Die Macht der FHFA-Zwangsverwaltung ist nach Scotus deutlich gestiegen.
Neu ist, dass jeder frisch gewählte US-Präsident sofort nach Amtsantritt den amtierenden FHFA-Direktor(in) nach Belieben feuern und durch einen ihm politisch genehmen Nachfolger ersetzen kann. Bislang wurden FHFA-Direktoren auf fünf Jahre gewählt und konnten nur bei schwerwiegenden Amtsvergehen entlassen werden.
Wieso ist das wichtig?
HERA hat für Fannie und Freddie eine Sondersituation geschaffen. Grundsätzlich erlaubt HERA, dass FHFA und US-Schatzamt (aktuell Yellen) jederzeit - und ohne den US-Kongress befragen zu müssen - umfangreiche Veränderungen am Status von Fannie und Freddie vornehmen können. Dazu reicht eine bloße "Briefvereinbarung" zwischen FHFA und Schatzamt. Sogar eine SPS-Streichung, Freilassung und KE sind per Briefvereinbarung (Amendment) jederzeit möglich.
Voraussetzung ist freilich, dass sich der FHFA-Direktor und das Schatzamt hinsichtlich dieser Maßnahmen EINIG sind. Einig werden sie in der Regel nur, wenn der FHFA-Direktor und der Wirtschaftsminister aus dem gleichen politischen Lager kommen, also keine widerstreitenden Interessen haben.
Vor Scotus gab es einen zeitlichen Aufschub, weil der neue Präsident erst noch abwarten musste, bis die Amtszeit des von seinem Vorgänger eingesetzten FHFA-Präsidenten endete. Trump konnte seinen Favoriten Mark Calabria erst 2019 ernennen, als die 5-jährige-Amtszeit des 2014 von Obama ernannte FHFA-Direktor Melvin Watts abgelaufen war.
Aufgrund der Scotus-Opinion entfällt dieser Aufschub nun. Biden konnte noch am Tag der Verkündung Calabria entlassen.
Damit haben der jetzige FHFA-Direktor* und Yellen die Macht, praktisch schon morgen ein Papier aufsetzen, indem sie z B. einvernehmlich die Freilassung und KE beschließen, und weder der US-Kongress noch irgendein US-Gericht hätte ein Veto-Recht. Und sie würden sich auch schnell "politisch einig", weil sie ja beide Demokraten sind.
(* ob die Interim-Direktorin Thompson es darf, ist allerdings fraglich, vermutlich muss Biden ersten einen neuen ständigen FHFA-Direktor ernennen, das wird entweder Thompson oder Mike Calhoun sein)
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Diese Entwicklung ist für Biden im Prinzip sehr erfreulich. Weniger erfreulich hingegen ist für ihn, dass von dem gleichen HERA-Machtzuwachs auch ein möglicherweise auf ihn folgender Rep-Präsident profitiert. Dieser neue Rep-Präsident könnte ebenfalls sofort einen ihm genehmen FHFA-Direktor ernennen und zusammen mit dem Rep-Schatzamt eine Briefvereinbarung formulieren, die das Ganze in eine völlig andere Richtungen lenkt.
Die Dems und Reps haben sehr unterschiediche Vorstellungen davon, wie FnF nach einer Freilassung aussehen und agieren sollen.
- Geht es nach den Reps, werden FnF so klein wie möglich gehalten, damit ein möglichst großer Anteil des 11-Billionen-Dollar-Hypotheken-Marktes in USA an Privatbanken geht. Denen würde auf diese Weise mehr Geschäftsvolumen zugeschanzt. Privatbanken verlangen höhere Zinsen und verdienen daher auch mehr an den Krediten. Die Reps halten FnF für "sozialistisch", weil durch die implizite Staatsgarantie für die MBS das Zinsniveau der von FnF aufgekauften Kredite "künstlich" niedrig gehalten werde. Das widerspricht ihren Vorstellungen vom "freien Markt".
- Geht es nach den Dems, sollen FnF so groß werden wie möglich und möglichst viel vom 11-Bio-Hypo-Kuchen erhalten. Ziel der Dems ist, möglichst vielen Amerikanern, auch solchen mit niedrigerem Einkommen und solchen aus benachteiligten Ethnien (Schwarzen/Latinos) die Möglichkeit zu geben, sich ein eigenes Haus zu kaufen. Damit dies gelingt, sollen FnF das Hypozins-Niveau für Hypokredite, die über FnF laufen, möglichst niedrig halten und es über 30 Jahre festschreiben. Die Dems sehen dies nicht als "sozialistische" Politik, weil die Staatsgarantie für die MBS nur eine vertrauensfördernde - und auch politisch willkommene - Maßnahme sei.
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Wegen der deutlich gestiegenen HERA-Macht, die die jeweils amtierende US-Regierung nach Scotus erhalten hat, kann - solange HERA gültig ist (HERA endet mit der Freilassung) - relativ leicht, schnell und unter Umgehung des US-Kongresses die oben beschriebenen Weichenstellung vorgenommen werden.
Hat eine US-Regierung diese HERA-Macht erst einmal ausgeübt und die Freilassung gemäß ihren Vorstellung initiiert, kann die Nachfolgeregierung kaum noch etwas daran ändern, weil HERA nach der Freilassung endet und weitere grundlegende Änderungen danach nur noch mit der "Ochsentour" über den US-Kongress möglich wären.
FAZIT: Wenn Biden es in seiner Amtszeit nicht schafft, werden es die Reps in ihrer nächsten Amtszeit umsetzen, und zwar nach Prämissen, die den Dems nicht passen. Die durch Scotus gesteigerterte "HERA-Macht" setzt die Demokraten somit unter akuten Handlungszwang.
Das ist für die Altaktionäre im Prinzip eine positive Entwicklung, weil die seit 13 Jahren betriebene Verschleppungsstrategie nun politisch gefährlich geworden ist. Weiterhin erhält die Regierung seit 2019 die Gewinne von FnF nicht mehr, weil diese seitdem für die EK-Aufstockung einbehalten werden dürfen (NWS-Pausierung). Abwarten und Tee trinken bringt der Regierung damit auch keinen Geldsegen mehr. |