminister - zu Unrecht! - als Verdienst für vermeintlich haushälterisches Wirtschaften schmücken kann.
Mit deutschen und US-Staatsanleihen vergleicht man somit Äpfel und Birnen. Man erkennt es schon an den unterschiedlichen Renditen: US-Staatsanleihen rentieren bei knapp 3 %, deutsche Staatsanleihen (Bunds) bei 0,25 %. Zudem läuft der Rendite-Trend bei den Bunds (Chart unten) seitwärts bis abwärts in Richtung Negativzinsen.
FAZIT: Dass der Bund-Future (Chart in # 915) der Kursentwicklung der 10j.-US-Staatsanleihen (Chart in # 916) sklavisch folgt, ist lächerlich bis hirnrissig.
Die einzige (Pseudo-)Begründung wäre: Wenn sich die Weltkonjunktur abkühlt, steigt normalerweise die Nachfrage nach sicheren Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit. Die bringen in USA, wenn man sie aktuell kauft, immerhin noch knapp drei Prozent sichere Zinsen über 10 Jahre. In einer Rezession würde die Fed die Leitzinsen senken. Dann würden US-Staatsanleihen relativ zu Cash noch attraktiver. Die Rezessionserwartung ist einer der Gründe, warum die Zinskurve in USA aktuell invertiert.
Theoretisch ließen sich diese Überlegungen zwar auf Europa und D. übertragen. Hierzulande herrscht jedoch noch immer keine Normalität. Denn die Leitzinsen sind in der Eurozone bei Null, und Bunds rentierten mit einer Mickerrendite von 0,25 % (Chart unten). D.h. es spielt in D. kaum eine Rolle, ob man Nullzinsen auf Cash oder Fast-Nullzinsen auf 10-jährige Staatsanleihen erhält. In beiden Fällen wird man von Draghis "Sollinflation" von rund 2 % gemolken bzw. um sein Erspartes betrogen.
Eine Flucht in deutsche Staatsanleihen wäre nur dann sinnvoll, wenn die EZB - wie die schweizer SNB - künftig deutlich negative Leitzinsen einführen sollte. Das könnte z. B. in der nächsten Euro-Finanzkrise passieren. Dann würde man sich mit den Bunds (so absurd dies klingt) die Nullrendite "retten". Allerdings geht du ja gerade NICHT davon aus, weil du behauptest, die EZB würde der Fed mit den Leitzinserhöhungen bald folgen. Diese Mär spinnt vor allem die Finanzindustrie, die eine Rückkehr zur Normalität nach dem 2008-Fiasko, dessen Nachbeben weiter wirken, geradezu ersehnt. |
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