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GERD's IRAK SHOW - der Spaß kann beginnen
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Von Severin Weiland
Je wahrscheinlicher ein US-Angriff auf den Irak wird, desto nervöser werden die rot-grünen Koalitionäre. Das zeigt die vielstimmige Debatte um einen möglichen Einsatz deutscher ABC-Panzer. Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Beck warnt seine Kollegen vor spekulativen Äußerungen.
Berlin - Wenn es eines Zeichens bedurft hätte, dass das Thema der deutschen ABC-Schützenpanzer im Kuwait die Nerven der rot-grünen Koalitionäre strapaziert, dann lieferte Volker Beck dafür am Montag ein schönes Beispiel. "Nicht auf jede hypothetische Journalistenfrage muss man auch eine spekulative Antwort geben", ärgerte sich der erste parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion über Aussagen aus der Koalitionsfraktion, die einen Einsatz der Panzer im Falle eines Irak-Krieges nicht ausschließen wollten.
Vor allem an den Vizevorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Hans-Ulrich Klose, mag der Grüne dabei gedacht haben. Der hatte zuvor in der "Bild" erklärt: "Wenn biologische oder chemische Waffen im Grenzbereich von Kuwait oder dem Irak eingesetzt werden, müssen die deutschen Spürpanzer helfen". Kloses Äußerung war keinesfalls ein Ausrutscher: Der Sozialdemokrat, der noch in der vergangenen Legislaturperiode Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses gewesen war, hatte bereits vor Monaten den Anti-Kriegs-Kurs von Gerhard Schröder kritisiert und wiederholt darauf hingewiesen, in welche Lage sich die Bundesrepublik international durch ihre Verweigerungshaltung bringen würde. Nun scheint Klose zu der Erkenntnis gelangt sein, dass ein Irak-Krieg trotz der Waffeninspektionen unvermeidlich geworden ist - und damit in wenigen Monaten die rot-grüne Koalition neue Antworten zu geben hat.
Diese dürften zwar nicht auf einen direkte Kriegsbeteiligung Deutschlands hinauslaufen. Was aber geschieht, wenn amerikanische Truppen in Kuwait von irakischen ABC-Waffen getroffen werden? Sehen die Deutschen dann zu, wie ihre amerikanischen Nato-Verbündeten verseucht werden und umkommen? Unter vier Augen räumen hochrangige Koalitionspolitiker ein, dass dann nach dem Völkerrecht "Gefahr im Verzuge", also Notwehr, gelten müsste. Die deutschen Truppen könnten dann schlechterdings nicht abseits stehen - trotz des eigentlichen auf den Anti-Terror-Kampf begrenzten Mandats "Enduring Freedom". Auch eine andere Alternative wäre möglich: Da ja Kuwait die ABC-Panzer angefordert hat, könnte die dortige Regierung bei einem irakischen Angriff auf US-Truppen auf ihrem Hoheitsgebiet die Panzer erbeten.
Am Montag waren die Vertreter von Koalition und Bundesregierung dennoch bemüht, den Eindruck gerade zu rücken, wonach deutsche Panzer helfen könnten, sollte der Irak - entweder präventiv oder in Folge eines US-Angriffs - gegen Kuwait vorgehen. Zunächst versuchte Verteidigungsminister Peter Struck eine Äußerung seines parlamentarischen Staatssekretärs Hans Georg Wagner zu korrigieren. Der hatte im Falle eines irakischen Angriffs auf US-Lager in Kuwait genau das versichert, was viele in der rot-grünen Koalition denken, aber aus Angst vor Konflikten mit den Einsatzgegnern nicht offen auszusprechen wagen: Dass die deutschen Kräfte dann "selbstverständlich" zum Einsatz kämen. Doch Strucks Korrektur im ZDF war bei genauerem Hinsehen keine. Der Verteidigungsminister brachte nämlich eine Ausgangslage ins Spiel, um die es in der jetzigen Debatte gar nicht geht und die Kanzler und Außenminister wiederholt ausgeschlossen haben - eine Teilnahme Deutschlands an einem Angriff gegen den Irak. "Wir beteiligen uns nicht an Maßnahmen gegen den Irak, also brauchen wir auch kein neues Mandat", so der Sozialdemokrat. Die "Fuchs"-Panzer seien im Rahmen der Mission "Enduring Freedom" in Kuwait stationiert. "Dafür sind sie in Kuwait und dafür bleiben sie auch", versicherte Struck.
Was aber gilt nun wirklich, wenn Kuwait in Gefahr gerät, von irakischen Raketen getroffen zu werden? Im vielstimmigen rot-grünen Chor war dazu am Montag keine klare Botschaft herauszuhören. Der stellvertretende Regierungssprecher Hans-Herman Langguth, von den Grünen in dieses Amt entsandt, gab am Montag in der Bundespressekonferenz folgende Version ab: Das Mandat "Enduring Freedom" gelte nicht für den Fall, dass der Irak als Reaktion auf einen US-Angriff seinen Nachbar Kuwait bekämpfe. Ähnlich sah es der Grüne-Fraktionsgeschäftsführer Beck.
Neues Thema Patriot-Raketen für Israel
Doch die ABC-Panzer sind nicht das einzige Thema, das die Koalitionäre am Montag bekümmerte. Unklar blieb auch die rot-grüne Haltung zum Thema "Patriot-Raketen", um die nach einem Bericht des "Handelsblattes" die US-Regierung die Deutschen in der Nahost-Region gebeten haben soll. "Es gibt keine Anforderung der Amerikaner zu Patriot-Raketen", versicherte Verteidigungsminister Struck. Dagegen wollte der Verteidigungsexperte der Grünen-Fraktion, Winfried Nachtwei, einen Einsatz nicht grundsätzlich ausschließen: "Sicherlich könnten wir einer Existenz bedrohenden Gefahr für Israel nicht einfach zusehen". Doch bestehe, schränkte Nachtwei im "Südwest-Rundfunk" seine Aussage ein, keine Veranlassung für weitere Überlegungen. Grund: Es gebe ja offensichtlich eine solche Anfrage nicht. Bereits vor dem Golfkrieg 1991 waren der Einsatz deutscher "Patriot-Raketen" in der Bundesrepublik heiß diskutiert worden. Weil ein Einsatz deutscher Truppen außerhalb des Nato-Gebietes damals nicht erlaubt war, finanzierte Deutschland eine Batterie in Israel, das damals unter Beschuss irakischer Scud-Raketen lag.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Beck, ahnte am Montag, dass sich Rot-Grün mit den verwirrenden Äußerungen zu ABC-Panzern und Patriot-Raketen keinen Gefallen tut: "Spekulationen über unterschiedliche Szenarien", so der Grüne über die Aussagen verschiedener Abgeordneter, "verunsichern ohne Not die Öffentlichkeit".
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Die Friedensolympiade - FDP erwägt Klage gegen Awacs-Einsatz
Die Opposition fordert einen Bundestagsbeschluss für den Einsatz der Awacs-Flugzeuge in der Türkei. Die FDP droht der Bundesregierung mit einer Klage in Karlsruhe.
Die Opposition zweifelt am «defensiven Charakter» des Awacs-Einsatzes über der Türkei. Zum wiederholten Mal forderten FDP und Union am Dienstag, die Nato-Aktion müsse durch einen Bundestagsbeschluss abgesegnet werden. Sonst, so drohte der FDP-Rechtsexperte Jörg van Essen in Berlin, schließe man eine Klage vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe nicht mehr aus.
Sollte die Koalition den Bundestag doch noch mit dem Thema befassen, wollen sich Union und FDP offen halten, ob sie dem Awacs-Einsatz zustimmen werden. «Das hängt ganz von dem Auftrag ab», sagt van Essen. Er glaube zudem nicht, dass die rot-grüne Koalition eine eigene Mehrheit zustande bekommen werde.
Die Opposition argumentiert, die Soldaten müssten sich bei dem Einsatz auf «sicherem verfassungsrechtlichen Boden befinden». Problematisch sei, dass bei dem Einsatz nicht zwischen offensiven und defensiven Aufgaben getrennt werden könne.
Essen geht von offensivem Kampfeinsatz aus
Van Essen sagte, Awacs-Flugzeuge könnten neben der Überwachung des Luftraums einen Luftkrieg auch offensiv lenken. Das habe der Einsatz in Bosnien gezeigt. Damals hatte das Verfassungsgericht geurteilt, für alle offensiven Kampfeinsätze der Bundeswehr sei eine Zustimmung zu Bundestages nötig.
Der Ex-Vorsitzende des Nato-Militärausschusses, Klaus Naumann, äußerte sich ähnlich. Es handele sich um eine «haarspalterische Diskussion», da auf dem Radar nicht unterschieden werden könne, ob anfliegende Flugzeuge Ziele in der Türkei oder im Nord-Irak bombardieren wollten. Die Soldaten der Awacs-Flugzeuge müssten auf jeden Fall dafür sorgen, dass diese Flugzeuge abgefangen würden. (nz)
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Spitzen-Grüne kritisieren erneut ihre Partei-Chefin
Streit um Überflugrechte - Redeverbot für Beer
Jörg Michel
BERLIN, 10. März. Grünen-Chefin Angelika Beer ist wegen umstrittener Äußerungen zum Thema US-Überflugrechte erneut parteiintern in die Kritik geraten. Mehrere Spitzen-Grüne kritisierten am Montag die erneute Forderung Beers, im Falle eines US-Alleingangs im Irak über die Nutzung von Basen und Überflugrechten in Deutschland zu sprechen.
"Die erneute öffentliche Debatte zu diesem Thema ist nicht hilfreich", sagte Vizefraktionschef Winfried Nachtwei der Berliner Zeitung. Er bekräftigte, die Haltung der Bundesregierung und der Regierungsparteien habe sich nicht geändert, wonach man den Amerikanern die Überflugrechte nicht werde verweigern können.
Beer hatte in einem Interview auf die Frage nach Nutzungsrechten wörtlich geantwortet: "Das sollte kein Staat allein entscheiden. Es wird über diese Frage eine Diskussion mit anderen Bündnis-Partnern geben müssen, die wie Deutschland der amerikanisch-britischen Kriegsresolution im Sicherheitsrat nicht zustimmen wollen." Ähnliches hatte Beer bereits im vergangenen Jahr gefordert, war dann aber von Außenminister Fischer (Grüne) mit dem Argument zurückgepfiffen worden, der Kanzler habe den Vereinigten Staaten die Nutzung bereits zugesagt. (jöm.)
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Awacs, Patriot, Fuchs & Co - Angst vor Bundestagsabstimmung in der SPD
Kein neuer Bundestagsbeschluss für Awacs-Flüge - Anzeige gegen Schröder
19. März 2003 Die Bundesregierung hält einen neuen Parlamentsbeschluss für den Einsatz deutscher Soldaten in den Awacs-Überwachungsflugzeugen nicht für nötig. Dies gelte auch für die deutschen „Fuchs“-Spürpanzer in Kuweit, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) am Mittwoch in der Generaldebatte zum Haushalt. In den Awacs-Maschinen stellt die Bundeswehr ein Drittel der Besatzungen.
Schröder lehnte Forderungen der Opposition ab, die Einsätze vor dem Beginn eines Irak-Krieges durch eine Bundestagsentscheidung klären zu lassen. Der Kanzler sagte, die Awacs-Flüge dienten ausschließlich der Überwachung des türkischen Luftraums durch die Nato. Für die Absicherung ihrer geplanten Militäraktionen im Irak stünden den Vereinigten Staaten mehr als 100 eigene Awacs-Maschinen zur Verfügung.
Für die in Kuwait im Rahmen der Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ stationierten ABC-Abwehrkräfte gebe es bereits ein Bundestagsmandat, sagte Schröder. Auch sie würden sich an einem Einsatz gegen Irak nicht beteiligen.
Verpflichten aus dem Nato-Vertrag
Der Kanzler unterstrich ferner, dass die Bundesregierung den Vereinigten Staaten und Großbritannien auch im Fall eines Angriffs auf den Irak weiterhin die Nutzung ihrer Militärbasen sowie Überflugrechte gestatten würde. Die klare Anti-Kriegs-Position der Regierung ändere nichts daran, dass es sich bei Amerika und Großbritannien um Bündnispartner handele und dass es Verpflichtungen aus dem Nato-Vertrag gebe.
Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele sagte im Nachrichtensender n-tv, er sei nicht der Meinung, dass der Awacs-Einsatz eine „verfassungswidrige Unterstützung“ darstelle. Allerdings machte er Bedenken in Hinblick auf die Überflugrechte geltend.
PDS erstattet Anzeige gegen Schröder
Die PDS hat bei Generalbundesanwalt Kay Nehm Anzeige gegen Schröder erstattet. Der Kanzler habe sich strafbar gemacht, indem er den Vereinigten Staaten Überflugrechte gewähre und deutsche Soldaten an Awacs-Einsätzen beteilige.
CSU-Landesgruppenchef Michael Glos und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle forderten die Bundesregierung auf, eine klare rechtliche Grundlage für den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Awacs-Aufklärungsflugzeugen zu schaffen. „Wir dürfen Soldaten nicht in Schwierigkeiten bringen, nur um Ihnen, Herr Bundeskanzler, Schwierigkeiten in der Koalition zu ersparen“, sagte Westerwelle. FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt meinte im Nachrichtensender Phoenix, Awacs-Einsätze hätten in einem Krieg möglicherweise „Zielführungsfunktionen“.
Merkel hält sich zurück
Die CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Angela Merkel äußerte sich in der Debatte nicht zu diesem Thema. Sie hatte nach einem Gespräch der Partei- und Fraktionschefs bei Schröder am Dienstag betont, die Union würde diese Einsätze mittragen. Allerdings müsse der Bundestag entscheiden, um „Grauzonen“ im Falle eines Krieges zu vermeiden. Der CDU-Abgeordnete Ruprecht Polenz gab sich dagegen mit der Schröder-Erläuterung zufrieden. „Ich halte die Einlassung des Bundeskanzlers für richtig“, sagte er.
Anderer Meinung als der Kanzler ist die SPD-Abgeordnete und Vorsitzende des Innenausschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast. Sie sprach sich im Hessischen Rundfunk für einen Bundestagsbeschluss zum Einsatz deutscher Soldaten in den Überwachungsflugzeugen aus.
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Weitere Deutsche an den Golf - Verdoppelung der Truppenstärke
Die deutsche ABC-Abwehrtruppe in Kuwait soll mehr als verdoppelt werden. Und zwar von derzeit knapp 100 auf 200 oder 250 Soldaten; dies sei eine Schutzmaßnahme, sagte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) am Mittwoch in der Haushaltsdebatte des Bundestages. Die noch in Deutschland stationierten ABC-Soldaten der Bundeswehr hätten am Dienstag den Befehl erhalten, sich für den Abmarsch bereitzuhalten. Sie sollen laut Struck Hilfe bei Anschlägen gegen die Zivilbevölkerung oder US-Einheiten leisten. Die Truppe werde im Rahmen des vom Bundestag genehmigten Anti-Terror-Mandats verstärkt.
Struck zeigte sich besorgt über die Situation der Bundeswehreinheiten außerhalb des Nato-Gebietes. Die Gefahrenlage werde sich nach Ausbruch eines Irak-Krieges vor allem in Afghanistan verschärfen. Sie sei ohnehin nie ruhig und stabil gewesen. Nun sei nicht auszuschließen, dass diejenigen Kräfte in Afghanistan, die ohnehin gegen die Stationierung ausländischer Truppen seien, Auftrieb erhielten. Er sei aber auch in Sorge um die deutschen Marinesoldaten am Horn von Afrika. Selbst für die Einheiten auf dem Balkan sei eine Gefahrenzunahme möglich.
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Ibuk Struck
Der Mann ist ein Ibuk. Und gerade das wollte er nie sein. Verteidigungsminister Peter Struck ist genau genommen sogar der einzige Ibuk, den Deutschland hat, und das macht die Sache nicht besser. Denn der Ibuk ist der Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt der Bundeswehr. Das ist schon zu Friedenszeiten angesichts wachsender Aufgaben und schwindender Mittel keine ganz so angenehme Aufgabe. Nun aber kommen Kriegszeiten. Und so sehr sich die Bundeswehr auch als Friedensarmee versteht und der Bundeskanzler als Friedenskanzler: Trotz des demonstrativen deutschen Neins zum Irak-Krieg sind die Bundesrepublik, ihre Armee und damit ihr oberster Befehlsgeber eng in Kriegsaktivitäten verwickelt.
Denn entgegen aller Friedensrhetorik der rot-grünen Bundesregierung: Deutsche Soldaten in Fuchs-Panzern an der Grenze zum Irak, deutsche Soldaten an Bord der von der Türkei in den Irak spähenden Awacs-Flugzeuge, deutsche Soldaten als Wachtposten für amerikanische Basen in der Bundesrepublik sind ein Vielfaches mehr an Kriegsbeteiligung, als sie beispielsweise die Koalitionäre der Willigen Italien und Spanien leisten. Und Peter Struck ist der Chef, der Ibuk eben.
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Bundeswehr: Weitere deutsche Soldaten unterwegs nach Kuwait
110 Soldaten aus dem westfälischen Standort Höxter sind in Marsch gesetzt worden. Sie verstärken die Einheit mit sechs "Fuchs"-Spürpanzern nahe der irakischen Grenze
Berlin - Die Bundeswehr verstärkt ihre ABC-Abwehreinheiten in Kuwait. 110 Soldaten des ABC-Abwehrbataillons aus dem ostwestfälischen Höxter sind am Freitag nach Kuwait verlegt worden. Sie sollten von Köln aus nach Kuwait fliegen. Dies bestätigte ein Sprecher der Luftwaffe.
Die Aufstockung hatte Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) zuvor angekündigt. Mit der Verstärkung wird die Zahl des deutschen ABC-Abwehrkontingentes in Kuwait rund 200 Mann betragen.
Das mit sechs ABC-Spürpanzern „Fuchs“ ausgerüstete Kontingent kann gemäß seinem, vom Bundestag Ende 2001 beschlossenen Mandat eine Größe von bis zu 250 Mann haben. Sie werden im Rahmen der Anti-Terror-Operation „Enduring Freedom“ zur Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Bedrohung in Kuwait eingesetzt.
Das ABC-Abwehrkontingent soll nach Angaben des Ministeriums nicht im Irak-Krieg eingesetzt werden, sondern in Kuwait bleiben.
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FDP klagt in Karlsruhe gegen Awacs-Einsatz ohne Bundestagsbeschluss
Die FDP klagt in Karlsruhe gegen den Einsatz deutscher Soldaten in der Türkei: Die Liberalen halten einen Bundestagsbeschluss für nötig.
Die FDP hat in Karlsruhe Beschwerde gegen den Einsatz von Bundeswehr-Soldaten in der Türkei eingelegt. Der Einsatz von Bundeswehr-Soldaten ohne Bundestagsbeschluss sei nicht verfassungskonform, heißt es in der Klage der Liberalen.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt teilte am Freitag mit, der Einsatz der Flugzeuge über der Türkei gehe über einen Routineeinsatz hinaus. Daher müsse der Einsatz vom Bundestag genehmigt werden.
Am Donnerstag hatte es der Bundestag mehrheitlich abgelehnt, über die Einsätze eine Entscheidung zu fällen. Die Bundesregierung argumentiert, für die Einsätze sei kein Bundestagsmandat notwendig – da nur das Nato-Bündnisgebiet verteidigt werde.
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AWACS-KLAGE
Angriff auf den Friedenskanzler
Von Severin Weiland
Die Liberalen wollen mit einer Verfassungsklage klären lassen, ob der Einsatz deutscher Soldaten an AWACS-Flügen eines gesonderten Bundestagsbeschlusses bedarf. Eine positive Entscheidung in Karlsruhe könnte den Kanzler in arge Bedrängnis bringen.
Berlin - Fast zwei Stunden lang hatte die FDP-Fraktion am Freitag debattiert. Dann war die Entscheidung gefallen. Die Mehrheit schloss sich den Überlegungen der Führung an, kommende Woche nach Karlsruhe zu ziehen. Dort soll das Verfassungsgericht klären, ob die Beteiligung der deutschen Soldaten an den AWACS-Flügen über der Türkei eines Beschlusses des Bundestages bedarf. Allein die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stimmte gegen ihre FDP-Kollegen.
Rechtssicherheit sei notwendig, begründete anschließend Fraktionschef Wolfgang Gerhardt die Entscheidung der FDP. Auch in schwierigen Zeiten habe man als Parlamentarier darauf zu achten, dass die "konstitutiven Rechte des Parlaments gewahrt bleiben". Am Wochenende wollen die Liberalen an der Klage feilen und diese dann Anfang kommender Woche in Karlsruhe einreichen.
Der Schachzug der Liberalen bringt Gerhard Schröders Koalition in Not. Zum ersten Mal seit Beginn der Irakkrise muss der Kanzler fürchten, dass im Falle einer durch Karlsruhe erzwungenen Abstimmung seine knappe Mehrheit im Bundestag wegbricht. Nur einige Abweichler bei den Grünen und der SPD reichen aus, und die Koalition wäre in einer handfesten Regierungskrise. In einer solchen Situation bliebe dem Kanzler wohl nur der Rücktritt. Schon einmal hatte Schröder seine Fraktionen nur mit der Vertrauensfrage zur Räson gebracht - vor zwei Jahren bei der Abstimmung über den Mazedonieneinsatz der Bundeswehr.
Dem Eindruck, dass die FDP auch das Ziel verfolge, die rot-grüne Koalition in eine gefährliche Lage zu manövrieren, widersprach Gerhardt vehement. Kein Kollege in der Fraktion habe während der Sondersitzung am Freitag auch nur in einem Nebensatz "eine solche Situation erwähnt", meinte er. Der Bundeskanzler, am selben Tag nach der EU-Konferenz in Brüssel zur Klage befragt, nahm die Nachricht nach Außen hin gelassen auf. Die Liberalen hätten ein Recht wahrgenommen, man werde sehen, was "daraus wird".
Die Klage der FDP ist nicht die erste ihrer Art in der Geschichte der Partei. Bereits 1994 hatte die Fraktion zusammen mit der SPD die Beteiligung deutscher Soldaten an AWACS-Einsätze in Karlsruhe klären lassen. Damals ging es um Überwachungsflüge über der Adria. Das Pikante: Die FDP-Fraktion strengte die Klage gegen die von ihr getragene schwarz-gelbe Bundesregierung an. Die Liberalen können also mit gewissen Recht darauf verweisen, dass es ihnen um die Sache geht. Nur mag ihr niemand innerhalb der Rot-Grünen Koalition so recht das hehre Motiv einer rein verfassungsmäßigen Klärung glauben.
Schließlich könnte die Abstimmung inmitten einer möglicherweise aufgeheizten öffentlichen Atmosphäre fallen. Zieht sich der Krieg in die Länge, droht gar eine Verwicklung des Nato-Partners Türkei - etwa durch einen Einmarsch in den Nordirak -, dürfte es für Schröder schwierig werden, seine bisherige Argumentation durchzuhalten. Die lautet: Die deutschen Soldaten sind zum Schutz des Nato-Partners Türkei mit an Bord. Sie unterstünden dem Nato-Kommando und seien strikt vom US-Central-Command getrennt, das den Krieg im Irak koordiniert. In diesen Tagen wird denn auch in Verteidigungskreisen gestreut, am ersten Tag des Krieges sei die Kommunikationcodes der US-Kampflugzeuge geändert worden, so dass sie nicht mehr für die AWACS-Maschinen erfaßbar gewesen seien.
Schröders größter Unsicherheitsfaktor sind die Linken in den Grünen. Hier könnte die AWACS-Beteiligung zum symbolischen Ersatzfeld werden. Noch hält die Koalition - weil auch die vehementesten Kriegsgegner den erfolglosen Einsatz des Kanzlers und seines Außenministers für eine friedliche Lösung honorieren.
Doch wirft bereits die angedrohte FDP-Klage ihre Schatten voraus. Zwar mieden es führende Vertreter der Linken wie Christian Ströbele und Winfried Hermann, die AWACS-Frage in den Mittelpunkt ihrer Kritik zu stellen. Sie meldeten bislang Bedenken an, ob der Krieg völkerrechtsgemäß ist. Am Donnerstag plädierte der Abgeordnete Hermann denn auch lediglich für eine Überprüfung der US-Überflugrechte in Karlsruhe. Noch steht Rot-Grün zusammen. Das zeigte sich auch am Donnerstag im Bundestag. Einen Entschließungsantrag der Liberalen, in dem eine AWACS-Abstimmung verlangt wurde, schmetterte Rot-Grün gegen FDP und CDU/CSU ab.
In die Wartestellung hat sich unterdessen die Union zurückgezogen. Sie nahm ihrerseits Abstand von einer Klage wegen der AWACS-Frage. Da die Union ja dafür sei, die Türkei zu schützen, sei ein Gang nach Karlsruhe der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, meinte Ex-Bundespostminister Wolfgang Bötsch. "Wir sind ja nicht das versammelte Amtsgericht", meinte der CSU-Politiker. Vor allem Vizefraktionschef Wolfgang Schäuble hatte dafür geworben, auf einen Rechtsstreit zu verzichten. Der war jedoch zumindest intern angedacht worden.
Noch vor wenigen Monaten hatte der Justitiar der Fraktion, Ronald Pofalla, ein entsprechendes Papier mit Billigung der Fraktionschefin Angela Merkel verfaßt. Darin waren alle Bedenken aufgelistet worden, die nun die FDP umtreibt. So wird denn auch von manchen Abgeordneten der Union der Ausgang des Klage in Karlsruhe mit Spannung entgegengesehen.
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ABC-Einsatz als "humanitäre Hilfe"
Von Eckart Lohse
Am Mittwoch erlebten die nicht einmal neunzig deutschen Soldaten in Kuweit eine grundlegende Veränderung. Nach Monaten des Wartens und der Wartung wurde aus der Einsatzübung erstmals ein Einsatz. Kaum hatte der Krieg gegen den Irak begonnen, waren von irakischem Gebiet Raketen, vermutlich vom Typ "Scud", in Kuweit eingeschlagen. Die deutschen Soldaten wurden alarmiert, legten ihre ABC-Schutzkleidung einschließlich der Masken an und übernahmen die Überprüfung eines Teils desjenigen Gebietes, in dem die Einschläge stattgefunden hatten.
Prüfen sollten die ABC-Spezialisten mit ihren hochtechnisierten Spürpanzern des Typs "Fuchs", ob biologische oder chemische Kampfstoffe infolge des Beschusses freigesetzt worden waren. Das Ergebnis war zur allgemeinen Beruhigung negativ, der Einsatz dauerte nicht besonders lange. Anschließend konnte festgestellt werden, daß nicht nur niemand zu Schaden gekommen sei, sondern - wie es ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Berlin sagte - zu keiner Zeit Gefahr für Leben und Gesundheit der Soldaten bestanden habe.
Bekämpfung des internationalen Terrors
Kein Truppenteil der Bundeswehr ist derzeit so nah am Geschehen des Irak-Krieges wie jene neunzig auf die Abwehr atomarer, biologischer und chemischer Kampfstoffe spezialisierten Soldaten in Kuweit. Sie sind im amerikanischen "Camp Doha" stationiert, inmitten einer über die Monate beständig gewachsenen Zahl amerikanischer Angriffstruppen. Ihr Auftrag ist die Bekämpfung des internationalen Terrors. Weil aber die kleine Zahl amerikanischer und tschechischer Soldaten, die bislang mit den deutschen ABC-Kräften zusammenarbeiteten, wegen des Krieges anderswo eingesetzt werden, erleben die Bundeswehrkräfte unter Führung des Oberstleutnants Oberneyer gleich noch einen Wandel.
Am Freitag starteten vom militärischen Teil des Kölner Flughafens 110 ihrer ebenfalls aus Höxter stammenden Kameraden in einem Airbus der Luftwaffe mit dem Ziel, noch am Abend Kuweit zu erreichen und das deutsche Kontingent aufzustocken. Sie alle sind ABC-Spezialisten. Verteidigungsminister Struck hatte das dieser Tage vor dem Bundestag angekündigt.
Wahrscheinlichkeit eines Einsatzes sprunghaft gestiegen
Und was tun sie nun dort, diese 200 ABC-Fachleute, entsandt von einer Regierung, die sich mit aller Kraft gegen einen Irak-Krieg, noch mehr aber gegen die Beteiligung an demselben sperrt? Militärisch ist die Frage rasch beantwortet. Im zuständigen Einsatzführungskommando in Potsdam hieß es am Freitag, die Soldaten würden künftig nichts anderes tun als bisher. Das heißt, sie bleiben in hoher Alarmbereitschaft, halten also sich und die empfindlichen sechs Spürpanzer einsatzbereit, sorgen für die eigene Sicherheit, unternehmen gelegentliche Kontrollfahrten und reagieren auf Hinweise. Neu ist allerdings, daß - wie schon gleich nach Kriegsbeginn im Nachbarland Irak deutlich wurde - die Wahrscheinlichkeit eines echten Einsatzes sprunghaft gestiegen ist.
Rechtlich und politisch ist die Frage nach dem Tun der deutschen ABC-Kräfte seit der Nacht zum Donnerstag nicht mehr ganz so leicht zu beantworten, auch wenn die Bundesregierung so tut. Sie beharrte am Freitag darauf, alles, was die nunmehr 200 deutschen ABC-Soldaten in Kuweit täten, geschehe auf der Grundlage des Mandates "Enduring Freedom", das nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 beschlossen worden war. Damit soll klargemacht werden, daß die Bundeswehr sich nicht an einem Irak-Krieg beteiligt, ausschließlich den Terror bekämpft.
ABC-Kräfte handelten keinesfalls im Zusammenhang mit Irak-Krieg
Laut Bundestagsbeschluß sieht der Einsatz der Bundeswehr im Rahmen von "Enduring Freedom" folgendes vor: "Diese Operation hat zum Ziel, Führungs- und Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen, gefangenzunehmen und vor Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten." Da die Bundesregierung aber konstant die Ansicht vertreten hat, dem Irak sei die Unterstützung des internationalen Terrorismus oder gar ausdrücklich der Terrororganisation Al Qaida nicht nachzuweisen, ein militärisches Vorgehen gegen den Irak sei somit nicht zu rechtfertigen, hat sie stets Wert auf die Feststellung gelegt, die ABC-Kräfte in Kuweit handelten keinesfalls im Zusammenhang mit einem Irak-Krieg.
Nun landen schon in den ersten Kriegstagen Raketen aus dem Irak vor den deutschen Spürpanzern, und prompt begeben deren Besatzungen sich daran, die Folgen des Beschusses zu prüfen. Keine indirekte Kriegsbeteiligung? Die Bundesregierung nutzte am Freitag in Berlin den in dieser Situation einzigen argumentativen Ausweg.
Man wisse nicht, woher die Rakete komme
Im Bundestagsbeschluß vom Herbst 2001 zur Entsendung deutscher Truppen im Rahmen von "Enduring Freedom" heißt der letzte Satz zur Beschreibung des Auftrags: "Der Beitrag schließt auch Leistungen zum Zweck humanitärer Hilfe ein." Als "humanitäre Hilfe" läßt sich auch der jüngste Einsatz der ABC-Truppen nach dem Raketeneinschlag aus dem Irak bezeichnen. So wies die Bundesregierung am Freitag auch ausdrücklich auf den "humanitären Auftrag" der Soldaten hin.
Es sei bei dem Einsatz um den Schutz der kuweitischen Bevölkerung und alliierter Soldaten gegangen, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Dann fügte er eine Frage hinzu: Ob denn die Bundeswehr, wo sie schon mit ihren Kräften in Kuweit sei, die Hilfe nach einem Angriff verweigern solle mit dem Hinweis, man wisse nicht, woher die Rakete komme.
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Bundeswehrverband kritisiert Vorgehen bei AWACS-Problematik
Berlin (dpa) - Der AWACS-Einsatz deutscher Soldaten in der Türkei bleibt umstritten. Nach Ansicht von Bundeswehrverbands-Chef Bernhard Gertz geht der Einsatz eindeutig über rein defensive Aufgaben hinaus.
Er sagte dem DeutschlandRadio Berlin, eine saubere Lösung wäre entweder ein offensives Mandat oder ein sofortiger Abzug der Männer gewesen. Ein Abzug wäre aber ein "Sprengsatz" für die NATO, so Gertz. In Berlin befasst sich heute erneut das Sicherheitskabinett mit der AWACS-Thematik.
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AWACS - offensive und defensive Aufgaben nicht zuverlässig abzugrenzen
Der Chef des Bundeswehrverbandes Gertz hält es für möglich, dass das Verfassungsgericht eine Bundestagsabstimmung für den Awacs-Einsatz über der Türkei verlangt.
Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sieht gute Erfolgschancen für den Eilantrag der Liberalen zum Awacs-Einsatz über der Türkei. Er sagte im ARD-«Morgenmagazin», anders als von der Regierung dargestellt, ließen sich bei dem Nato-Einsatz «offensive und defensive Aufgaben nicht zuverlässig abgrenzen».
Gertz vermutet deshalb, dass das Bundesverfassungsgericht dem Eilantrag der FDP stattgeben könnte – dann müsste der Bundestag über den Einsatz abstimmen. Seiner Ansicht befindet sich der Einsatz in einer «Grauzone». Es lasse sich kaum vermeiden, dass die Einheiten auch offensive Aufgaben erfüllten.
Der Bundeswehrverbandschef plädierte zugleich für ein Ende des Awacs-Einsatzes, falls Ankara in Irak einmarschieren sollte. Er sagte, ein einseitiger Abzug wäre zwar «außerordentlich problematisch». Wenn die Türkei aber als Kriegsteilnehmer auftrete, sei fraglich, ob sie wirklich gefährdet sei. (nz)
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IRAK-DEBATTE IM BUNDESTAG
Schröder merkelt
Von Markus Deggerich
Als Konsequenz aus der Irak-Krise fordert Bundeskanzler Gerhard Schröder den Ausbau der EU zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion. Ganz nebenbei schlägt er damit in seiner Regierungserklärung die Union mit ihren eigenen Waffen.
Berlin - Angela Merkel hatte Grund zum Aufatmen. "Ich habe mich gefreut, dass es zu keiner Aufteilung zwischen Kriegswilligen und Friedenswilligen gekommen ist", sagte sie am Donnerstag in ihrer Erwiderung auf die Regierungserklärung von Gerhard Schröder im Bundestag. Denn genau damit hatte man in der Union gerechnet: Dass der SPD-Vorsitzende die Chance nutzt, den harten Pro-US-Kriegskurs der Parteichefin auszuschlachten und mit der eigenen Friedensliebe zu konterkarieren.
Am Anfang sah auch noch vieles danach aus. Die Bundesregierung habe den Krieg nicht verhindern können, sagt der Kanzler mit betont betrübtem Ton. Aber statt dann der Opposition wie einst vorzuwerfen, sie gehöre ja zur Koalition der Kriegswilligen, folgte ein Satz, den wohl jedes Mitglied der US-Regierung unterzeichnen könnte: "Wir wünschen, dass durch die Überwindung der Diktatur das irakische Volk seine Hoffnung auf ein Leben in Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung so rasch wie möglich verwirklichen kann."
Vom Ende her denken
Die Kriegs-Diplomatie ist schon lange beendet. Schröder denkt jetzt wieder vom Ende her und versucht Deutschland rechtzeitig zurück ins internationale Geschäft zu bugsieren. Die Friedensdividende hat er eingefahren, wie Schröder an den Umfragen ablesen kann, jetzt muss er sie vernünftig anlegen. Dafür richtet er den Blick nach vorn auf die Zukunft des Irak und auch die Europas. Nach den harschen Worten gegen die USA Wochen vor dem Krieg und der scharfen Verurteilung des Beginns der Invasion vor zwei Wochen scheint nun die Zeit der verbalen Ab- und europäischen Aufrüstung anzubrechen.
Zwar wurde bisher jeder im Kabinett, wie zum Beispiel Heidemarie Wieczorek- Zeul, vom Kanzler gerüffelt, wenn über Pläne und Verantwortung des Wiederaufbaus spekuliert wurde. Gebetsmühlenartig hatte Schröder bislang immer wieder betont, es sei zu früh, über Einzelheiten des Wiederaufbaus zu reden. Aber offensichtlich nur, weil der Chef selbst als Architekt glänzen wollte. Seine Regierungserklärung nutzte er nun um in vier Punkten bereits Grundzüge einer Nachkriegsordnung für den Irak zu umreißen.
"Die enormen Ölreserven und natürlichen Ressourcen des Landes müssen im Besitz und unter der Kontrolle des irakischen Volkes bleiben und diesem zugute kommen", sagte Schröder. Als weitere Leitlinien forderte er, dass die territoriale Integrität des Landes erhalten bleiben und das irakische Volk über seine Zukunft selbst entscheiden müsse. Zudem müsse für die ganze Krisenregion Nahost ein politischer Stabilisierungsprozess in Gang kommen.
"Jede Krise bietet auch eine Chance", lautete ein etwas abgedroschenes Fazit des Kanzlers. Das gemeinsame Europa habe nun die Aufgabe, seine militärischen Fähigkeiten so weiterzuentwickeln, dass sie der europäischen Verantwortung für Friedenssicherung entsprechen.
Ein feiner Schachzug des Kanzlers. Statt die alten Debatten über US-Unterstützung ja oder nein fortzusetzen, durchkreuzte er Merkels Pläne, die sich am Mittwoch schon angedeutet hatten: die Union nämlich als die einzig verblieben ernstzunehmende außenpolitische Kraft zu etablieren.
Als Merkel dann nach Schröder mit einem Sechs-Punkte-Plan für die deutsche und europäische Außen- und Sicherheitspolitik ans Rednerpult trat, sah das bereits wie ein Abklatsch aus. Schröder hatte schon gemerkelt.
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Die Friedensachse berät
Dreier-Gipfel in St. Petersburg: Russland, Frankreich, Deutschland stimmen ihre Position zum Nachkriegs-Irak ab. Berlin tut sich schwer, den Eindruck neuer Achsen oder alter Fronten zu vermeiden
von Nikolaus Blome
Die Bundesregierung scheint die Kanzlerreise am Freitag nach St. Petersburg mit gemischten Gefühlen zu sehen. Mit gequältem Lächeln wird in Regierungskreisen bestätigt, dass aus einem länger geplanten deutsch-russischen Treffen vor allem auf Druck von Frankreichs Präsident Jacques Chirac ein Dreiergipfel wurde - mit reichlich Raum für internationale Missverständnisse. Offiziell bezeichnete ein Regierungssprecher das Treffen als "nicht langfristig geplantes Format".
In der Vorkriegsauseinandersetzung mit den USA waren Moskau, Paris und Deutschland der harte Kern des Widerstands und hatten ihr Vorgehen im UN-Sicherheitsrat mehrfach bei Dreiertreffen der Außenminister abgestimmt. Diese alten Fronten wolle man keinesfalls neu ziehen, heißt es nun in Regierungskreisen.
Das würde es den Briten erschweren, sich in Washington für eine größere Rolle der UNO im Nachkriegs-Irak einzusetzen. Demonstrativ hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder noch am Dienstag die Äußerungen von US-Präsident George W. Bush und Großbritanniens Premier Tony Blair gelobt. Sie hatten der UNO eine "vitale Rolle" zugebilligt, freilich ohne zu erklären, was das in der Praxis bedeuten werde.
"Das freut mich", sagte Schröder und sah ein hohes Maß an Übereinstimmung mit seinen eigenen Vorstellungen.
Die Opposition dagegen hält die Reise Schröders nach St. Petersburg für "einen weiteren krassen diplomatischen Fehler", so der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger. Mit dem Treffen werde die "Reihe der Provokationen Washingtons vor dem Krieg" nun fortgesetzt. "Die Achsenbildung Paris, Berlin, Moskau geht weiter."
UN-Generalsekretär Kofi Annan wird an dem Treffen in St. Petersburg nicht teilnehmen. Er hat seine Europareise kurzfristig abgesagt, wahrscheinlich wegen der sich überstürzenden Ereignisse in Bagdad. Annan sondiert derzeit offenbar im Sicherheitsrat das Terrain für eine neue UN-Resolution zum Irak, mit der die Rolle der UNO im Nachkriegs-Irak aufgewertet werden könnte.
Darüber wollen auch Schröder, Chirac und Russlands Staatschef Wladimir Putin beraten. Auf humanitäre Hilfe werden sie sich schnell einigen können. Schwieriger dürfte es werden, eine einheitliche Position zur Rolle der UNO zu fixieren - und einen möglichen Beitrag zu einem Militäreinsatz etwa nach dem Modell der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan.
Putin hat sich dazu noch überhaupt nicht geäußert. Präsident Chirac scheint die erklärte Oberhoheit der Vereinten Nationen zur Bedingung für einen eigenen Beitrag machen zu wollen - obwohl die amerikanische Regierung sich darauf erkennbar nicht einlassen wird.
Die Bundesregierung hält sich die Entscheidung bewusst offen, hat aber prinzipielle Bereitschaft selbst zu einer militärischen Wiederaufbau-Unterstützung erkennen lassen. Eine vor kurzem aufkeimende Debatte im rot-grünen Regierungslager über ein Junktim zwischen deutschem Beitrag und neuer UN-Resolution wurde schnell erstickt.
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Interessen statt Moral
Nach dem Sieg der USA darf Deutschland nicht weiter schmollend in der Ecke stehen. Nicht Moral, die Formulierung der eigenen Interessen ist jetzt gefragt.
Von Michael Maier
Der rasche Sieg der Amerikaner im Irak wird gelegentlich als Anfang einer neuen Weltordnung bezeichnet. Genau genommen ist er allerdings eine Reaktion. Den Beginn der neuen Weltordnung markierte der 11. September 2001. Bis dahin waren die Amerikaner relativ desinteressiert an der Welt, und es hätte nach ihrem Geschmack auch so bleiben können.
Die gezielten Terrorangriffe mitten ins Herz haben in den USA jedoch eine schon bestehende intellektuelle Strömung verstärkt: Seit längerem vertreten politische Denker die These, dass Amerika eine aktive Außenpolitik betreiben müsse. Seit dem Ende des Kalten Krieges beschäftigt sich Amerika mit seinem Selbstverständnis – was logisch ist, weil die Welt eben aus dem Gleichgewicht des Schreckens geraten ist.
George W. Bush ergänzt diese Entwicklung um die wirtschaftliche Komponente. Für ihn zählt Geld und Macht, die Clique, die ihn umgibt, ist weder nachdenklich noch ideologisch. Wenn Bush von Gott und den Gebeten spricht, so deshalb, weil er weiß: Der amerikanische Präsident braucht eine emotionale Komponente. Und die religiösen pressure groups sind in den USA ein wichtiger Machtfaktor. Wer die Wirtschaft und die Religiösen gut vertritt, kann eigentlich keine großen Fehler machen.
Der Terror vom 11. September 2001 hat diesen Entwicklungen nun eine einheitliche Richtung gegeben. William Kristol, einer der Vordenker der neuen amerikanischen Politik, beschreibt präzise, worum es geht: «Bush hat einen sicheren Instinkt für die Veränderung, die der 11. September gebracht hat – die USA können sich eben nicht einfach zurücklehnen und sich von den Ereignissen der Welt diktieren lassen.»
Also ist die Entwicklung logisch: Afghanistan, Irak, Syrien, Nordkorea, Iran. Zwar bezweifeln alle Experten, dass die Amerikaner schon sehr bald gegen einen weiteren Staat losschlagen könnten; es gebe auch andere Methoden, bedrohliche oder terroristische Regime zu vertreiben.
Tatsächlich hat sich die Position der Amerikaner nach dem Irak-Krieg deutlich verbessert: Diktatoren müssen damit rechen, von der Militärwalze überrollt zu werden. Die amerikanischen Soldaten haben im Zusammenspiel mit der neuesten Technologie hohe Professionalität gezeigt: Ein riesiges, fremdes Land, weit weg von der Heimat, in einer feindseligen Umgebung, wurde niedergeworfen. Die Verluste auf der eigenen Seite bleiben unter hundert.
Dies sind Fakten, die geschaffen wurden. Ob sie einem moralisch ins Konzept passen oder nicht: Ignorieren kann die Realität niemand. Natürlich haben die UN ihre Bedeutung verloren. Aber auch das ist ein Faktum: Die Stärkeren setzen sich durch – das Prinzip allen Lebens gilt unverändert.
Deutschland muss nun schleunigst aus seiner weltpolitischen Ecke kommen. Es ist ja nicht unbedingt nötig, militärisch aufzurüsten – die Bundeswehr ist immer noch eine Elitegarde im globalen Vergleich. Aber Deutschland muss sich entscheiden: Will das Land seine eigenen Interessen aktiv vertreten oder entscheidet es sich für eine splendid isolation? Dass der amerikanische Präsident nicht mehr mit dem deutschen Bundeskanzler spricht, ist ein Alarmsignal. Deutschland darf sich nicht dauerhaft in eine Reihe mit Libyen und Kuba stellen lassen. Dazu ist das Land zu groß, zu reich und zu wichtig.
Die Entscheidung lautet: Wie kann Deutschland aktiv seine kultivierte, humanistische Politik in eine westliche Globalpolitik einbringen? Imperialismus ist ekelhaft – geschenkt! Aber dauerhaft Zuschauen und den Neutralen spielen – das endet entweder in der Marginalisierung oder in dem Wiedererstehen jenes Größenwahns, den man jetzt nicht aufkommen lassen will. Deutschland muss – wie die anderen «Achsenmächte» auch – mit der Niederlage leben, die ihnen der Sieg der Amerikaner beschert hat. Schröder kann das wendig tun oder pragmatisch. Was allerdings nicht geht: Sich selbst beleidigt ins Abseits moderieren. Gerhard Schröder ist gefordert wie noch nie.
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VIERERGIPFEL
Geburtswehen auf der Venus
Von Markus Deggerich / Spiegel online
Im Streit über den anstehenden Vierergipfel mit Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg zur Sicherheitspolitik der EU werden die Risse der Gemeinschaft wieder deutlich sichtbar. Großbritannien und Spanien sind sauer, die deutsche Opposition würde das Treffen am liebsten absagen.
Venus oder Mars: Chirac und Annan auf dem EU-Gipfel in Athen
Berlin - Gerhard Schröder war bereits abgereist, als das historische Bild gemacht wurde. Auf dem Erweiterungsgipfel der EU in Athen vergangene Woche tauchte stattdessen Uno-Generalsekretär Kofi Annan auf dem Abschlussfoto auf. Beides sagt etwas über die Gräben, die durch Europa laufen und die nun im Streit um den anstehenden Vierergipfel mit Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg zur Sicherheits- und Verteidigungspolitik wieder deutlich werden.
Zuerst zeterte nur die Union, das Treffen müsse abgesagt werden, nun fordert auch die FDP die Bundesregierung auf, das Treffen am 29. April ausfallen zu lassen. Es sei ein "Gipfel, der das Signal aussendet, dass sich die Verweigerer der Vor-Irak-Situation zusammenfinden", kritisierte der FDP-Sprecher für internationale Politik, Werner Hoyer. Frankreich sehe die Zusammenkunft zudem "als Möglichkeit der Relativierung der USA und der Nato insgesamt".
Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber kritisiert, das Treffen könne "als Signal zum Aufbau kostenintensiver Doppelstrukturen und als Initiative gegen die Nato verstanden werden". Daher sollte es in der geplanten Form überhaupt nicht stattfinden. Auch bei den anderen EU-Staaten war der Sondergipfel auf Kritik gestoßen. Besonders Spanien und Großbritannien, die Unterstützer der USA im Irak-Krieg, äußerten ihren Unmut über den deutsch-französischen Vorstoß. Die Skandinavier und Italiener halten noch mürrisch still.
Es geht um einen Richtungsstreit: Deutschland und Frankreich wollen Europa zum politischen Gegengewicht der USA aufbauen, vor allem die osteuropäischen Länder, Spanien und Großbritannien sehen in dem Ganzen eher einen großen Markt und wollen politisch-militärisch lieber die alten Wege über die Atlantikbrücke gehen, zum großen Bruder in Übersee. Sie vermuten in dem Gipfeltreffen eine antiamerikanische Initiative. Auch wenn es nicht unüblich ist, dass einzelne EU-Mitglieder Initiativen auf den Weg bringen, finden sich hier nun ausgerechnet die stärksten Gegner des US-Kriegskurses zusammen.
Neue Risse in der EU
Beim Ausbau der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik ist so in absehbarer Zukunft kaum eine Verständigung zu erreichen. Durch den Irak-Krieg hat sich die EU noch weitere interne Spannungen aufgeladen. Neben den bekannten Problemen zwischen Großen und Kleinen, zwischen Befürwortern und Bremsern der Integration, zwischen eifersüchtigem Belauern, wer sich als Führungsstaat aufspielt, kam nun noch ein weiterer Riss zwischen Großbritannien und Spanien einerseits und Frankreich und Deutschland andererseits hinzu.
Die künftigen EU-Mitglieder haben schon vor dem Irak-Krieg deutlich gezeigt, dass sie künftig auf die Macht der USA setzen und nicht auf die Friedensrhetorik des französisch-deutschen Duos. Diese Sehnsucht nach dem Beschützer USA stammt aus dem Kalten Krieg, als diese Staaten in der sowjetischen Kralle gehalten wurden. Deshalb hinterließen bereits die Bilder über das Dreiertreffen Chirac, Putin und Schröder in Ländern, die so lange unter sowjetrussischer Herrschaft standen, einen schlechten Eindruck. Sie fürchten eine Achse Paris-Berlin-Moskau, die durch die abfälligen Bemerkungen Chiracs über die auf Amerika fixierten mittel- und osteuropäischen Staaten in ihren Augen bestätigt wurden.
Bei der Athener Abschlusszeremonie pries Uno-Generalsekretär Annan Europa als "Hort der Hoffung für Frieden und Versöhnung in der ganzen Welt". Die Ausweitung der EU nach Südosteuropa, und dazu zählte Annan auch die Türkei, werde diesen Ländern "Stabilität und Fortschritt" bringen. Annan versuchte sich in der griechischen Metropole als Vermittler, denn er hofft auf Europa, nachdem die USA ihm die Bedeutungslosigkeit der Uno vor Augen geführt hatten. Er rief die EU-Regierungen dazu auf, nach dem Ende des Irak-Krieges möglichst rasch zu einer gemeinsamen Haltung zurückzukehren. Doch davon ist man weit entfernt. Die vier Sicherheitsratsmitglieder aus Europa bilden die Führungsduos für verschiedene Wege: Deutschland-Frankreich und Großbritannien-Spanien, Europäer und Atlantiker.
"Geburtswehen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik"
Die USA-treue Union macht deshalb innenpolitisch Front gegen das geplante Spitzengespräch Deutschlands und dreier weiterer EU-Mitglieder über eine gemeinsame Verteidigungspolitik. Der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger hatte bereits in der Vergangenheit von einer drohenden Belastungsprobe für EU und Nato gesprochen, sollten die vier Länder eine gemeinsame Verteidigungsunion beschließen.
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer ist dagegen der Ansicht, dass das wegen des Irak-Kriegs entstandene Zerwürfnis der Europäer die Entwicklung einer gemeinsamen EU-Außenpolitik befördert. "Das, was man als Zerrissenheit des Kontinents beschrieben hat, waren meines Erachtens Geburtswehen einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik", sagt Bütikofer. Wegen des Irak hätten die bisherigen und die künftigen EU-Mitglieder erstmals gemeinsam über Grundwerte und Strategien einer möglichen europäischen Außenpolitik debattiert.
CSU-Generalsekretär Thomas Goppel wertet Bütikofers Analyse als Zynismus: "Schröder hat mit seiner einseitigen Festlegung gegen einen Krieg im Irak im vergangenen Sommer nicht nur die Europäische Union, sondern auch die Vereinten Nationen gespalten." Das Verhalten des Kanzlers habe eine gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik um Jahre zurückgeworfen. Stoiber warnte zudem vor dem "gerade entstehenden Eindruck einer Zwei-Klassen- Mitgliedschaft, bei der Deutsche und Franzosen den Ton angeben".
Vierertreffen als Nukleus
Bütikofer verteidigt das Treffen. Die Europäer hätten aus der Irak-Krise gelernt, dass sie bereit sein müssten, weltweit Verantwortung mit zu übernehmen und eine aktive internationale Rolle zu spielen. In dieser Rolle werde Europa auch als außenpolitisch relevanter Zusammenschluss die Chance haben, auf neue Weise Partnerschaft mit den USA zu entwickeln.
Das sieht auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, so. Es gehe bei dem Treffen nicht darum, die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik oder die Nato zu umgehen. Die Initiative der vier sei nur ein Anfang und werde vielmehr in einen breiten europäischen Dialog münden, an dem sich auch andere Staaten beteiligten, sagte er am Dienstag.
Deutschland und Frankreich drücken aufs Tempo, weil sie fürchten, dass sich die Kriegsallianz zwischen den USA, Großbritannien, Spanien und mittel- und osteuropäischen Staaten verfestigt und damit ihre Träume von einem europäischen Gegengewicht zu den USA zerplatzen. Die Skeptiker fürchten jedoch, dass die Initiative als eine Art antiamerikanischer Vorstoß verstanden wird und das transatlantische Bündnis weiter belastet. Um diese Bedenken auszuräumen wird in der deutschen Bundesregierung vorläufig ein Modell favorisiert, das eine Art starken europäischen militärischen Pfeiler innerhalb der Nato vorsieht.
Stärke aufbauen und nutzen
Deutschland und Frankreich wissen, Voraussetzung, um von den USA künftig ernst genommen zu werden, sind militärische Handlungsfähigkeit und eine Line in der Außenpolitik. Beim Erweiterungsgipfel von Athen waren sich alle Regierungen über die prinzipielle Notwendigkeit einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik noch einig. Solange aber den Worten von Athen keine Taten folgen, wird es den Amerikanern auch in Zukunft leicht fallen, über die Schwäche der Europäer zu lästern und hinwegzusetzen. Mit dem Satz, die Amerikaner stammten vom Mars, die Europäer von der Venus, hat Robert Kagan, Direktor im Carnegie Endowment for International Peace, den Spott der Amerikaner über die europäischen Weichlinge zum geflügelten Wort gemacht. Die Amerikaner leben in einer Welt, in der (militärische) Macht alles ist, die Europäer dagegen träumen naiv vom ewigen Frieden.
Europa muss nach Ansicht des Historikers Hans Mommsen zum neuen Hüter des Völkerrechts werden. Mommsen wirft den USA vor, diese bisherige Rolle mit dem Irak-Krieg zu Gunsten eigener Interessen aufgegeben zu haben. "Diese Entwicklung zwingt die europäischen Partner, zu einer gemeinsamen und geschlossenen Politik zu finden und sich zum Hüter der völkerrechtlichen Normen und zum Vorkämpfer internationaler Solidarität zu machen." Der internationale Kampf gegen den Terrorismus dürfe nicht "zur Aushöhlung der demokratisch-pluralistischen Wertegemeinschaft und zur Freisetzung des Krieges als gewöhnlichem Mittel der Politik führen". Die Vereinigten Staaten haben, wie Mommsen sagt, "im Grunde die moralische Autorität eingebüßt, die ihnen seit dem Atlantikpakt und der erfolgreichen Niederringung der Achsenmächte wie der Gründung der Vereinten Nationen zukam".
Moralisches Vakuum
"George Bushs hegemonialer Unilateralismus, der zum Ausscheren aus der Kriegsvermeidungsstrategie der Vereinten Nationen führte, hinterlässt ein moralisches Vakuum", lautet Mommsens Resümee.
Dieses Vakuum würden Politiker wie Kofi Annan und Joschka Fischer gerne mit europäischer Autorität füllen. Doch auf dem Basar der Interessen droht auch den Friedensfürsten von der Venus ein trojanisches Pferd. Auf den Fluren in Brüssel werden böse Gerüchte gehandelt. Frankreich und Belgien drängten deshalb auf eine schnelle europäische Eingreiftruppe, weil sie diese für "Befriedungs-Einsätze" in ihren ehemaligen Kolonien wie Kongo und der Elfenbeinküste nutzen wollen. Dort stören Bürgerkriege die Geschäfte der immer noch aktiven Firmen der ehemaligen Herrscher. So ließ sich im sauberen Gewand der europäischen Friedensfürsten genau das betreiben, was den USA unterstellt wird: Reine Interessenpolitik mit militärischen Mitteln. Venus und Mars wären dann in derselben Umlaufbahn.
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Was machen wir jetzt nur?
Deutschland wartet bei Aufhebung der Irak-Sanktionen ab
Die USA und Frankreich streiten, ob die Sanktionen gegne Irak aufgehoben werden sollen. Deutschland will abwarten, obwohl es in der Uno eine wichtige Rolle in dieser Frage einnimmt.
Die Bundesregierung hält sich in der Debatte um die Aufhebung der UN-Sanktionen gegen Irak bedeckt. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, man stehe am Anfang eines intensiven Diskussionsprozesses und sei für alle Vorschläge offen. Dazu zähle auch der französische Vorschlag, die Sanktionen vorübergehend auszusetzen. Deutschland leitet seit Anfang des Jahres den Irak-Sanktionsausschuss der Uno.
Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg sagte, die Sanktionen könnten erst nach dem formellen Ende der UN-Waffeninspektionen aufgehoben werden. Der Sicherheitsrat könne dies nach einem Bericht des Chef-Waffeninspektor Hans Blix beschließen. In dieser Frage entsprechen die deutsche Position «klar der internationalen Rechtslage».
Frankreichs Vorschlag bekannt
Von dem französischen Vorschlag sei Deutschland nicht überrascht worden. Beim EU-Gipfel in Athen und zuvor beim Gipfel in St. Petersburg sei darüber gesprochen worden, wie man am besten dazu beitragen könne, das Sanktionsregime aufzuheben. Weder in Petersburg noch in Athen sei es jedoch darum gegangen, in Details eine gemeinsame Position zu entwickeln.
Die Außenamts-Sprecherin erklärte, bei der deutschen und französischen Haltung gebe es «nichts Trennendes, was man da sehen kann». Es gebe lediglich unterschiedliche Ansätze zum Diskussionsprozess, der jetzt in New York bei der Sitzung des Sicherheitsrates weitergehe. Den Gesprächen dort woll man nicht vorgreifen. (nz)
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VIERERTREFFEN IN BRÜSSEL
Große und kleine Zwerge
Mit Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg treffen sich die schärfsten Gegner des Irak-Krieges am Dienstag zum Verteidigungsgipfel in Brüssel. Doch eines wollen die Teilnehmer dabei unbedingt vermeiden: Neuen Ärger mit Großbritannien oder den USA.
Brüssel - Belgiens Regierungschef Guy Verhofstadt ruderte heute zurück und relativierte seine Vorschläge zum Aufbau einer schlagkräftigen europäischen Verteidigung. Seine Initiative sei keineswegs gegen Amerika oder die Nato gerichtet, beteuerte der Gastgeber in mehreren Interviews. Er strebe konkrete Schritte für eine Stärkung der EU-Verteidigung an, sagte der belgische Regierungschef zwar in einem Gespräch mit der belgischen Zeitung "Le Soir". Als Beispiele nannte er jedoch lediglich die weitgehend unstrittige Schaffung einer Europäischen Rüstungsagentur und gemeinsame Truppenteile.
Den brisantesten belgischen Vorstoß erwähnte Verhofstadt nur noch sehr beiläufig: "Einige haben sogar die Idee eines europäischen Hauptquartiers", sagte der belgische Ministerpräsident. Ursprünglich war diese Idee einer der Kernvorschläge Belgiens an die anderen drei Gipfel-Länder Deutschland, Frankreich und Luxemburg.
Auch seine Forderungen nach verbindlichen Zielen zur Erhöhung der Rüstungsinvestitionen relativierte Verhofstadt. Mit einer besseren Koordination ließen sich auch mit weniger Geld bessere Resultate erzielen, sagte er. Deutschland hatte sich nach Angaben von Diplomaten gegen den auch von Frankreich unterstützten Wunsch nach Zielen für höhere Rüstungsinvestitionen gewehrt.
Verhofstadt hat mit Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frankreichs Präsident Jacques Chirac und Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker drei weitere Gegner des Irak-Kriegs nach Brüssel gebeten. Es findet jedoch ohne Mitglieder der EU-Institutionen statt. Weder die Kommission noch der außenpolitische Koordinator Javier Solana wurden nach eigenen Angaben eingeladen. Solana wäre einer Einladung aber ohnehin wegen des Widerstandes der Briten und Spanier nicht gefolgt - genauso wie der griechische Ratspräsident Kostas Simitis.
Blair: "Wir brauchen einen Machtpol"
Der britische Premierminister Tony Blair widersprach derweil in einem Interview mit der "Financial Times" der Vorstellung einer "multipolaren" Weltordnung, wie sie von Deutschland, Russland und Frankreich ins Gespräch gebracht worden sei: "Einige wollen eine so genannte multipolare Welt, in der man verschiedene Machtzentren hat, aber ich glaube, dass sich diese schnell zu rivalisierenden Machtzentren entwickeln würden. Und andere, zu denen auch ich gehöre, glauben, dass wir einen Machtpol brauchen", sagte Blair.
Verhofstadt, der sich im belgischen Wahlkampf befindet, gab sich in dieser Frage selbstbewusst: "Wir haben nichts von einer Nato mit einer einzigen Supermacht und 18 großen und kleinen Zwergen, die hinter ihr herlaufen. Wir brauchen eine Nato mit einem starken europäischen Pfeiler neben dem amerikanischen." Auch der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Chrobog, sagte, während es die Supermacht USA auf eine unilaterale Politik mit geringer internationaler Einbindung anlege, wolle und brauche Deutschland die Einbindung in internationale Strukturen. Aus diesem Unterschied müsse man das Beste machen, sagte Chrobog im DeutschlandRadio Berlin.
Eine Mitarbeit Großbritanniens auf diesem Gebiet wäre wichtig, beteuerte Verhofstadt. Gleichzeitig bestand er darauf, dass eine Gruppe von EU-Ländern bei der europäischen Verteidigungspolitik voranschreiten müsse, auch wenn noch nicht alle anderen mitmachten. Dies sei beim Euro ebenso der Fall wie beim Schengen-Abkommen über den Wegfall der Grenzkontrollen.
Der italienische Außenminister Franco Frattini warnte jedoch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" davor, den Eindruck zu vermitteln, die belgische Initiative wolle andere ausschließen und die Nato schwächen. Wenn bei dem Vierer-Gipfel der Wille zur Spaltung deutlich würde, könnten Italien, Spanien und Großbritannien vielleicht einen eigenen Gipfel organisieren.
Der französische Außenminister Dominique de Villepin versicherte bei einem Besuch in Prag, das Brüsseler Treffen diene nicht der Suche nach einem Ersatz für die Nato. Er habe dem tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus versichert, dass es um eine "Ergänzung und Stärkung des nordatlantischen Bündnisses" gehe, sagte ein tschechischer Sprecher.
Koch: Treffen ist "völlig sinnlos"
EU-Koordinator Solana verspricht sich offenbar ohnehin nichts Konkretes von dem Brüsseler Treffen. Er forderte konkrete Schritte statt weiterer Erklärungen. "Ich würde gerne sehen, dass diese Dinge Wirklichkeit werden, nicht nur Gipfel und Papiere, sondern Wirklichkeit", sagte Solana der Nachrichtenagentur Reuters. Die große Herausforderung seien die militärischen Fähigkeiten.
"Wenn dieses Treffen die EU-Staaten dazu bringt, besser in die Verteidigung zu investieren und wenn das andere dazu bringt, das Gleiche zu tun, dann wäre das eine gute Nachricht für die ganze Europäische Union", sagte er. Aber auch Solana warnte davor, Großbritannien auszuschließen. "Natürlich ist es unvorstellbar, ohne Großbritannien über die Verteidigung der EU zu sprechen", sagte er. Er erinnerte daran, dass die Initiative für eine gemeinsame EU-Außen- und Sicherheitspolitik 1998 von Briten und Franzosen bei ihrem Treffen von St. Malo ausgegangen sei.
Auch in der deutschen Innenpolitik sorgte das Brüsseler Treffen erneut für Ärger. "Für die deutsche Politik ist es falsch, und es wird Europa schaden", sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). "Wir dürfen nicht den Eindruck erwecken, dass Deutschland zu denen gehört, die spalten." Inhaltlich sei das Treffen "völlig sinnlos". Es gehe den Teilnehmern lediglich darum, ein Symbol zu setzen "gegen die Sache der Europäischen Union".
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Fuchs-Spürpanzer wurden für Irak-Krieg vorgehalten
von Hans-Jürgen Leersch
Berlin - Die Stationierung deutscher ABC-Abwehrkräfte und Fuchs-Spürpanzer im Ölscheichtum Kuwait stand offenbar doch in direktem Zusammenhang mit dem Irak-Krieg und diente somit nicht allein der Abwehr einer terroristischen Bedrohung, wie im Bundestagsmandat eigentlich beschlossen worden war. Die FDP reagierte auf entsprechende Angaben der Regierung empört und sprach von einer Täuschung des Bundestages und der Öffentlichkeit.
Auf die Frage des FDP-Wehrexperten Günther Nolting im Bundestag teilte der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Hans Georg Wagner (SPD), mit, mit dem Wegfall der vom Irak ausgegangenen Bedrohung sei "damit auch der Grund der dortigen Stationierung unserer Soldatinnen und Soldaten" entfallen. Auch auf Nachfragen von Nolting blieb Wagner bei dieser Darstellung. "Es waren terroristische Angriffe seitens des Irak zu erwarten, und nach Lage der Dinge ist diese Gefahr jetzt entfallen", sagte der Staatssekretär.
Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer forderte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) inzwischen zu einer Klarstellung auf. "Die Bundesregierung hat im Vorfeld des Irak-Krieges immer wieder behauptet, die Stationierung der ABC-Abwehrkräfte in Kuwait stünde in keinerlei Zusammenhang mit diesem Krieg, sondern sei ausschließlich als Beitrag zum internationalen Kampf gegen den Terrorismus zu verstehen", heißt es in dem der WELT vorliegenden Brief von Hoyer an Fischer.
Hoyer wies darauf hin, dass die terroristischen Bedrohungen in der Region auch nach dem Ende des Krieges weiter bestehen würden und sich auf Grund der instabilen Verhältnisse im Irak vergrößern könnten. Wenn die Regierung jetzt dennoch die Bundeswehrsoldaten aus Kuwait abziehe, "lässt das meines Erachtens nur den Schluss zu, dass die Stationierung in Kuwait von Anfang an doch im Zusammenhang mit einem möglichen Irak-Krieg verstanden werden musste", schreibt Hoyer. Dies habe die FDP immer vermutet. Er ziehe den Schluss, "dass die Bundesregierung die deutsche Öffentlichkeit und den Deutschen Bundestag in dieser entscheidenden Frage von Beginn an getäuscht hat", heißt es in dem Brief von Hoyer.
Grund für die Entsendung der deutschen ABC-Spezialisten war die Aufstellung der Combined Joint Taskforce durch die US-Streitkräfte in Kuwait. Die USA hatten die Bundesrepublik um Truppen gebeten, weil sie selbst nicht in ausreichendem Maße eigene Spezialisten haben. Hinzu kommt, dass die deutschen ABC-Kräfte den besten Ruf in der Nato haben. Nach dem Ende der Kampfhandlungen lösten die USA ihre Taskforce in Kuwait auf und wollen Teile ihrer Einheiten in den Irak verlegen.
Die letzten 60 deutschen Soldaten waren Mitte der Woche aus Kuwait nach Höxter zurückgekehrt. Grundlage ihrer Entsendung Anfang 2002 war der Beschluss des Bundestages "zur Bereitstellung geeigneter militärischer Fähigkeiten zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus" im Rahmen des Mandats "Enduring Freedom". Nach dem Abzug aus Kuwait sind Truppen im Rahmen dieses Mandats noch in Dschibuti, Kenia und Afghanistan tätig.
Die Welt 5. Jul 2003