Jammern kann man ohne tatsächlich zu leiden, leiden kann man auch ohne Grund oder es gibt immer Gründe zu leiden und zu jammern.
Heute hat fast jeder (in westlichen Gesellschaften) Internet, Strom, Wasser, wenige hungern, frieren, viele Krankheiten sind heilbar. Armut und Reichtum sind relativ. Glück noch relativer. Im Internet ist mAn eine Jammergesellschaft gewachsen, weil es auch so einfach ist. Es wird viel gejammert über Dinge, die keine direkte existentielle Bedrohung sind, diese wird aber hinter den Horizont suggeriert, dort wartet nicht weniger als die Apokalypse. So ist vielleicht oft Gejammer, nicht akzeptieren können der Umstände, der Zeit, von Wandel, des gesellschaftlichen Konsens und letztendlich der eigenen Unperfektion und Sterblichkeit usw.
Selbst wenn die Mehrheit jammert, heisst das jedoch nicht viel, da sie kaum über das gleiche jammert. Jammern ist kein politischer Akt, weil es meist nur Ausdruck ist von Ablehnung. Nicht von Willen. "Lerne zu jammern, ohne zu leiden", ist ein Spruch bei den Bauern. Vielleicht ist Jammern einfach das Gegenteil von Singen? Oder Jubeln? Doch jubeln ist auch kein politischer Akt mMn. Es gäbe sicher mindestens so viele Gründe zu jubeln jeden Tag, wie schön und gut doch die Welt ist und das Schicksal, in dieser Zeit und Region zu leben und nicht in einer anderen. Doch wäre das ja auch kein Ausdruck von Wille, sondern von Freude. "Lerne zu jubeln ohne Freude", klingt jedoch krank. Vielleicht sind wir Menschen Jammerlappen und würden auch im Paradies jammern.
Doch solange man öffentlich jammern darf über fast alles, steht es nicht so schlecht um die Meinungsfreiheit. Wenn man öffentlich jubeln müsste, hätte man was zu jammern, doch dürfte es nicht. |