Ich bin zwar auch überhaupt nicht der Meinung von Apple, aber persönlich werden ist für mich immer ein Zeichen dafür, dass einem die Argumente ausgehen. Ich versuchs mal auf der Diskussionsebene zu erklären, warum ich an eine Pleite und an ein vollständiges Abschreiben der Anlagen nicht glaube. Es mag stimmen, dass 1 Mrd. der Invesitionen noch ausstehen und noch nicht in den Büchern sind. Aber eben diese Investitionen sind weiter in die Zukunft verschoben worden und könnten meiner Meinung nach theoretisch vollständig gecancelt werden, wenn die Lage so mies bleibt wie sie derzeit ist. Ich glaub aber nicht, dass sie so mies bleibt, wie sie ist. Und selbst wenn denke ich, dass ein modernes Werk eines Technologieführers zu laufenden Betriebskosten produzieren könnte, bei denen alle anderen schon längst die Grätsche gemacht haben und vom Markt verschwunden sind. Oder andersrum gesagt: wenn die Poly-Preise so niedrig sind, dass andere gerade die Betriebskosten drin haben, bleibt bei Wacker immer noch genug als Deckungsbeitrag für die Investitionskosten hängen. Ein weiterer Punkt, den ich nach viele Jahren Tätigkeit im industriellen Produktionssektor sagen kann: Ein solches Werk für ein Spezialprodukt (polykristiallines Silizium) kann definitiv auch zur Herstellung anderer Spezialprodukte (hier: andere High-Tech-Materialien) verwendet werden. Die spezialisierten Anlagen für Poly-Si wären dann sicher ein Totalverlust, aber die machen ja nicht 100% der Investitionskosten aus. Grund und Boden, Gebäude, Haustechnik, Logistik, sogar Personal kann nach Anpassung/Umschulung auch einfach andere Produkte herstellen, z.B. Spezialpolymere. Wenn Du ein Sushi-Lokal in einer deutschen Stadt eröffnest und Sushi kommt total aus der Mode, wird der Laden ja auch nicht abgerissen und das Grundstück verschenkt. Dann kommt da halt ein Italiener oder ne Pommesbude rein. Klar brauchen die wieder Investitionen, aber die vorherigen Gesamtinvestitionen sind doch kein Totalverlust. Ich denke auch, dass die Managemententscheidungen beim Poly aus derzeitiger sicht Fehlentscheidungen sind. Aber bei seriöser Planung sind auch Totalabschreibungen nicht existenzbedrohend. Zitat aus #1858: "Schulden werden weiter steigen, Eigenkapital wird abnehmen, EBITDA wird weiter fallen, Kapitalkosten steigen". Kann ich alles unterschreiben, aber wer sagt, dass das für die Firma gefährlich wird? Die EK-Qoute ist immer noch exzellent hoch >40% und der Verschuldungsgrad entsprechend überschaubar. EBITDA ist erfahrungsgemäß ein sehr volatiler Parameter (kann also genaus schnell wieder hoch gehen wenn die Kostenbasis sinkt) und die Kapitalkosten stehen ja auch immer in Relation zum allgemeinen Zinsniveau, welches nun wirklich nicht hoch ist. Andersrum gefragt: Wie sieht die Sache denn hier aus, wenn die Angebotsseite tatsächlich konsolidiert und sich der Preis erholen sollte? Dann sind die einzigen Investitionen die in die neuen Werke noch nötig sind ein paar Schubkarren um die eingenommene Kohle rumzufahren. Ich sehe die Risiken, aber eben auch die Chancen. Und wenn ich beides abwäge, komme ich beim momentanen Preisniveau zu einem anderen Ergebnis als Apple. --- Nur meine Meinung, keine kauf- oder Verkaufsempfehlung |