Irre-irre. Hedtstücks Strafanzeige wegen illegaler Beschattung und Observierung seiner Person richtet sich gegen Unbekannt und wurde bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt gestellt. Mit ihr verschärft sich die Affäre um die mutmaßliche Überwachung Wirecard-skeptischer Investoren und kritisch berichtender Journalisten.
Sie begann mit einem Artikel der FT im Dezember. Demnach ließ ein früherer Topagent des libyschen Geheimdienstes namens Rami El Obeidi 2019 gegen Hedgefonds ermitteln, die auf einen Kursverfall bei Wirecard spekulieren. Obeidi sei selbst Aktionär von Wirecard.
Darüber hinaus sollen laut FT schon nach Erscheinen des Wirecard-kritischen „Zatarra“-Berichts 2016 mehrere Investoren und Journalisten beschattet worden sein, um die „Zatarra“-Drahtzieher herauszufinden. In einem Beschattungsplan vom März 2016, den die FT veröffentlicht hat, fällt der Name des FT-Reporters Dan McCrum. Außerdem wird Hedtstück genannt: Dieser habe „mehrfach über WC [Wirecard, Anm. d. Red.] ,negativ' berichtet.“
Der Beschattungsplan enthält zahlreiche weitere Namen von Zielpersonen sowie Vorschläge zu in Deutschland illegalen Ausspähpraktiken, darunter auch Telefonüberwachungen. Ob es nach seiner Erstellung 2016 tatsächlich zu entsprechenden Observierungen gekommen ist, ist unbekannt. Unbekannt ist auch der Verfasser des Plans sowie sein Auftraggeber.
Juristische Klärung gefordert
Für Hedtstücks Haus, den F.A.Z.-Fachverlag, geht es ums Prinzip: „Wir verwahren uns gegen die Beobachtung und Observierung von Journalisten, ebenso wie gegen die implizite Unterstellung von Insider-Praktiken durch unsere Redakteure“, erklärt Verlagsgeschäftsführer Hannes Ludwig. „Sollten Redakteure unseres Verlags ausgespäht worden sein, ist das für unser Haus selbstverständlich nicht hinnehmbar. Eine juristische Aufarbeitung und Klärung (...) ist daher in unserem Sinne, und wir unterstützen Michael Hedtstück vollumfänglich in seinem Vorgehen.“
Ob die Staatsanwaltschaft Frankfurt Ermittlungen aufnimmt, ist offen. Laut dem „Spiegel“ äußert sie sich zur Anzeige nicht. Auf Handelsblatt-Anfrage war die Staatsanwaltschaft am Freitagabend nicht mehr zu erreichen.
Ein Wirecard-Sprecher hatte im Dezember gegenüber dem Handelsblatt den Sachverhalt wie folgt erklärt: „Richtig ist, dass Wirecard im Jahr 2016 eine externe Forensik-Beratung beauftragt hat, die Drahtzieher krimineller Short-Attacken zu identifizieren. Das Mandat umfasste jedoch keine Beschattung von Personen.“
Dann sei allerdings etwas schief gegangen: „Im Folgenden hat sich das von uns beauftragte Unternehmen bedauerlicherweise verselbstständigt und von sich aus Privatermittler für eine einmalige Beschattung beauftragt, um die Urheber des sogenannten Zatarra-Berichts zu identifizieren. Nachdem Wirecard-Manager über diese Überwachung informiert worden sind, wurde sie umgehend beendet.“
Der Sprecher hatte weiter erklärt: „Wirecard hat nie Überwachungen beauftragt, auch weder vor, noch nach diesem einmaligen Vorfall. Das entspricht nicht unserer Firmenpolitik. Gleiches gilt für eigenmächtige Ermittlungen von externen Dienstleistern. Auch ist nie im Auftrag Wirecards gegen Journalisten ermittelt worden. Der von der FT veröffentlichte Beschattungsplan aus dem März 2016 ist ebenfalls nicht von uns beauftragt worden.“ Mit den Vorkommnissen des Jahres 2019 stehe Wirecard weder direkt noch indirekt in Verbindung.
Mehr: Wurden Hedgefonds überwacht? Wirecard erklärt, externe Sicherheitsberater hätten eine Beschattung eigenmächtig initiiert – der Konzern selbst habe dies nie beauftragt.
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