Um nicht nur ausschließlich die (zahlenmäßig weit überlegenen) Lobeshymnen anzuführen, möchte ich noch auf eine Studie (PDF) der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consults vom Februar 2010 hinweisen, die von boerse.ard.de wie folgt kommentiert wurde:
Es ist nicht alles Lithium, was glänzt
Lithium gilt als der Energiespeicher der Zukunft. Vor allem der erwartete Boom der Elektroautos macht den Rohstoff auch bei Anlegern heiß begehrt. Lässt sich damit wirklich Geld verdienen? Wer vor drei Jahren Aktien des chilenischen Lithiumproduzenten SQM gekauft hat, kann sich glücklich schätzen. Der Kurs des an der Wall Street gelisteten Unternehmens hat sich beinahe verdreifacht. Allerdings brauchten die Anleger in diesen drei Jahren außerordentlich starke Nerven, denn die Aktie war extremen Schwankungen ausgesetzt. Nach einem beispiellosen Anstieg Mitte 2008 auf 55 Euro folgte ein ebenso brutaler Absturz auf nur noch 16 Euro. Dabei ist SQM (Sociedad Qimica Minera de Chile) mit einem Marktanteil von 30 Prozent der weltgrößte Förderer von Lithium, das derzeit als Rohstoff der Zukunft betrachtet wird.
Tatsächlich erwarten Experten in den nächsten zehn Jahren eine exponentielle Steigerung der Nachfrage nach Lithium. Die französische Beratungsgesellschaft Meridian International Research schätzt, dass die Produktion von Lithiumkarbonat von derzeit 90.000 Tonnen im Jahr auf mehr als 300.000 Tonnen 2020 steigen dürfte. Diese Prognose basiert auf der Überzeugung, dass das Auto der Zukunft nicht mehr von Benzin angetrieben wird, sondern von Elektrobatterien – und die brauchen alle Lithium, der Grundstoff für alle aufladbaren Batterien und Akkus.
Traumhafte Renditen
Bis 2020, so das offizielle Ziel der Bundesregierung, sollen allein in Deutschland eine Million Elektrofahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein. Und Ferdinand Dudenhöffer vom Center for Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen tönt bereits, 2025 würden keine Neuwagen mehr ohne Elektromotoren verkauft. Der Essener Mischkonzern Evonik hat bereits bekanntgegeben, dass er den Ausstoß von Batteriezellen in den kommenden zwei Jahren von derzeit 300.000 auf mehrere Millionen Stück erhöhen will.
Dabei werden Computer und Telefone mit den Autoherstellern um Lithium konkurrieren. Dessen Reserven werden zwar auf gut 20 Millionen Tonnen geschätzt. Doch davon, so Meridian, sei nur die Erschließung von vier Millionen Tonnen wirtschaftlich. Kein Wunder also, dass Aktien von Minenbetreibern und Batterieherstellern heiß begehrt und teilweise entsprechend kräftig gestiegen sind. So haben die Titel des chinesischen Batterieproduzenten BYD, ausgeschrieben Build Your Dreams, sicher dazu beigetragen, einigen Anlegern ihre Träume zu erfüllen. Die Aktie schoss im vergangenen Jahr von einem Euro auf sieben Euro in die Höhe. Charlie Munger, Vize-Chef von Warren Buffetts Beteiligungsfirma Berkshire Hathaway, bezeichnete BYD sogar als "eines der interessantesten kleinen Unternehmen weltweit". Angesichts der immer größeren Nachfrage nach allem was mit dem Lithium-Metall zu tun hat, wurde an der Stuttgarter Börse im November vergangenen Jahres sogar eigens ein Index aufgelegt (S-BOX Lithium Index) der die Kursentwicklung der 25 größten, meist kanadischen und US-amerikanischen börsennotierten Lithium-Förderer abbildet. Ziel dieses Barometers ist es natürlich, entsprechende Derivate entwickeln zu können, damit auch konservativere Privatanleger von dem gegenwärtigen Hype profitieren können.
Konsolidierung erwartet
Experten mahnen jedoch zur Besonnenheit. Rückschläge und Unwägbarkeiten sorgen dafür, dass Lithium-Aktien eine Wette auf eine höchst ungewisse Zukunft bleiben. Die Unternehmensberatung Roland Berger kommt sogar zu einer noch schlechteren Prognose. Zwischen 2014 und 2017 sei mit einem gewaltigen Überangebot an Lithium-Ionen-Batterien zu rechnen, warnen die Autoren einer neuen Studie. Besonders in Japan und den USA würden die angekündigten Investitionen schon 2015 zu einem Angebot führen, das doppelt so hoch ausfallen könnte als die erwartete Nachfrage im Folgejahr.
Deshalb erwarten die Berater von Roland Berger eine gewaltige Konsolidierung. "Noch leben die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien vom Hype, doch eine massive Marktbereinigung steht bevor." Die Experten erwarten, dass nur eine Handvoll Batterie-Hersteller von derzeit rund 60 Branchenunternehmen in den nächsten fünf bis sieben Jahren überleben wird. Die kritische Größe für den Umsatz liege im Jahr 2015 bei 600 Millionen Euro.
Auch bei der Bewertung des Marktvolumens für Elektrobatterien kommen die Experten zu höchst unterschiedlichen Bewertungen. Während McKinsey das weltweite Marktvolumen in zehn Jahren auf 50 Milliarden Euro schätzt, ist der Konkurrent Boston Consultancy deutlich vorsichtiger und spricht von einem möglichen Marktvolumen von 25 Milliarden Dollar. Das zeigt eine Untersuchung der kanadischen Researchfirma TRU Group. Sie kommt im Gegensatz zu Meridian zu dem Schluss, dass es bis 2013 ein weltweites Überangebot von Lithium geben wird. 2009 sei die Lithiumnachfrage sogar zurückgegangen.
Schwierige Orientierung
Woran sollen sich die Anleger angesichts derartiger Unwägbarkeiten also orientieren? "Hände weg von Unternehmen, deren Geschäftsmodell nur auf Versprechungen basiert", empfehlen die Experten. Tatsächlich hat der Hype um Elektroautos und das dafür benötige Lithium eine Reihe von "Firmen" hervorgebracht, die noch gar kein Lithium fördern, geschweige denn Autobatterien herstellen, dabei ihre Aktie regelmäßig mit dem Versprechen auf einen baldigen Beginn der Förderung in die Höhe puschen. Solche Unternehmen sind meist im weitgehend unregulierten Freiverkehr gelistet, weisen zwar Vermögenswerte aus, haben aber keinen Umsatz. Entsprechend hoch ist das Risiko eines Investments in solche Firmen, die eigentlich nur vom Prinzip Hoffnung leben und sofort vom Markt verschwinden, wenn ihre Pläne sich nicht verwirklichen.
Interessierte Anleger sollten sich also besser an Unternehmen halten, die von dem Lithiumboom profitieren, aber nicht untergehen, wenn dieser nicht so kommt wie erhofft. Dazu gehört die bereits eingangs erwähnte Minenbetreiber SQM. Die Förderung von Lithium trägt nur acht Prozent zum Konzernumsatz bei. Wichtiger als Lithium ist für SQM das Geschäft mit Pflanzendüngern (47 Prozent) und Kaliumchlorid (20 Prozent). Lithium ist für SQM ein Nebenprodukt, das zusammen mit Düngesalzen abgebaut wird.
Auch der argentinische Minenbetreiber FMC sowie das US-Unternehmen Rockwood werden von den meisten Experten immer wieder zur Anlage empfohlen. Doch auch diese Unternehmen erweisen sich als äußerst volatil. So ist der Kurs von Rockwood im vergangenen Jahr von 25 auf fünf Euro abgestürzt, bevor er sich inzwischen wieder auf 18 Euro erholt hat. Ein Einstieg in den Lithium-Hype zum heutigen Zeitpunkt ist also auch bei diesen Unternehmen mit nicht einschätzbaren Risiken verbunden.
Quelle: http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_417066 |