Griechische Banken bluten aus Seit dem Beginn der Krise summiert sich die Kapitalflucht auf 100 Mrd. EUR
Die Liquiditätslage der gr. Banken wird immer prekärer. Wegen der politischen Verunsicherung seit dem Amtsantritt der Links-Rechts-Regierung von A. Tsipras und der Angst vor einem bevorstehenden Staatsbankrott räumen Privatkunden und Unternehmen ihre Konten. Seit sich im vergangen Dez. die vorzeitigen Parlamentswahlen und der Sieg des radikal-linken Bündnisses Syriza abzuzeichnen begannen, sind die Einlagen der privaten Haushalte und Unternehmen bei den gr. Banken um fast 26 Mrd. Euro geschrumpft.
Den Höhepunkt erreichte der Bank-Run im Wahlmonat Januar mit Abflüssen von 12,2 Mrd. Euro. Im Februar zogen die Kunden nach Angaben der EZB weitere 7,8 Mrd. ab. Und im März flossen nach Angaben in Bankenkreise über 3 Mrd. ab. Damit dürften die Depositen der gr. Banken - also die kurz- und mittelfristigen Einlagen - aktuell nur noch 137,4 Mrd. Euro betragen. Zum Vergleich: Vor dem Beginn der Krise waren es im Dezember des Jahres 2009 noch 327 Mrd. EUR. Für die zuletzt wieder verstärkte Kapitalflucht spricht die überraschend starke Ausweitung der Ela-Notkredite an die gr. Banken am vergangenen Mittwoch: Nach Informationen aus Finanzkreisen hat die EZB den Rahmen deshalb von 69,8 auf über 71 Mrd Eur erhöht. Die Richtlininen der Zentralbank erlauben die Kreditvergabe nur an grundsätzlich solvente also finanziell gesunde Banken "mit vorübergehenden Liquiditätsproblemen".
Für Hellas' Banken sind die Ela-Kredit der gr. Notenbank zur wichtigsten Finanzierungsquelle geworden. Für andere Refinanzierungsgeschäfte fehlen ihnen die Sicherheiten. Die Notkredite entsprächen etwa den Kapitalabflüssen, berichten Finanzkreise. Weegn der angespannten Lage entscheidet der EZB-Rat inzwischen wöchentlich über das Limit für die Ela-Kredite. Vor allem die Bundesbank steht ihnen kritisch gegenüber.
Insider vermuten, dass nur etwa ein Viertel der abgezogenen Gelder ins Ausland fließt. Kapitalverkehrsbeschränkungen im Zahlungsverkehr mit dem Ausland dürften deshalb wenig bewirken. Die Regierung will davon auch nichts wissen. "Wir werden kein zweites Zypern", heißt es im gr. Finanzministerium. Eine Anspielung auf den März 2013, als auf dem Höhepunkt der zypr. Finanzkrise die Banken über eine Woche lang geschlossen blieben und dann auf Kosten der Aktionäre und Einleger rekapitalisiert wurden. Die damals eingeführten Beschränkungen von Auslandsüberweisungen und Abhebungen wurden erst jetzt großteils wieder aufgehoben.
Der Verband der gr. Tourisitikunternehmer warnt vor den negativen Folgen von Kapitalverkehrskontrollen. Sie hätten schon in Zypern Urlauber verprellt. Dennoch könnte die Regierung gezwungen sein, Kontrollen einzuführen, um ein Ausbluten der Banken zu verhindern. Das meiste in den vergangenen Monaten abgezogene GEld bunkern Privatkunden als Bargeld in Schließfächern, privaten Safes oder in Verstecken in ihren Wohnungen. Das berechtigt die Banker zu der Hoffnung, dass zumindest ein Teil der abgezogenen Gelder wieder auf die Konten zurückfließen wird, so bald das Vertrauen in die Politik und die Zukunft des Landes in der Währungsunion zurückgekehrt ist. Momentan kann davon jedoch keine Rede sein.
Wegen der schwierigen Wirtschaftslage könnte auch die Quote der notleidenen Kredite weiter steigen, die nach Schätzungen aus Bankenkreisen aktuell bei rund 37 Prozent liegt. Im Klartext: Darlehen im Volumen von fast 80 Mrd. EUR werden nicht mehr bedient. Einlagen von insgesamt 137 Mrd. EUR standen Ende Februar Kredite über rund 213 Mrd EUR gegenüber. Um für etwas Luft zu sorgen, haben Großbanken vergangenes Jahr Rückstellungen über 2,3 Mrd. Euro vorgenommen für Kredite, die sie für verloren halten.
Liquidität wird den Geschäftsbanken inzwischen zudem dadurch entzogen, dass der Staat öffentliche Unternehmen drängt, ihre Barreserven in kurzfristige Schuldtitel zu investieren. So hofft FInanzminister Yanis Varoufakis, einen drohenden Zahlungsausfall hinausschieben zu können.
Außerdem: Körperschaften wie die staatliche Arbeitsverwaltung OAED und die Regionalverwaltung der Provinz Attika transferierten vergangene Woche rund 200 Millionen von Geschäftsbanken auf Konten bei der gr. Notenbank. Damit hat der Staat Zugriff auf die Gelder. Der gr. Wirtschaft werden diese Mittel fehlen. Sie braucht das Geld für Kredite, um wachsen zu können.Handelsblatt, 1.april 2015 |