Südlibanesen zu Verbleib in Häusern aufgefordert (orf)
Israel droht mit baldiger Ausweitung der Libanon-Offensive.Israel will seine Bodenoffensive im Libanon in Kürze ausweiten, sollten die Bemühungen um einen Waffenstillstand keine Fortschritte machen. Wenn der diplomatische Prozess nicht zu einem erfolgreichen Abschluss komme, würden die israelischen Truppen in wenigen Tagen "die notwendigen Einsätze starten, um Kontrolle über Raketenabschussrampen an jeder Stelle zu erhalten", sagte Verteidigungsminister Amir Perez am Montag gegenüber einem Parlamentsausschuss.
Aus politischen Kreisen war zuvor bereits verlautet, die Regierung denke über eine Ausweitung der Offensive nach. Der Krieg Israels gegen die radikal-islamische Hisbollah im Libanon dauert seit fast vier Wochen an.
Nach libanesischen Angaben sind auf libanesischer Seite bisher bis zu 1.000 Menschen getötet worden, die meisten davon Zivilisten. In Israel starben mehr als 90 Menschen.
56 Verschüttete in Hula gerettet Unterdessen korrigierte der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora frühere Aussagen über die mögliche Opferzahl bei einem israelischen Luftangriff am Montagmorgen. Er gab in Beirut bekannt, dass bei dem Angriff auf Hula eine Person ums Leben kam.
"Es war angenommen worden, dass ein ganzes Gebäude mit über 40 Menschen eingestürzt ist. Gott sei Dank sind sie gerettet worden", so Siniora. Libanesischen Polizeiangaben zufolge konnten 65 Menschen lebend aus den Trümmern geborgen werden.
"Ausgangssperre" verhängt Das israelische Militär forderte unterdessen die Menschen im Südlibanon einem Militärvertreter zufolge auf, nach 22.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MESZ) das Haus nicht mehr zu verlassen.
Jeder, der sich danach noch draußen aufhalte, sei in großer Gefahr, sagte der Vertreter am Montag. "Das wird uns erlauben, jeden zu verfolgen, der möglicherweise eine Rakete abschießen will."
Ein Ende dieser "Ausgangssperre" sei nicht absehbar. Die Aufforderung betreffe Menschen südlich des Flusses Litani. Dieser liegt etwa 20 Kilometer von der Nordgrenze Israels entfernt. Der Vertreter sagte nicht, auf welchem Weg Israel den Appell verbreitet habe.
Letzte Brücke über Litani zerstört Bei weiteren Luftangriffen auf Südbeiruter Vororte, die als Hisbollah-Hochburgen gelten, sowie den Süden und den Osten des Landes kamen am Montag 19 Menschen ums Leben.
Bei den israelischen Luftangriffen wurden große Teile der Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Häfen und Flughäfen zerstört. Die Energie- und Wasserversorgung sowie das Telefonnetz wurden ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen.
Zudem wurde nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) auch die letzte Brücke über den Litani-Fluss zerstört. Geplante Hilfslieferungen nach Tyrus können nun nicht mehr durchgeführt werden, so die Hilfsorganisation.
"Prozess der erneuten Eskalation" Israels Ministerpräsident Ehud Olmert beriet politischen Kreisen zufolge über eine nochmalige Ausweitung der Offensive im Nachbarland. Verteidigungsminister Perez habe sich als Antwort auf die Hisbollah-Angriffe vom Wochenende für einen Vorstoß bis zum 20 Kilometer entfernten Litani ausgesprochen.
"Es reicht jetzt", sagte Wirtschaftsminister Schalom Simhon im israelischen Hörfunk. "Wir sollten uns klar werden, dass wir uns im Krieg befinden und einen Krieg führen. Wir müssen den Krieg wie einen Krieg führen und sicherstellen, dass die israelische Armee siegreich aus dem Libanon zurückkehrt."
"Wir befinden uns nun in einem Prozess der erneuten Eskalation", zitierte die israelische Tageszeitung "Haaretz" in ihrer Online-Ausgabe einen ranghohen General der israelischen Armee.
"Alles, was sich bewegt" Seinen Angaben zufolge plant die Luftwaffe als Reaktion auf den schweren Hisbollah-Raketenbeschuss verstärkte Angriffe auf die zivile libanesische Infrastruktur.
"Wir werden weiterhin alles angreifen, was sich innerhalb der Hisbollah bewegt - aber wir werden auch strategische zivile Infrastruktur angreifen", sagte der namentlich nicht genannte General der Zeitung. Zudem plane das Militär auch Schläge gegen "Symbole der libanesischen Regierung", heißt es in dem Bericht weiter.
Hisbollah setzt Raketenangriffe fort Die Hisbollah setzte unterdessen ihre Raketenangriffe auf Nordisrael fort. Israelische Medien berichteten, in mehreren Ortschaften entlang der Grenze seien Raketensalven eingeschlagen.
Erst am Sonntag waren bei Raketenangriffen der Hisbollah 15 Menschen in Israel getötet worden, darunter zwölf Reservisten. Es war die höchste israelische Opferzahl an einem Tag, seit der Libanon-Krieg vor fast vier Wochen begonnen hat. Insgesamt feuerte die Hisbollah bislang mehr als 2.700 Raketen auf Israel ab.
"Libanon darf nicht länger Schlachtfeld sein" Unterdessen forderte Libanons Präsident Siniora einen "schnellen und entschlossenen Waffenstillstand" sowie einen sofortigen Abzug der israelischen Truppen.
Der Libanon dürfe nicht länger ein Schlachtfeld für die Kämpfe anderer sein, sagte Siniora vor den Außenministern der Arabischen Liga.
Wann kommt die UNO-Resolution? Ein schnelles Ende der Kampfhandlungen ist indessen immer noch nicht in Sicht. Die geplante Resolution des UNO-Sicherheitsrates zur Beendigung des Libanon-Krieges kann nach Einschätzung von Diplomaten frühestens am Dienstag verabschiedet werden.
Unterschiedliche Forderungen Der Libanon, der von Russland und China unterstützt wird, verlangt eine Überarbeitung des französisch-amerikanischen Resolutionsentwurfs.
Beirut fordert, dass sich nach Ende der Feindseligkeiten kein israelischer Soldat mehr auf libanesischem Territorium befinden dürfe. Israel verlangt wiederum die Sicherstellung, dass die Hisbollah nicht weiter von Syrien und dem Iran Waffen erhalte.
|