jedoch eine köstliche Lektüre, die den ganz normalen amerikanischen Wahnsinn beschreibt.
"Fleisch oder Ethanol - das ist hier die Frage 26.06.2008 | 6:37 Uhr | Miriam Kraus (Rohstoff Daily) USA - Kampf der Livestockproduzenten gegen die Ethanolproduzenten
Mais ist teuer - um nicht zu sagen schweineteuer. Bis auf über 7,60 US-Dollar pro Scheffel stieg der Juli-Future erst vor Kurzem. Gegenwärtig notiert Juli-Mais bei 7,12 US-Dollar pro Scheffel an der CBOT.
Aber das, liebe Leser, wissen wir ja auch nicht erst seit gestern. Wir haben ja im Rohstoff-Daily den glorreichen Aufstieg der Maispreise mitverfolgt. Haben die aufgrund der massiven Regenfälle stark verzögerte Aussaat gesehen, und warten noch auf endgültige Ergebnisse dahingehend wie hoch der Schaden an der Ernte aufgrund der Flutkatastrophen in den Maisanbaugebieten der USA beziffert werden darf.
Also eines ist definitiv klar: Mais ist dieses Jahr knapp, die Lagerbestände gähnend leer. Kein Wunder, dass der Preis steigt. Doch halt, die Preise steigen nicht erst seit Beginn dieses Jahres, und steigen würden sie auch nicht, wenn es keine Abnehmer für das Getreide gäbe.
Diese Abnehmer allerdings spalten sich in zwei grundverschiedene Lager, deren Fronten sich zunehmend verhärten. Auf der einen Seite ist da die Lebens- und Futtermittelindustrie. Mais ist aufgrund seinen hohen Nährwertes das beliebteste Futtermittel für die Mast von Schlachtvieh. Egal ob Rinder, Schweine oder Hühner, alles wird mit Mais zum Schlachtgewicht aufgepäppelt. Natürlich leiden also vor allem die Mastbetriebe und Fleischverkäufer unter den steigenden Getreidepreisen. So sehr, dass mittlerweile seit September 2007 die Schweineproduzenten im Durchschnitt bis zu 30 US-Dollar Verlust pro Schwein hinnehmen mussten.
Schlimm ist das - und so machten sich die Livestockproduzenten auf um einen Verantwortlichen für diese Misere zu finden - und fanden ihn im zweiten Abnehmerlager: den Ethanolproduzenten (in den USA wird Ethanol aus Mais hergestellt).
US-Ethanol - zu Tode subventioniert?!
Natürlich weisen die Ethanolproduzenten den Vorwurf der Livestockproduzenten entschieden zurück, haben inzwischen eigene Studien in Auftrag gegeben und sagen, dass sie allenfalls für 8% des Preisanstiegs verantwortlich gemacht werden könnten.
Nun ja, ich persönlich kann allerdings den Vorwurf und die Missbilligung der Livestockproduzenten durchaus verstehen. Denn während die Fleischproduzenten den Anstieg der Getreidepreise wie die Faust im Magen spüren, kann man fast den Eindruck bekommen, dass sich die Ethanolproduzenten herzlich wenig für den Preisanstieg interessieren.
Kunststück - wo sie doch in den USA subventioniert und protgiert werden wo und wie es nur geht.:
• Steuergutschriften
Pro Gallone Ethanol bekommen die Produzenten eine Steuergutschrift in Höhe von 51 US-Cent.
• Importzölle
Dank hoher Importzölle werden die US-Ethanolproduzenten vor der bösen Konkurrenz aus dem Ausland - vornehmlich den günstigen (und im Übrigen rentabler produzierenden) Zuckerrohr (hat übrigens eine wesentlich höhere Energieeffizienz als Ethanol aus Mais) - Ethanol - Produzenten aus Brasilien geschützt.
• Garantierte Abnahme in Höhe von 9 Milliarden Gallonen
Dem RFS (Renewable Fuel Standard) gemäß wird den Ethanolproduzenten bis zum Ende des Jahres eine Abnahme von 9 Milliarden Gallonen Ethanol garantiert. Diese garantierte Menge soll sich jährlich bis zum Jahr 2022 erhöhen.
Allein aufgrund dieser Abnahmegarantie welche die US-Regierung den Ethanolern zubilligt, geht man von einer durchschnittlichen Nachfragesteigerung durch die Ethanolindustrie um 1 Milliarde Scheffel Mais auf insgesamt 4 Milliarden Scheffel in diesem Jahr aus. Etwa 25% der US-Maisernte landen also schon nicht mehr in den Mägen der US-Bürger, sondern in deren Benzintanks.
Eine Petition zur Reduzierung des Ethanolverbrauchs
Texas will eine Gesetzeslücke nutzen
Kein Wunder, dass sie sich wehren die Livestockproduzenten. Und der nationale Schweinezüchterverband (NPPC) wandte sich auch sogleich an seinen texanischen Gouverneur, mit der Bitte um Hilfe.
Tja, und Gouverneur Rick Perry brachte dann auch im April gleich eine Petition ein, die sich auf eine Gesetzeslücke im Energie Gesetz stützt. Offenbar kann die EPA (Energy Protection Agency) auf eine Petition eines US-Bundesstaates hin, die Ethanol-Abnahmegarantie teilweise oder komplett aussetzen bzw. zurückfahren. Sofern der Bundesstaat beweisen kann, dass ansonsten großer wirtschaftlicher oder umwelttechnischer Schaden entsteht.
Interessant ist, dass mittlerweile nicht nur die Fleischproduzenten, sondern auch weitere Senatoren aus 18 verschiedenen Bundesstaaten diese Petition unterstützen. Natürlich ist das ganze auch eine Wähler-Fang-Geschichte, denn auch John McCain gehört zu diesen Senatoren.
Aber lassen wir das mal, denn nachdem der Preis für einen Scheffel Mais in noch nicht einmal einem Monat um mehr als 1,50 USD nach oben gesprungen ist, wird die Wahrscheinlichkeit, dass die EPA der Petition stattgeben könnte größer. Ach s,o im Übrigen hätten die Einbringer der Petition gerne, dass die Abnahmegarantie auf 4,5 Milliarden Gallonen Ethanol reduziert wird. Die Entscheidung der EPA steht für den 22. Juli an.
Ethanolindustrie schießt zurück mit Warnung vor steigenden Spritpreisen
Ja, auch die Ethanolindustrie gibt nicht kampflos auf und warnt, sollte die EPA der Petition stattgeben, würden dadurch die Kraftstoffpreise noch weiter steigen. Die Ethanol-Lobby begründet dies damit, dass eine Reduzierung des Ethanols im Kraftstoffgemisch ja dazu führen müsse, dass stattdessen wieder der Anteil an Erdölderivaten steigt. Und Ethanol sei ja wesentlich günstiger (Kunststück - wird ja auch subventioniert).
Nun ja, im direkten Vergleich haben Sie ja Recht! Der Ethanol-Juli-Future notiert gerade bei 2,85 USD pro Gallone. Benzin zur Lieferung im Juli bei 3,48 USD pro Gallone.
Und was machen die Maisfutures? Im Moment nicht so viel, obwohl die Wetteraussichten gar nicht so sonnig sind. Abwarten heißt auch hier erst einmal die Devise, auch dahingehend ob die Regierung wohl Interventionen in den Rohstoffmärkten vornehmen wird. Interessanter dagegen erwies sich Weizen. Der Nearby-Future an der CBOT ist bis auf gegenwärtig 8,70 USD pro Scheffel geklettert, obwohl die Aussichten für die Weizenernte mehr als gut sind. Hinter dem Preisanstieg steckt auch eine ganz andere Überlegung: Weizen kann ja schließlich auch als Futtermittel genutzt werden!
So long liebe Leser. Ich hab's ja immer gesagt: man kippe einfach nicht sein Essen in den Tank, oder zumindest eben keinen Mais, ... aber ich hätte da einen Vorschlag für die US-amerikanischen Freunde: Wie wäre es mit einer schrittweisen Absenkung der Importzölle auf Ethanol? Und dann nichts wie ab mit dem Zucker in den Tank! Bis morgen."
von: http://www.rohstoff-welt.de/news/artikel.php?sid=7457#Scene_1
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