Bundesliga statt Anne Will
Premiere darf die Fußball-Bundesliga weiter exklusiv übertragen, die Frage ist nur zu welchem Preis. Vermutlich bekommen die Fußballclubs weniger Geld. Im Free-TV hat das DSF vermutlich den Kürzeren gezogen: Die ARD übertrag wohl auch die Sonntagsspiele und verdrängt die Talksendung "Anne Will".
DÜSSELDORF/MÜNCHEN. Der Bezahlsender Premiere hat sich die Live-Rechte an der Fußball-Bundesliga mindestens für die nächsten drei Jahre gesichert. Das berichteten gestern Verhandlungskreise. Der krisengeschüttelte Pay-TV-Konzern wird künftig für mehr Fernsehrechte voraussichtlich weniger Geld bezahlen.
Bislang überwies Premiere pro Jahr 205 Mio. Euro an die Liga. Offiziell wollten weder die Deutsche Fußball-Liga (DFL) noch Premiere zur erst gestern Abend ausgelaufenen Auktion Stellung nehmen. Für den heutigen Freitag hat die DFL eine Mitgliederversammlung einberufen.
Insider erwarten einen Gesamtpreis für Pay-TV und frei empfangbares Fernsehen von rund 400 Mio. Euro pro Saison. Branchenkenner sind sich sicher, dass sich die 409 Mio. Euro je Spielzeit, wie bei der letzten Vergabe der Fernsehrechte vor drei Jahren, diesmal nicht wieder ganz erzielen lassen. Gleichwohl hätte sich die Finanzkrise damit bei der Verwertung der Fußballfernsehrechte weniger bemerkbar gemacht, als manche Pessimisten erwartet hatten.
Neben Premiere gehört auch die ARD zu den Gewinnern des Vergabeverfahrens. Das Erste hat sich neben der Sportschau am Samstag nun auch die Rechte für die Sonntagsspiele gesichert und sich damit gegen das private Deutsche Sportfernsehen (DSF) durchgesetzt.
Die Tochter des Medienunternehmens EM Sport räumte gestern gegenüber dem Handelsblatt ihre Niederlage indirekt bereits ein: "Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass wir zum Zug kommen", sagte Rainer Hüther, Vorstand von DSF-Eigner EM Sport. Demnach wird die ARD künftig also auch am Sonntagabend Bundesligafußball zeigen. Das bestätigten ARD-nahe Kreise und nannten auch die Sendezeit: Viertel vor zehn.
Ob die ARD dann den Fußball in den Regionalprogrammen ausstrahlt oder im Ersten die viel kritisierte Talksendung "Anne Will" auf einen anderen Sendeplatz schiebt oder sogar ganz streichen wird, ist noch offen. Die Intendanten hätten darüber noch keine Entscheidung getroffen, hieß es in Branchenkreisen.
Der voraussichtliche Zuschlag für Premiere bei der Vergabe der Live-Fernsehrechte der Fußball-Bundesliga bescherten dem krisengeschüttelten Bezahlsender gestern ein Kursfeuerwerk. Das Unterföhringer Fernsehunternehmen war der Tagesgewinner im M-Dax. Die Aktie legt am Nachmittag um mehr als 42 Prozent auf 4,70 Euro zu. Damit quittierte die Börse den bevorstehenden Etappensieg bei der Restrukturierung des angeschlagenen Senders. Eine offizielle Bestätigung für den Zuschlag gab es gestern allerdings weder von der Deutschen Fußball Liga (DFL) noch von Premiere.
Branchenkreisen zufolge, soll Premiere alle Spiele live zeigen, darunter auch das neue Spiel am Samstagabend um 18.30 Uhr. Damit ist der Wunsch des Großaktionärs News Corp. nach einer größeren Exklusivität erfüllt worden.
Der Preis für die Live-Rechte blieb gestern noch geheim, denn formal sind sie noch nicht vergeben. Nach Angaben aus Branchenkreisen soll Premiere für mehr Live-Rechte rund 200 Mio. Euro bezahlt haben. In der vergangenen Saison zahlte der Pay-TV-Sender 205 Mio. Euro in die Kasse der Profi-Klubs.
Sowohl für Premiere als auch für die DFL ist die ausgehandelte Lösung vertretbar. Für Premiere-Chef Mark Williams, einen Vertrauten des Großaktionärs Rupert Murdoch, ist damit ein wichtiges Problem auf dem Weg der Sanierung des Krisenunternehmens beseitigt. Für DFL-Chef Christian Seifert ist die weitere Partnerschaft zu einem offenbar fairen Preis eine finanziell vertretbare Lösung in Zeiten der Finanzkrise. Dem Manager war seit Wochen klar, dass die Krise auch in der Bundesliga ihre Spuren hinterlassen würde.
Die Klubs hatten ursprünglich hochgesteckte Erwartungen. Immer wieder musste die DFL in der Vergangenheit gegen maßlose Vorstellungen einzelner Vereine kämpfen. Aber auch Seifert, ein früherer Manager des Handelskonzerns Arcandor, hatte einst ehrgeizige Ziele. Er wollte die TV-Rechte ab der Saison 2009/2010 für einen Zeitraum von sechs Jahren an den Medienunternehmer Leo Kirch verkaufen - für 500 Mio. Euro pro Spielzeit.
Doch das Bundeskartellamt machte ihm einen Strich durch diese Rechnung. Das drei Mrd. Euro schwere Geschäft scheiterte aus wettbewerbsrechtlichen Gründen. Der Zeitverlust war für die DFL gefährlich. Denn Deutschland schlittert in die Rezession. Das spürt eine zyklische Branche wie die Medien besonders stark.
Die nun offenbar gefundene Lösung mit Premiere und der ARD für die Rechte im frei empfangbaren Fernsehen steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der 36 Profi-Klubs. An diesem Freitag hat die DFL zu einer Mitgliederversammlung eingeladen. Möglicherweise fordern die Vereine aber Nachverhandlungen, deshalb hat die DFL zu einer zweiten Mitgliederversammlung in der kommenden Woche eingeladen - vorsorglich. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung ist unklar, ob die DFL die Rechte für die nächsten drei oder vier Spielzeiten vergeben wird.
Im frei empfangbaren Fernsehen gibt es offenbar wenig Überraschungen. Die ARD wird weiter ihre populäre "Sportschau" am Samstagabend mit den Zusammenfassungen des Spieltags zeigen. Neu ist allerdings, dass die ARD nach Angaben aus Senderkreisen auch eine Sonntagsbegegnung ausstrahlen wird. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat damit den privaten Sportsender DSF ausgestochen, an dem Leo Kirch über den Medienkonzern EM Sport maßgeblich beteiligt ist. Ob die ARD die Sonntagspartie im ersten oder im dritten Programm ausstrahlen wird, ist noch unklar. Auch das ZDF zeigt wie bisher am Samstagabend im "Sportstudio" Zusammenfassungen.
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