"Entspricht in etwa jenen Gentheorien Sarrazins, mittels derer er biodeutsche Hartzer auf die Funktion einer genetisch erworbenen Unterschichtenexistenz zurückführen wollte. Für seine Fans: Das war bevor er 'den Muslim' entdeckte."
Nein, Sarrazin ist raffinierter. "Den Muslim" hatte er schon von Anfang an im Visier. Aber dieses Feindbild wird nur dann willig übernommen, wenn er es professionell vermittelt: Sarrazin weiß, dass seine bürgerliche-saturierte Klientel (CDU- und FDP-Wähler, rechte SPD) einen fetten Standes- und Bildungsdünkel hat -- und, sofern sie der Oberschicht angehört, aufgrund ihres in 80 % der Fälle ererbten Vermögens auch vor großen Rechtfertigungsproblemen ("Verteilungsfragen") steht.
Also führt er seine Stigmatisierung zunächst einmal "klassistisch" an den Hartzern vor, die er als unmotiviert, arbeitsscheu, bildungsfern, pöbelhaft, unflexibel, gefräßig, dumm und anmaßend darstellt, viele Beispiele aus seiner Zeit als Berliner Senator zitierend. Da kann er sich ziemlich sicher sein, dass seine Zielgruppe lautstark applaudiert. Und natürlich, führt Sarrazin - nunmehr in seiner Zweitrolle als Hobbygenetiker - fort, liegt es an den Genen, die gemäß den "Mendel'schen Gesetzen" (LOL) bestimmen, wo jemand in der gesellschaftlichen Hackordnung am Ende landet.
Ist diese Pille erst einmal serviert und geschluckt, kann Sarrazin zum nächsten - und eigentlichen - Schlag ansetzen: Auch Muslime seien als "Ethnie" (LOL) genetisch IQ-benachteiligt, was dann zwangsläufig dazu führt, dass sie nach (illegaler) Einwanderung oft als Sozialfälle enden. Dies hat dann später auch die AfD willig aufgegriffen mit ihrem Slogan von der "Einwanderung in unsere Sozialsysteme".
Das Schöne ist, dass Leute, die Muslime aufgrund dieses argumentativen Kunstgriffes nun ablehnen, nicht mehr befürchten müssen, als "Rassisten" oder "religiös intolerant" gebranntmarkt zu werden. Sie sind einfach nur praktizierende Hobby-Genetiker wie Sarrazin selbst. |