„Deutschland in Gefahr“ von Mr N. N.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Zunächst kurz zum deutschen Aktienmarkt, an dem es auch gestern wieder hochvolatil auf und ab ging. Das Tageshoch lag bei 6211, das Tagestief bei 6083 Zählern beim deutschen Leitindex. Und um 17.30 Uhr gingen Deutschlands Standardwerte bei 6161 aus dem Handel. Das waren exakt 20 Punkte mehr als am Montag.
Warten auf den Tag der Entscheidung in Athen
Und es ist kaum zu erwarten, dass es an den kommenden Handelstagen bis zur Wahl in Griechenland weniger turbulent zugehen wird. Im Gegenteil, Anspannung, Nervosität und Verunsicherung dürften im weiteren Wochenverlauf zunehmen. Für Hochspannung ist also gesorgt. Ja, der ehemalige Chefvolkswirt der EZB, Otmar Issing, konstatiert in seinem äußerst lesenswerten gestrigen Gastbeitrag in der FAZ völlig richtig, dass die Existenz der Währungsunion in Frage gestellt ist. Wenig verwunderlich dann auch, dass der IWF-Chefin Lagarde zufolge den Europäern weniger als drei Monate zur Rettung des Euro bleiben würden. Fürwahr, ein verdammt kurzer Zeithorizont!
Schonungslose Ursachenanalyse
Derweil stellt Herr Issing weiter fest, dass der Versuch, Spekulanten oder Ratingagenturen als die Schuldigen zu identifizieren, längst als Ablenkungsmanöver entlarvt wurde. Die Erkenntnis, dass die Probleme fast ausnahmslos auf eigene Fehler zurückzuführen sind, lässt sich laut Issing kaum mehr unterdrücken. Überzogene Lohnsteigerungen über viele Jahre, eine unsolide Finanzpolitik bzw. hemmungslose Kreditvergabe seitens der Banken mussten in einer Krise enden. Hinzu kommen rigide Regelungen am Arbeitsmarkt, geradezu zunftartig geschlossene Märkte und ein Versagen der Politik.
Ruf nach Eurobonds, Fiskal- und Bankunion
Für Issing eröffnet der Ruf nach Eurobonds, einer Fiskal- und Bankunion dagegen eine völlig neue Dimension. Diese Vorschläge hätten eines gemeinsam: nämlich die Übernahme der Haftung für Schulden bzw. fehlerhafte politische Entscheidungen anderer Staaten durch diejenigen Staaten, die sich an europäische Regeln gehalten und einigermaßen solide gewirtschaftet haben. Eurobonds, also Anleihen anderer Länder, für die Deutschland an erster Stelle mithaftet, ließen Deutschland rasch seinen Status als erstklassiger Schuldner verlieren.
Folge von Eurobonds für Deutschland
Als erste unausweichliche Folge von Eurobonds wird Issing zufolge ein Zinsanstieg bei deutschen Staatsanleihen sein. Später besteht die große Gefahr hoher Verluste für den deutschen Staat, wenn der Haftungsfall eintritt, der ja durch die mit der Haftungszusage verbundene laxere Politik wahrscheinlicher wird. Das wird dann zwangsläufig zu stark steigenden Steuern und Leistungskürzungen in Deutschland führen. Insofern stellt Herr Issing die Frage, wie das dem Bürger in Deutschland, der keinerlei Einfluss auf die Entscheidungen derjenigen nationalen Parlamente hat, für die er nun haften und zahlen soll, erklärt werden soll.
Ja, der ehemalige Chefvolkswirt der EZB bringt es völlig richtig auf den Punkt, dass Deutschland, das in falsch verstandener Solidarität durch die Übernahme unübersehbarer Verpflichtungen am Ende selbst in Schulden ertrinken wird, sich den Zorn seiner Bürger, die sich ohnehin schon weit von der europäischen Idee entfernt hätten, heraufbeschwören wird.
Einzig fraglich bleibt, ob sich der Zorn der Bürger auch dann im deutschen Parteiensystem mit neuen euro-kritischen" Parteien niederschlagen wird...
Quelle: Kapitalschutz Newsletter |